Jahrtausende alt oder noch recht neu? Archäologische Beratung im Ruhr Museum

Nicht alles, was wie von Menschen bearbeitet aussieht, ist es auch. Tom Stern und seine Kollegen vom Ruhr Museum beraten Sammler und Zufallsfinder.
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Wer die archäologische Beratung im Ruhr Museum in Anspruch nimmt, muss nichts dabei haben, das aus der Steinzeit stammen könnte. Und er muss es auch nicht selber ausgegraben haben. Den dortigen Experten sind andere Fundwege viel lieber.

Gefunden und einfach mitgenommen - wenn ein Archäologe das hört, dann „leidet er“, sagt Tom Stern. Er muss es wissen; im Ruhr Museum gehört er zu dem Expertenteam, das mehrfach im Jahr Beratung zu Fundstücken anbietet.
Allerdings haben die meisten Besucher die Stücke aus Stein, Metall, Keramik etc. eher auf dem Dachboden oder dem Trödelmarkt gefunden. Selber gekauft bzw. geerbt. Das ist besser, als ein womöglich antikes Stück vom ursprünglichen Fundort weg zu nehmen. Mal abgesehen davon, dass das oftmals verboten ist, werden Teile so „aus ihrem Kontext herausgerissen“, sagt Tom Stern. Das macht sie schwerer bestimmbar.

Fundstück aus Stein, Metall Keramik...

Den Mitarbeitern des Museums auf Schacht XII bietet sich eine große Bandbreite. Vom Sammler, der ziemlich sicher ist, dass die Ringe aus dem Rom des 2. Jahrhunderts stammen und nur die Bestätigung möchte, bis zum Hausbesitzer, der bei der Gartenarbeit auf Metallteile gestoßen ist. Die kommen vielleicht aus dem Bergbau des 19. Jahrhunderts. Vielleicht aber doch aus viel älterer Zeit?
Tom Stern, André Eibisch und Patrick Jung nehmen sich jedes von Besuchern gebrachte Teil vor und nehmen sich Zeit. Nicht immer ist leicht zu erkennen, ob es überhaupt von Menschen produziert ist oder ob die Natur raffiniert etwas vortäuscht. Gerade deshalb sind Keile so interessant bzw. Steine, die Keile sein könnten. Da stehen die Fachleute gleich zu dritt drumherum.
Vieles erkennt man besser, wendet man eine ganz alte Technik an. Formen kommen im Abdruck zum Ausdruck - wenn man die Gravur oder überhaupt die Oberfläche auf Knetmasse drückt und rollt. Dann bietet sich eine ganz neue Perspektive.
Ein Fundstück mit Hakenkreuz dagegen ist leicht zuzuordnen und also kaum mehr als 80 Jahre alt. Macht das Sinn, vergleichsweise neue Stücke überhaupt zur archäologischen Beratung zu bringen? Doch, doch, auf jeden Fall, betont Tom Stern, der da keine Grenze ziehen mag. Was vorbei ist, gehört eben schon zur Vergangenheit.
Die Besucher im Kokskohlenbunker sind Sammler, Zufallsfinder und natürlich jene, deren Interesse sich nur um eine Frage dreht: „Was ist das wert?“ Wird darauf mit einer Gegenfrage geantwortet („Was ist es Ihnen wert?“), kann das die behutsame Vorgehensweise sein, um einen eher geringen Betrag anzukündigen. Will der Finder hartnäckig Verkäufer werden („Wo kann man so etwas verkaufen?“), kriegt er auch mal den trockenen Hinweis: „Am Rhein-Ruhr-Zentrum, einmal im Monat.“

„Was ist das wert?“

Ist der Archäologe anderer Ansicht als der Besitzer, kommt das auch gern durch die sprachliche Hintertür: „Mir sieht das gänzlich unrömisch aus...“
Das ist auf Erfahrung beruhende Vorsicht, ist Höflichkeit, aber soll auch verhindern, dass Neulinge die Motivation verlieren. Zum Beispiel der sechsjährige Junge, der behutsam einen Stein aus Papier wickelt und auf den Tisch legt. Das sei wohl „keine intendierte Form“, formuliert André Eibisch. Also natürlichen Ursprungs? Nein, an und für sich schon von Menschen gemachtes Material.
Irgendwann muss es dann mal raus: Es handelt sich um ein Stück Beton.

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Nächster Beratungstermin ist der 9. Februar, um 14 Uhr im Kokskohlenbunker. Diesen erreicht man auf Schacht XII Zollverein über die Metalltreppe neben der Rolltreppe, welche ins Ruhr Museum führt. Der Zugang ist ausgeschildet. Etwas Zeit sollte auch mitgebracht werden.

Fotos: Debus-Gohl

Autor:

Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig

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