Hündin Molly macht mit Kindern Ergotherapie
Interdisziplinäre Frühförderstelle des Kinderschutzbundes Essen setzt Therapiebegleithund ein
„Ich bin heute da!“ steht auf dem Schild, das an der Tür zum Therapieraum hängt. Für die Kinder, die in die Interdisziplinäre Frühförderstelle (IFF) des Kinderschutzbundes Essen kommen, ist das ein Grund zu großer Freude. Denn das Schild bedeutet, dass an diesem Tag Therapiebegleithund Molly vor Ort ist. Seit diesem Frühjahr ist der Beagle-Mischling in der IFF im Einsatz.
Molly ist der Hund von Ergotherapeutin Britta Nölle. Nach einer einjährigen Ausbildung haben beide als Team eine Prüfung abgelegt, damit Molly als Therapiebegleithund Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen darf. Zum Beispiel Emily (6), die zur Ergotherapie in die IFF kommt, bevor sie demnächst die Schule besucht.
Ziel der wöchentlichen Therapiestunden ist, dass Emily ihre Konzentration und Körperkoordination verbessert sowie ihre Selbstwirksamkeit stärkt. „Wenn ein Kind merkt, dass ein Hund macht, was es sagt, geht das Kind hier einen Meter größer raus“, erläutert Britta Nölle, wie sich die Arbeit mit dem Hund auf das Selbstbewusstsein eines Kinds auswirkt.
Zurzeit kommt Molly an zwei Vormittagen mit in die IFF und unterstützt sechs Kinder. Jeweils 45 Minuten dauert eine Ergotherapiestunde. Der knapp zweijährige Beagle-Mischling wird jedoch nicht die gesamte Zeit, sondern für einzelne Übungen eingesetzt. Die übrige Zeit verbringt Molly in ihrer Box.
Zählen als Vorschultraining
Während der heutigen Stunde versteckt Emily zunächst einige Leckerchen für Molly, die der Hund finden soll. Erst sind es vier, dann fünf. Danach machen beide ein Würfelspiel. Molly erhält jeweils so viele Leckerchen, wie Emily würfelt. Das Zählen dient als Vorschultraining für die Sechsjährige. Darüber hinaus übt sie die erlernten Befehle, um Molly per Handzeichen oder verbal dazu zu bringen, sich zu setzen oder zu legen. „Um sich gegenüber dem Hund durchzusetzen, sind klare Befehle und eine klare Körpersprache wichtig“, so Britta Nölle. „Außerdem lernen die Kinder, geduldig zu sein und Frustration auszuhalten, wenn es nicht sofort klappt.“
Kinder lernen Umgang mit Molly
Bevor die Kinder mit Molly arbeiten, entscheidet die Ergotherapeutin, für welche Kinder die Therapie mit einem Begleithund geeignet ist. Dann bereitet sie die Kinder auf Molly vor und erarbeitet mit Hilfe eines Kuscheltieres und mit Bildkarten Regeln für den Umgang mit dem Hund. Lautes Schreien und am Schwanz gezogen werden mag Molly beispielsweise nicht; über Leckerchen und Streicheleinheiten dagegen freut sie sich.
Erst nach dieser Vorbereitungsphase kommt der Beagle-Mischling zur Therapie dazu. „Die Kinder müssen zunächst Vertrauen aufbauen. Sie müssen sich sicher fühlen und die Bewegungen des Hundes einschätzen können“, erklärt Britta Nölle. Dabei bestimmen die Kinder, ob und wann Molly ihre Box verlassen darf. Genauso entscheiden sie, wie nah sie Mollys Schnauze beim Füttern kommen möchten, das heißt ob sie Molly per Hand, Löffel oder Schlauch ein Leckerchen geben.
Während der Therapiestunde mit Emily steht für Molly eine Pause an. Emily macht in der Zwischenzeit eine Übung für ihren baldigen Schulbesuch: Sie malt auf einem Arbeitsblatt eckige und geschwungene Linien mit einem Stift nach. Damit die Aufgabe, mit der die Schreibbewegung gefördert wird, noch mehr Spaß macht, ist das Blatt mit kleinen Abbildungen von Molly versehen.
Bei der nächsten Übung arbeiten Emily und Molly wieder zusammen, um Emilys Körperkoordination zu verbessern. Das Mädchen stellt sich breitbeinig hin und verlagert sein Gewicht abwechselnd von einer auf die andere Seite, um Molly zu zeigen, dass sie eine Acht um Emilys Beine laufen soll.
Zum Abschluss der Therapiestunde gibt es für den Beagle-Mischling ausgiebige Streicheleinheiten von Emily, bevor sich die Sechsjährige verabschiedet. Als die beiden auf den Flur hinaustreten, sind Stimmen von anderen Kindern zu hören, die sich über den Hund freuen.
Förderung im sozio-emotionalen Bereich
„Molly ist für viele Kinder nicht mehr wegzudenken“, erklärt Britta Nölle. „Sie ist ein Tür-Öffner.“ Manche Kinder, die in die IFF kommen, sprechen kaum und reagieren auch nicht auf Ansprache. „Auf Molly reagieren sie aber. Der Hund regt zur Kommunikation an“, freut sich die Ergotherapeutin über Therapieerfolge. Zugleich motiviert der Therapiebegleithund die Kinder, in die Therapie zu kommen und mitzuarbeiten. Vor allem für eine Förderung im sozio-emotionalen Bereich ist die tiergestützte Arbeit geeignet. Die meisten Kinder der IFF haben Schwierigkeiten mit der Selbstregulation: Dazu gehören abwarten, sitzenbleiben, nicht schreien und Regeln einhalten. Dies lernen sie durch den Kontakt mit Molly.
Mit der im Juni 2022 eröffneten Interdisziplinären Frühförderstelle hat der Kinderschutzbund Essen sein Gesundheitsangebot ausgebaut. Fachkräfte aus dem heilpädagogischen und medizinisch-therapeutischen Bereich arbeiten zusammen, um den Kindern und deren Familien die bestmögliche Förderung zu garantieren. Ziel der Förderung ist es, die Entwicklung eines Kindes anzuregen, seine eigenen Möglichkeiten wahrzunehmen und zu entwickeln.
Autor:Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Essen e.V. aus Essen-Nord |
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