Bilderbogen Altenessener Straße
Leergezogene Wohnhäuser, verfallende Bauten, zuwachsende Grundstücke
Die Altenessener Straße zieht sich mit mehr als 600 Hausnummern vom Nordviertel am Stadtzentrum über Altenessen-Süd und Nord bis zur Karnaper Grenze am Rhein-Herne Kanal. Das dann nicht alle Häuser und freien Grundstücke im Top-Zustand anzutreffen sind, ist eigentlich normal. Aktuell nehmen Negativausfälle jedoch sichtbar zu. Freuen könnten wir uns immerhin darüber, daß einige dieser Immobilientrauerfälle in kürze zwar nicht saniert, aber immerhin abgerissen werden.
Für schnelle Neubauten reicht die in Altenessen zu erwartende Rendite wohl nicht aus. Manchmal kann deshalb sich selbst aussähendes Grün über abgeräumten ehemaligen "Problemimmobilien"eine Lösung für ein schöneres Stadtviertel sein.
Verwahrloste Immobilien, die angesichts explodierender Baukosten und geringer Renditen für Sanierung oder Neubau bereits jahrelang auf die Wiederbelebung warten müssen, prägen nicht wenige Grundstücke der Altenessener Straße. Die Nicht-Bebauung des seit Jahren abgeräumten ehemaligen Tankstellengrundstücks südlich der Einmündung Schmemann/ Altenessener Strasse ist da eher verwunderlich. Noch fußläufig zum Altenessener Bahnhof gelegen, findet es trotzdem keinen Investor und verursacht Kosten fürs regelmäßige Abmähen des aufkeimenden Grüns.
Bauruine am Bahnhof Altenessen vor dem Abriß
Ein anderes Kaliber ist das seit mehr als 20 Jahren vor sich hingammlende Spekulationsobjekt am Endpunkt der Strassenbahnlinie 108. Diese Bauruine gegenüber des Altenessener Bahnhof ist ein Rohbau-Markenzeichen für Angsträume unseres Stadtteils geworden.
Bestens angebundene Wohnungen, Geschäfte und eine Radstation für den essener Norden hätte der fertige Bau ab der Jahrtausenwende beherbergen sollen. Nach der Pleite der ursprünglichen Bauträgerfirma passierte dort dann nichts mehr. Dessen finanztechnisch clevere Idee, die einzelnen Rohbauwohnung- und Gewerbeeinheiten an diverse Neueigentümer in halb Europa zu Schnäppchenpreise weiter zu verkaufen, führte dazu, dass ein sinnvolle Gesamtneunutzung der Rohbauruine unmöglich wurde.
Diesem nicht nur stadtweit diskutierten Aufregerthema soll jetzt per Zwangsabriß ein Ende bereitet werden. Dafür muß die Stadt Essen in diesem Sommer allerdings mit eigenen Mitteln in Vorleistung treten und hoffen, irgendwann einmal über die Belastung des Grundstücks diese Gelder auch zurückzuerhalten.
Zur künftigen Nutzung gibt es Vorschläge, an diesem wichtigen ÖPNV-Verknüpfungspunkt als Neubauprojekt künftig auch einen modernen Bus- Regional und S &Trambahnhof in einem Baukomplex zu integrieren. Das wäre dann ein Baustein für den Bahnhof Altenessen als "Hauptbahnhof Light", der die immer öfter benötigte Entlastung des essener Hauptbahnhofs auch verkehrstechnisch leisten kann.
Ob die Verwirklichung der schönen Pläne für einen ÖPNV des 21. Jahrhunderts in unserem Stadtteil wieder 20 Jahre dauert, steht natürlich noch in den Sternen.
Auf Abriß wartende Mehrfamilienhäuser
Einige hundert Hausnummern weiter nördlich gegenüber der neuessener Grundschule vergammeln seit Jahren vier leergezogene Mehrfamilienhäuser aus den Fünfzigern. Die Eigentümergesellschaft hatte sich wohl verkalkuliert. Gegenwärtig ist die Erwartung wohl gestorben, hier mit Neubauinvestionen ausreichende Gewinnmargen zu erreichen.
