Unabhängige Beratung für Erwerbslose weiter gefragt

Der Vorstellung der Jahresbilanz 2011 erfolgte im Berufsförderungszentrum (Bfz). Foto: Archiv
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Sie waren beinahe eingemottet, die neutralen Beratungsstellen für Erwerbslose. Dank Hartz-IV-Regelungen und der Fallmanager in ARGEn und den Jobcentern würden diese sich als überflüssig erweisen, glaubte der Gesetzgeber damals. 2008 stellte das Land NRW die finanzielle Förderung ein. Doch der Beratungsbedarf ist weiterhin hoch: 2011 suchten 2.700 Menschen in den Essener Zweigstellen Rat.

Sozialdezernent Peter Renzel glaubt zu wissen, warum die Beratungsstellen nach wie vor Zulauf finden: „Die Beziehung zwischen dem Jobcenter als Leistungsbehörde und den Kunden ist nicht immer leicht. Manchmal bedarf es eines Bindegliedes; einer neutraleren Informationsplattform.“ Und Peter Reller von der Neuen Arbeit der Diakonie ergänzt: „Langzeitarbeitslose müssen nicht mehr in Erfahrung bringen, wie sie welche Leistungen beziehen. Hier ist psychosoziale Arbeit gefragt.“ Zur Verdeutlichung: Die Ratsuchenden, die bei dem „flexiblen Dienstleister für Arbeitslose“, der Arbeit und Bildung Essen (ABEG),vorstellig werden, sind im Schnitt sieben Jahre ohne Erwerb.

Viele der Menschen, bei denen die Arbeitslosigkeit zum Dauerzustand geworden ist, stammen aus dem „gewerblich-technischen Bereich“, waren beispielsweise als Bauarbeiter, Landschaftsgärtner, Maler oder Schlosser tätig, wie Doris Walencki berichtet: „Diese Menschen können sie nicht ohne weiteres in den Dienstleistungssektor eingliedern. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Arbeitslose, die jahrelang körperlich gearbeitet haben, mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben.“ Auch deshalb wird Peter Renzel - anlässlich der Präsentation der Jahresbilanz der unabhängigen Beratung in der MEO-Region (Mülheim, Essen und Oberhausen) - nicht müde zu betonen: „In den Beratungsstellen wird wertvolle Beziehungsarbeit verrichet.“

Den meisten Anlauf vermeldet die Neue Arbeit der Diakonie, die in Essen vier Büros unterhält. Die Zweigstellen in Altendorf, Katernberg, in der Stadtmitte und im Ostviertel registrierten 2.133 Besucher und eine schier unüberblickbare Fülle an Fragen. „Da ist die ganze Palette dabei“, weiß Olga Wenzel aus der Altendorfer Filiale.

Wie schreibe ich eine Bewerbung? Welche Chancen gibt es zur beruflichen Neuorientierung? Oder, viel grundlegender: Wie sichere ich meine Existenz? „Wir haben es vermehrt mit so genannten ‚Aufstockern‘ zu tun - die sind so beschäftigt, dass es nicht zum Leben reicht“, ergänzt Peter Reller, der in der Königgrätzstraße im Ostviertel sitzt. Einige seiner „Klienten“ kennt er seit Jahren, selbst wenn die Rückkehr ins Berufsleben bereits erfolgt ist, kommt es manchmal zum Wiedersehen. „Die Integration in den ersten Arbeitsmarkt darf nicht das Ende sein. Wer sieben, acht Jahre arbeitslos war, der hat vergessen wie es ist, in einem geregelten Berufleben zu stecken. Hier geht es um eine Stabilisierung“, so Reller weiter.

Berufliche Stabilität und Stärkung des Selbstwertgefühls - dies wünschen sich auch die Besucherinnen der Spinnen e.V., der Fachstelle für Frauen und Beruf mit Sitz in Altenessen. Ob es nun die Akademikerin ist, die sich neue Perspektiven erhofft, oder die alleinerziehende Mutter, die Kind und Job miteinander vereinen muss - eines ist ihnen gemein: „Die Frauen, die zu uns kommen, sind motiviert. Es herrscht aber eine gewisse Grundunsicherheit vor“, berichtet Simone Kaczinski. Diese Verunsicherung gilt es in „vertrauensvollen“ Gesprächen zu zerstreuen. Weshalb nicht nur Vermittlungszahlen und Eingliederungsquoten als Gradmesser für den Erfolg der Erwerbslosenberatung heranzogen werden können: „Wenn die Mutter wieder sorgenfrei mit den Kindern spazieren gehen kann, ist das auch schon ein Erfolg“, findet Olga Wenzel.

Hintergrund und Adressen

2011 wurde die Landesförderung der unabhängigen Beratungsstellen wieder aufgenommen, diese soll bis mindestens 2013 fortgeführt werden. „Es gibt entsprechende Zusagen“, weiß Carsten Kupzick von der NRW Regionalagentur MEO. Das war allerdings vor der Ansetzung neuer Landtagswahlen.

Arbeit & Bildung Essen Gmbh:

Zipfelweg 15 (Bergeborbeck). Telefon: 8872261.

Neue Arbeit der Diakonie:

Altendorf: Ohmstraße 4, Telefon: 185356-21.
Katernberg: Katernberger Straße 138-144, Telefon: 64398-13
Mitte: III. Hagen 39 (Haus der Ev. Kirche), Telefon: 52376-140.
Ost: Königgrätzstraße 12, Telefon: 2803825.

Die Spinnen:

Bäuminghausstraße 46 (Altenessen), Telefon: 31107-1.

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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