Rot-Weiss Essen professionalisiert Strukturen - Dirk Helmig hilft dabei

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Luftschlösser und Fünfjahrespläne gehören an der Hafenstraße der Vergangenheit an. Ein „loses“ Ziel verfolgen die Rot-Weißen aber dennoch: „Wir wollen langfristig die dritte Kraft im Pott sein. Dazu stehen wir“, unterstreicht Vereinsboss Dr. Michael Welling erneut. Die nächste Etappe auf diesem Weg wird mit der kommenden Saison eingeläutet: Rot-Weiss Essen professionalisiert die Strukturen – sowohl in der Nachwuchsarbeit als auch im Seniorenbereich.

Die Einrichtung eines Nachwuchsleistungszentrums hatte der Regionalligist für die Zukunft bereits angekündigt. Nun wird’s ernst: Schon seit einigen Monaten arbeitet ein Team um Jugendkoordinator Andreas Winkler an der Konzeption. Schon im Sommer 2014 soll die Seumannstraße vom Deutschen Fußballbund (DFB) als ein solches Nachwuchsleistungszentrum zertifiziert sein. Für Vereine in der ersten und zweiten Bundesliga ist eine derartige Einrichtung Pflicht, für unterklassige Klubs eine echte Herausforderung. „Die Anforderungen sind anspruchsvoll“, weiß Winkler zu berichten. Dennoch: Rot-Weiss ist kurz davor, beim DFB vorstellig zu werden.

Nein, es sei kein weißer Ritter in Form eines Investors vor den Stadiontoren aufgeschlagen, und ein „Glaspalast“, wie er auf den Vereinsarealen der großen Nachbarn prunkt, sei ebenfalls nicht zu erwarten. Ein Nachwuchsleistungszentrum, das klingt nach einem großen Projekt, fällt – gemäß rot-weißer Rahmenbedingungen – aber doch eine Nummer kleiner aus. Der Verein hat kürzlich die freigewordene Platzwartwohnung (vier Zimmer) angemietet und renoviert. Soll heißen: Wände weiß gestrichen, Teppichboden verlegt und kostengünstig eingerichtet. Sogar altes Inventar aus dem Georg-Melches-Stadion kam zum Einsatz. „Nur einen neuen Drucker haben wir eingekauft“, schmunzelt Andreas Winkler.

Was der Seumannstraße jetzt noch fehle, sei ein Technikparcours. Winkler denkt da an „einen schmalen Streifen zwischen Kunstrasen und Ascheplatz“, an „einen Platz für Fußballtennis, ein Kopfballpendel und/oder eine Prallwand“. Diesbezüglich stehe man in „guten Verhandlungen mit der Stadt“, die noch immer Eigentümerin der Bezirkssportanlage in Altenessen ist.

Auch wenn das Vorhaben in der Vorstellung recht profan anmutet, für Michael Welling ist es ein „klares Signal für die Region“. „Wir setzen weiter auf die Jugend. Das ist die Marschrichtung, die wir in den nächsten drei bis fünf Jahren konzeptionell verfolgen.“

Damit dieses Konzept tragfähig ist, muss der Verein zwei hauptamtliche Mitarbeiter mit Trainer-Lizenzen einstellen. Winkler schloss kürzlich an der Sportschule in Hennef den A-Lehrgang ab, der Ex-Profi hospitierte Anfang des Jahres sogar an der Säbener Straße bei Bayern München. Es lag nahe, dass der Jugendkoordinator die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums übernimmt. Die zweite Planstelle besetzt ein alter Bekannter. Dirk Helmig, derzeit noch in Diensten des Lokalrivalen Schwarz-Weiß, übernimmt die „Schanierfunktion zwischen Jugend- und Seniorenbereich“. Heißt konkret: Der Angreifer trainiert ab Juli die rot-weiße U23. Die Reserve, die künftig organisatorisch der Nachwuchsabteilung zugehört, kämpft momentan um den Aufstieg in die Oberliga Niederrhein. Helmig beerbt damit Holger Stemmann, dessen Ausstieg bereits am gestrigen Montag bekannt geworden war: Nach Stationen in Münster und Bremen verteilt der in Schwelm sesshafte U23-Coach seine Prioritäten neu.

