Am Ball vorbei #5: Tore-Klau unter dem Euro-Rettungsschirm

Da haben wir den griechischen Bauernsalat. Viertelfinale am Freitag gegen die Hellenen. Eine Paarung, die in der Vergangenheit höchstens für müdes Achselzucken gesorgt hätte, ist plötzlich ein Brisanzspiel geworden. Ein Spiel, das – wenn man den medialen Störgeräuschen Beachtung schenkt - das Zeug zu einem modernen Klassiker hat. Denn mal ehrlich: Nach der von Kohl und Mitterand vorangetriebenen Aussöhnung hat sich die oft herbeizitiere Rivalität zwischen Deutschland und Frankreich in Luft aufgelöst, und seit die deutsche Nationalmannschaft einen pflegten Schuh spielt, ist das Säbelrasseln aus England und den Niederlanden auch nur noch halb so wild.

Für markige Worte ist Jogis Elf ohnehin nicht zu haben. Sie will nur spielen. Das von dem Portugiesen Fernando Manuel Costa Santos trainierte Team würde es wohl ähnlich sehen – wäre da nicht die Finanzkrise. Dabei war das Verhältnis zwischen beiden Ländern lange ein freundschaftliches. „50 Jahre Griechen in Deutschland – eine Erfolgsgeschichte“ jubilierte das Goethe-Institut noch vor zwei Jahren. Und nicht zu vergessen: Der Rehhagel durfte doch seinen fußballerischen Lebensabend an der Ägäis verbringen und dem Mittelmeeranrainerstaat 2004 den größten sportlichen Erfolg seit den Sommerspielen in Athen 1896 bescheren. Gemeinsam naschte man Nektar und Ambrosia. Erinnerungen an glückliche Zeiten, sie verblassen. Aber es ist wie so oft, wenn gute Freunde auseinander gehen: Schuld ist das liebe Geld.

Die Griechen wittern eine internationale Verschwörung. Dabei ist ihr Land so eben noch unter den Euro-Rettungsschirm der UEFA geschlüpft. Direkter Vergleich statt Torverhältnis, wo gibt es denn sowas noch? Da wird 4:1 der Russen über die Tschechen plötzlich null und nichtig, Siege in der Gruppe C über die tapferen Iren, ob nun 4:0, 3:1 oder 17:2, zählen nicht mehr. Dann kann man die Gruppen gleich im Dreierpack schnüren und im Schnick-Schnack-Schnuck austragen. Und ja: Kroatien zog gegenüber Italien und Spanien punktetechnisch den Kürzeren. Würde die alte Diva UEFA jedoch nicht auf ihre überlegene Andersartigkeit bestehen, hätten die Kroaten keine Notwendigkeit gesehen, ihre Defensive aufzugeben. Ein Remis hätte genügt. Wenn selbst altgediente Kommentatoren-Hasen wie Béla Réthy verschämt verstummen, angesichts des Erklärungsnotstandes, den dieser Modus mutwillig verursacht, dann ist alles verloren. Reinhold Beckmann umschiffte diese Verlegenheit am dritten Spieltag der Gruppe D galant: „Es gibt eine Konstellation, in der England und Ukraine weiterkommen könnten. Aber das erklären wir Ihnen, wenn es soweit ist!“ Puh, nochmal Schwein gehabt…

Aber was will man machen? Knauser-Platini lässt sich ja auch nicht in Sachen Torkamera in die Tasche packen. Zwei zusätzliche Offizielle an der Torlinie, die werden ja von der Berufsgenossenschaft übernommen. Nur zweimal waren sie gefragt, zweimal schauten sie weg. Die Tatbestände: Mangelnde Zivilcourage im Spiel zwischen Spanien und Kroatien (als Ramos Mandzukic ungeschoren niederstreckte) und Tore-Klau in Donezk (im Spiel England gegen Ukraine). Für manche sind Fehlentscheidungen im Fußball das Salz in der Suppe. Für die Leidtragenden sind sie nur eines: Beschiss.

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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