Pokalgesetze außer Kraft - RWE gelingt die Sensation gegen Hertha nicht

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Den zweiten Berliner konnten die Rot-Weissen nicht verdrücken: Nach dem 6:5-Erfolg über Union Berlin in der Auftakttaktrunde des DFB-Pokals mussten sich die Essener der alten Dame Hertha mit 0:3 geschlagen geben. Die Mannschaft von Trainer Waldemar Wrobel konnte sich aber erhobenen Hauptes von den 14.000 Zuschauern im Georg-Melches-Stadion verabschieden. Aus Herthaner Sicht fiel der Sieg zwar standesgemäß, insgesamt aber zu deutlich aus. Nichtsdestotrotz kann der "Autokorso" (O-Ton Hertha-Trainer Markus Babbel) in der Hauptstadt endlich wieder losrollen - die Berliner überstanden nach vier Anläufen die zweite Runde.

Die Essener verstanden es, dass Publikum früh auf ihre Seite zu ziehen, indem sie von Beginn an ihre Laufbereitschaft und ihren Kampfgeist zur Schau stellten. Die Berliner mühten sich, das Spiel in die Breite zu ziehen, die Eigengewächse Patrick Ebert und Änis Ben-Hatira lauterten stets an der Seitenlinie - doch die Bergeborbecker verteidigten geschickt. Tatsächlich war es Lukas Lenz, dem die erste richtige Chance des Spiels gebührte. Ersatzkeeper Sascha Burchert war allerdings rechtzeitig zur Stelle (12.).

Gästetrainer Markus Babbel gönnte gleich mehreren Spielern aus der zweiten Reihe Spielpraxis: Thomas Kraft, Christian Lell, Andreas Ottl und Ramos nahmen auf der Bank Platz, die Verteidiger André Mijatovic und Levan Kobiashvili standen noch nicht mal im Kader. Wrobel vertraute dagegen der Elf, die zuletzt beim 0:2 gegen Lotte auflief – mit Thomas Denker und Dirk Jasmund in der Innenverteidigung. Und die Beiden machten, wie auch der Rest der Mannschaft, ihre Sache gut.

64. Minuten waren die Bergeborbecker dem Favoriten aus der Hauptstadt ebenbürtig, phasenweise stellten sie sogar die agilere Mannschaft. Allerdings fehlten ihnen die spielerischen Mittel, um den Bundesligisten ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Der brachte bis dato aber noch weniger zustande: Änis Ben Hatira, Pierra-Michael Lassoga und Roman Hubnik gefährden eher die Krablerstraße, die Retro-Anzeige oder den Stadionrohbau auf der benachbarten Baustelle als den Kasten von RWE-Schlussmann Dennis Lamczyk. Die Hafenstraße nahm die Angriffsbemühungen der Gäste belustigt zur Kenntnis: "Erste Liga – keiner weiß warum!"

Dann rauschte Lukas Lenz haarscharf an einer Flanke von Benedikt Koep vorbei, die Hauptstädter gingen zum Konter über. Jasmund kratzte den Ball vom Fuß des einschussbereiten Tunay Torun. Den folgenden Eckstoß brachte Ebert herein, der eingewechselte Ramos stand goldrichtig – der Favorit ging völlig schmucklos in Führung.

Die Essener gaben sich noch nicht geschlagen, auch wenn die Gäste nun den Ball laufen ließen. Suat Tokat prüfte nochmal Burchert (70.), Maik Franz klärte, bevor Koep und Brauer das leere Tor treffen konnten. Alle Hoffnung war dann eine Viertelstunde vor Schluss begraben. Bei der Freistoßflanke von Ronny sah Dennis Lamczyk abermals unglücklich aus, der ehemalige Rot-Weisse Lasogga ließ sich die Chance freistehend vor dem Tor nicht nehmen (74.). Der dritte Treffer durch den eingewechselten Nikita Rukavytsya (87.) wurde vom RWE-Anhang allenfalls zur Kenntnis genommen. Sie konnten am Ende stolz auf ihre Mannschaft sein, die - trotz eines Drei-Klassen-Unterschieds - 70 Minuten lang an ihre Chance glaubte. Fotos: Michael Gohl

Die Stimmen zum Spiel:

Sebastian Neumann (Hertha BSC):

"In der ersten Hälfte haben wir nach vorne nicht viel gemacht, am Ende haben wir aber verdient gewonnen. Es war ein schwieriges Spiel vor diesem Publikum. Die Essener waren nickelig und stets präsent in den Zweikämpfen."

Lukas Lenz:
"Wir haben uns 60. Minuten sehr gut gehalten. Ärgerlich, dass wir das 0:1 wieder durch eine Standardsituation kassieren. Nach dem 0:2 war die Messe dann gelesen. Schade, mit diesen Zuschauern im Rücken ist an der Hafenstraße vieles möglich."

Timo Brauer:
"Die 14.000 Zuschauer können diese Niederlage richtig einschätzen, sie ist zu hoch ausgefallen. Wir haben uns nicht nur hinten reingestellt – wir wollten das Spiel genießen und Gas geben, es hat nicht gereicht. Das Spiel spiegelt die Saison wider, wir spielen gut und verlieren. Nun wünsche ich Hertha viel Glück, dass sie es ins Finale schaffen."

Dennis Lamczyk:
"Die Enttäuschung ist groß, wir haben gehofft, zu gewinnen – auch wenn die Chance nicht groß war. Man hat gesehen, was wir für eine Qualität haben, die müssen wir jetzt auch in der Liga abrufen. Riesenkompliment an die Fans, die Atmosphäre war atemberaubend."

Sascha Burchert:
"Der Sieg war verdient und zu keiner Zeit gefährdet. Da war zumindest keine Hundertprozentige der Essener dabei."

Trainer Markus Babbel:
"Es war das erwartet schwere Spiel, uns war von vorneherein bewusst, dass wir auf eine Mannschaft treffen, die über ihr Publikum kommen und fighten kann. RWE stand defensiv gut, wir konnten keinen Druck aufbauen. Erst mit der Einwechselung von Ramos konnten wir dann diesen Druck erzeugen, kommen über einen Standard zum 1:0. Danach haben wir es gut verstanden, Ball und Gegner laufen zu lassen. Der Sieg war am Ende verdient."

Trainer Waldemar Wrobel:
"Ich hätte den Jungs die Sensation gegönnt, aber über 90 Minuten gesehen geht der Sieg der Berliner in Ordnung. Wir haben uns sehr gut präsentiert, waren 70. Minuten ebenbürtig und sind an unserer Grenzen gegangen. Nur: Was mich ärgert, ist, dass wir Tor eins und zwei nicht aus dem Spiel heraus, sondern wieder über Standards bekommen. Ramos hat zweifellos eine gewisse Qualität, aber Standards sind eigentlich einfacher zu verteidigen. Aber ich mache den Jungs keine Vorwürfe, es war ein gutes Spiel. Jetzt müssen wir morgen schauen, wie der Akku aussieht – damit wir wieder mit 100 Prozent in Trier auflaufen können."

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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