„Mit Dirk Helmig haben wir jemanden gefunden, der RWE im Blut hat. Jemanden, der den Verein mitgeprägt hat“, freut sich Michael Welling. Für den 47-Jährigen Linienchef ist die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte eine Herzensangelegenheit. Vor knapp drei Wochen kündigte Helmig seine Abschied vom Uhlenkrug an, der Kontakt zu den Rot-Weißen war schnell hergestellt. „Der erste Anruf kam früh“, lässt der designierte Nachwuchscoach durchblicken.

Mit dem Einstieg von Dirk Helmig geht für Damian Jamro eine Ära von „gefühlt zehn Jahren“ zu Ende. Der Ex-RWE-Kicker war zuletzt so etwas wie „Eierlegende Wollmilchsau“ an der Hafenstraße, wie Welling witzelt. Um dann wieder den Ernst walten zu lassen: „Tatsächlich ist Damian als Teammanager der U23 einer der Väter des Erfolges.“ Ob Vincent Wagner, Kerim Avci oder Timo Brauer: „Er hat eine erfolgreiche Mannschaft, die nach der Insolvenz als Regionalliga untauglich galt, mitgeformt“, betont der Präsident anerkennend. Ab der Spielzeit 2013/14 wird Jamro als Sportlicher Leiter für die Erste fungieren.

Und auch der Cheftrainer, Waldemar Wrobel, will seinen Beitrag zur weiteren Professionalisierung leisten. Der Polizeiausbilder steht mit seinem Arbeitgeber, Land und Ministerien in Verhandlungen für eine zweijährige Beurlaubung. „Es sieht dahingehend ganz gut aus“, vermeldet Wrobel. Das Mehr an Zeit wird der Übungsleiter aber wohl weniger für das Training in Anspruch nehmen. „Wir trainieren schon jetzt mehr als so manche Erst- und Zweitliga-Mannschaft“, so der 43-Jährige. Es geht vielmehr um die Geschäfte neben dem Platz, um die Spielvor- und nachbereitung beispielsweise.

Hält nun an der Hafenstraße das Vollprofitum Einzug? Ganz so weit ist es noch nicht, die finanziellen Rahmenbedingungen bestimmen immer noch das Handeln, beteuern die Verantwortlichen. „Wir bleiben bei der Kernaussage: Wir machen keine Versprechungen“, bremst Waldemar Wrobel die Erwartungen. Eine Zielsetzung ist erst zum Auftakt der neuen Saison zu erwarten, wenn alle Transfers und Unwägbarkeiten der Regionalliga austariert sind. Und selbst dann wird an der Hafenstraße wohl kaum die Mission Aufstieg eingeläutet.

Im Vordergrund steht die Entwicklung einer konkurrenzfähigen Mannschaft. Das bedeutet auch, dass die Spieler nach und nach an professionelle (Beschäftigungs-)Verhältnisse herangeführt werden sollen. „Keiner der Jungs muss seine Ausbildung oder sein Studium abbrechen“, beruhigt Welling. Es müsse aber auch klar sein, dass der Schwerpunkt künftig auf dem rot-weißen Spielbetrieb liege.

Unter dieser Prämisse hat der Traditionsverein die ersten beiden Transfers für die kommende Saison unter Dach und Fach gebracht: Vom SC Wiedenbrück stößt Tim Hermes an die Hafenstraße, der 21-Jährige gilt als „sehr offensiv ausgerichteter“ Außenverteidiger – ein Mann für eine Position, auf der es zuletzt an Alternativen mangelte. Den Angriff verstärkt Marcel Platzek aus der Reserve der Borussia aus Mönchengladbach. Der 22-Jährige ist kein Unbekannter. Von 2007 bis 2009 war er für die RWE-Jugend am Ball.

Die Neuzugänge besiegeln das Aus für zwei Akteure, die im rot-weißen Dress nicht überzeugen konnten: Christian Telch und Marvin Ellmann dürfen sich nach neuen Arbeitgebern umsehen. Ihre Verträge werden genauso wenig verlängert wie die Papiere von Marcel Schlomm (zuletzt nur in der U23 aktiv) und Sebastian Jansen.

An Vincent Wagner (bis 2015) und „Arbeitsbiene“ Holger Lemke (ein weiteres Jahr) hält der Verein hingegen fest. Auch mit Maik Rodenberg möchte er sich einigen. Der Vertrag des Innenverteidigers hätte sich bei 25 Einsätzen (aktuell 23) automatisch verlängert – doch diese Zahl wird er nicht mehr erreichen: Im Spiel gegen die kleinen Zebras aus Duisburg (0:2) verletzte sich Rodenberg am Syndesmoseband und fällt für den Rest der Saison aus.

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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