RWE fertigt Viktoria Köln mit 4:0 ab
Zwei Insolvenzen, zwei Neuanfänge unter verschiedenen Voraussetzungen: Im Stadion Essen standen sich ja – überspitzt gesagt - quasi zwei Fußballideologien gegenüber. Aus Sicht vieler Fußballpuristen siegte die „gute Seite der Macht“: Die junge No-Name-Truppe fertigte das Mäzen finanzierte Starensemble mit 4:0 ab.
Wer weiß, vielleicht wäre das Duell zwischen Rot-Weiss Essen und Viktoria Köln eines auf Augenhöhe gewesen. In der ersten Halbzeit hatte es jedenfalls danach ausgesehen. Die Gäste-Elf wähnte sogar leichte Vorteile auf ihrer Seite. Doch die Viktoria brachte es mal wieder fertig, das Spiel in Unterzahl zu beenden – zum bereits siebten Mal in dieser Rückserie! Die Nerven in Köln liegen nach dieser unrühmlichen Serie blank. „30 Sekunden bevor wir auf das Spielfeld gehen, sprechen wir das nochmal an“, schüttelte Gäste-Coach Ralf Aussem mit dem Kopf. Diesmal war es Michael Gardawski, der sich zu einem Kopfstoß hinreißen ließ. Die Konsequenz: Rot nach nur 27. Minuten.
Freie Bahn für die Rot-Weißen? So einfach wollte RWE-Trainer Waldemar Wrobel den deutlichen Erfolg nicht erklären lassen. „Diese Überzahl muss man auch erst mal ausspielen“, lobte Wrobel seine zuletzt viel gescholtenen Schützlinge. „Besonders gefallen hat mir, wie uns die Pässe in die Schnittstellen gelungen sind – das haben wir im Training so eingeübt.“ Entscheidender als der Platzverweis schien vielmehr das schnelle 2:0 direkt nach dem Wiederanpfiff gewesen zu sein. „Wir nehmen uns vor, das 0:1 bis zur 75 Minute zu halten, um dann auf eine Dreierkette umzustellen und das Risiko einzugehen“, so Aussem. Stattdessen war die Moral früh gebrochen.
Nimmt man das 2:1 aus dem Hinspiel hinzu – war es ein sechsfacher Punktgewinn über ein obsoletes Kölner Modell? Dass es nicht allein ausreicht, namhafte Altstars zu verpflichten, das räumte Aussem nach dem Schlusspfiff ein: „Wir brauchen mehr Indianer als Häuptlinge auf dem Platz.“ Und: „Wenn Spieler meinen, die Saison wäre gelaufen, dann nehme ich demnächst lieber A-Jugendspieler mit. Da habe ich überhaupt kein Problem.“
Künftig sollen bei den Rechtsrheinern mehr Spieler auflaufen, die die Regionalliga nicht als „Endstation“ wahrnehmen. Ein 180 Grad-Kehrtwende zum Jugendstil scheint bei der Viktoria aber nicht bevorzustehen. Sportchef Franz Wunderlich kündigte kurzfristig neue Transfers an, der Investitionswille des Mäzens, Franz-Josef Wernze, ist noch nicht gebrochen.
Denn: Dass finanzieller Mehraufwand – zumindest mittelfristig – zum Erfolg führen kann, das stellen die Sportfreunde aus Lotte derzeit unter Beweis. Und auch an der Hafenstraße deuteten die Protagonisten – in Person von Waldemar Wrobel und Präses Michael Welling – unlängst an, dass man potente Geldgeber nicht vom Standionvorplatz jagen wurde. Insofern kann von keinem Sieg von „Gut über Böse“ die Rede sein. Vielmehr von einer Momentaufnahme.
Fotos: Gohl
Autor:Patrick Torma aus Essen-Nord |
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