Vor dem Leerzug waren die Mietwohnungen dort sicherlich nicht schick, aber doch mit Bad und günstigen Mieten durchaus keine Problemimmobilien. Jetzt ziehen sie grau in grau mit immer mehr Speerholzverkleidungen statt Türen und Fenstern auch hier den Eindruck der Altenessener Straße in den Keller. Erwartungsvoll hofft die Umgebung darauf, dass bald wirklich Bagger kommen, um die Leerstandsruinen flachlegen. Dann kann sich für ein paar Jahre freundliches Grün ausbreiten, bis endlich doch noch neue bezahlbare Mietwohnungen gebaut werden.
Die Restaurantlöwen brüllen nicht mehr
Das Chinesische Resaturat in der früheren traditionsreichen Eckgaststätte an der neuessener Strasse steht samt der Wohnungen darüber ebenfalls seit Jahr und Tag leer. Mit dem geplanten Abriß des Hauses stribt nicht nur alteingesessene Eßkultur im Stadtteil, sondern auch achitektonisch verschwindet ein Stück Altenessener Geschichte vom Beginnn des 20. jahrhunderts. Ohne Baukostensteigerungen sollte dort bereits der Grundstein für einen geplanten mehrstöckigen Neubau für Seniorenwohnungen gelegt sein. Zumindest blättert hier nur der Putz von den Hauswänden, niemand hat bisher Scheiben eingeschlagen.
Wenige Meter weiter auf der nord-östlichen Seiten der Altenessener Straße wächst ein dichter kleiner wald neben der Baptistengemeinde und Auto Unger, wo eigentlich seit vielen Jahren hätte ein Parkplatz den Boden plattieren sollten. Manchmal sind Nicht Bauprojekte auch grüne lungen fürs Stadtviertel.
Kita- oder Schulcontainerstandort?
Ebenfalls nordöstlich unmittelbar vor der A42 Autobahnbrücke sieht es ähnlich aus:- vor mehr als zwei Jahrzehnten hattte die Stadt dort ihr Familienbildungszentrum abreißen lassen und das grundstückes der Natur überlassen. Vorschläge zum Bau einer Kita dort wurden wegen der erwartbaren Umweltbelastung für Kinder an diesem Standort bisher nicht weiterverfolgt. Jetzt steht es auf der Liste möglicher Standorte für Schulklassencontainer, die andere überfüllte Grundschulgebäude entlasten könnten.
Tankstelle Röttgersbank
Nicht zuletzt darf hier auf die ehemalige Tankstelle an der Ecke Röttgersbank zur Altenessener Straße hinwiesen werden. Wohl seit den achtziger jahren außer Betrieb und sicherlich Altlastenstandort, war sie lange Abstellbereich für wenig gesuchte Gebrauchtwagen. In dieser Funktion seit einiger Zeit aber ebenfalls nciht mehr gebraucht oder ordnungsrechtlich unhaltbar, endwickelt sich sich der Ort immer mehr zum modernen Dornröschenort, den niemand wachküssen will.
IGA und Marinapläne
Enden darf dieser Bilderbogen natürlich nicht ohne den Hinweis auf die niemals gebaute aber mit immer neuen Plänen versehene Marina zwischen Nordsternstraße und Rhein-Herne-Kanal. Bunte Bilder von Grachtenhäusern mit Hausboot vor der Tür und Kanalausflügen nach Feierabend verfolgen uns schon lange. Mittlerweile wissen die Altenessener*innen - das wird nix.
Vielleicht muß sich jemand ein Herz fassen, um aus dem urwüchsigen Industriewald eine offizielle Grünzone zu machen. Wird darauf noch länger gewartet, kommt der nach den Schildern offizielle Eigentümer "Ruhrbahn" doch noch seine früheren Pläne zurück, hier einen Betriebshof für Busse und Bahnen anzulegen.
Bei aller Liebe und Nachholbedarfen in der ÖPNV-Infrastruktur sollte an der Nordsternstraße doch besser ein naturnahen Zugang zur "Internationalen Gartenbauausstellung" entstehen, die in wenigen Jahren auf dem Gelände der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen ausgerichtet wird.
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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