Der Verein "Nordfünkchen" unterstützt Senioren
Ein Herz für Malocher

Micha Müller (links) und Erika Schmidt geben im "Tante Emma" Lebensmittel an Gerda (73) aus.  | Foto: Dabitsch
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  • Micha Müller (links) und Erika Schmidt geben im "Tante Emma" Lebensmittel an Gerda (73) aus.
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Sie sind oft einsam und zurückgezogen. Die Rede ist von Rentnern in Essen, die eigentlich auf Hilfe angewiesen, aber in den meisten Fällen viel zu stolz sind, diese einzufordern. Um sie kümmert sich der eingetragene Verein "Nordfünkchen".

"Ohne Nordfünkchen könnte ich mir einiges im Monat nicht leisten." Gerda ist 73 Jahre alt, hat immer im Essener Norden gelebt. Seit 53 Jahren verheiratet, lebt ihr Mann aufgrund multipler Erkrankungen im Pflegeheim. 707 Euro muss Gerda jeden Monat dafür bezahlen. Eine hohe Miete für ihre inzwischen zu große Wohnung kommt hinzu - und schon ist nicht mehr viel übrig zum Leben. "Et is nich einfach", sagt die rüstige Seniorin in bester Ruhrpott-Manier.

45 Malocher werden unterstützt

Sie ist eine von 45 so genannten "Malochern", die von dem noch neuen Verein Nordfünkchen unterstützt werden. Und das in vielfältiger Weise: Die ehrenamtlichen Helfer um Gründerin Micha Müller haben immer ein offenes Ohr für die Senioren, helfen im Alltag, aber auch durch Spenden. Dank des "Tante Emma"-Angebots gibt es Lebensmittel, wenn der Kühlschrank mal wieder leer ist. Einen kostenlosen Haarschnitt, eine Massage, medizinische Beratung oder Teilhabe an kulturellen Veranstaltungen gibt es obendrauf. Ein Fünkchen Hoffnung für den Essener Norden, das ist das Ziel des Vereins. Gerda ist dankbar für die Unterstützung, bringt sich ihrerseits ein, wenn sie helfen kann.
Das ist Micha Müller, der Gründerin des Vereins, wichtig: "Die Malocher sind keine Bittsteller! Wir Jüngere können sehr viel von ihnen lernen und begegnen ihnen auf Augenhöhe."

Michaela "Micha" Müller hilft im Essener Norden Senioren, die von Armut bedroht sind. | Foto: Dabitsch
  • Michaela "Micha" Müller hilft im Essener Norden Senioren, die von Armut bedroht sind.
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Erste Unterstützung gab's während Corona

Auf die Idee gekommen, älteren Mitbürgern zu helfen, kam die Krankenschwester während Corona. "Da habe ich mitbekommen, dass die Älteren im Supermarkt keine Schnitte hatten, die wurden zur Seite geschubst." Also kaufte Michaela ein und gab die Waren zum Einkaufspreis an Senioren weiter. Als dann die Energiekosten explodierten, bemerkte die Essenerin, dass dies bei vielen Senioren dramatische Folgen hatte. "Die bezahlten zwar ihre Rechnungen, dafür blieb der Kühlschrank leer!" Und so begann sie, Spenden zu sammeln. Im Erdgeschoss ihres Hauses konnte sie Räume zur Verfügung stellen, wo die Malocher regelmäßig ihre Einkaufstasche füllen können, Raum und Ansprechpartner zum Quatschen haben oder andere Angebote wie die einer Naturheilpraktikerin oder einer Frisörin kostenlos in Anspruch nehmen können.

"Sich mal was gönnen, das können nicht alle Rentner"

Denn: "In Deutschland gibt es genug zum Überleben. Aber sich mal etwas Gönnen, das können bei weitem nicht alle Rentner", weiß Micha. Und so freut es sie besonders, wenn der Verein mal eingeladen wird: So durften die Malocher richtig lecker essen in einem guten Hotel, das war für viele ein Highlight, denn mit ihren Einkommen knapp oberhalb der Armutsgrenze wäre ein solches Dinner schlicht nicht finanzierbar.

Garantierte Hilfe für mindestens ein Jahr

Micha Müller nimmt nur neue "Malocher" auf, wenn sie sicherstellen kann, dass eine Unterstützung für mindestens ein Jahr gewährleistet ist. Momentan hat sie noch Kapazitäten für circa zehn Senioren. Wenn die sich bei ihr melden, findet erstmal ein Erstgespräch statt. Darin wird die Bedürftigkeit geklärt. "Einer 54 Jahre alten Person zum Beispiel hab ich mal gesagt, dass sie noch jung genug ist zum Arbeiten", erinnert sich Micha, selbst 50 Jahre alt. Denn ihr ist extrem wichtig, dass die Hilfe bei denen ankommt, die sie auch benötigen. Aber auch Erkrankungen, Lebensgewohnheiten und mehr werden erfragt, damit die Unterstützung möglichst passgenau ausfällt.

Altersarmut gibt es in allen Stadtteilen

Hin und wieder bemerkt Micha in ihrem Job im Krankenhaus potenzielle Malocher. Und die stammen nicht nur aus dem Essener Norden. Kürzlich hat sie auf Station zwei Damen aus dem Essener Süden angesprochen - "die schämen sich noch viel mehr für ihre finanzielle Not als die Menschen hier in den ärmeren Stadtteilen", weiß Micha. 

Kontakt

Das Nordfünkchen hat jeden ersten und dritten Donnerstag von 15.30 bis 17.30 eine offene Sprechstunde für Malocher an der Thiesstraße 16 in Essen. Infos auch auf www.nordfünkchen.de.

Micha Müller (links) und Erika Schmidt geben im "Tante Emma" Lebensmittel an Gerda (73) aus.  | Foto: Dabitsch
Michaela "Micha" Müller hilft im Essener Norden Senioren, die von Armut bedroht sind. | Foto: Dabitsch
Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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