Neustart in Schonnebeck - Wohnungsunternehmen stellt Pläne für Garnbleiche vor
„Wir haben es überstanden!“, freut sich nicht nur Ratsherr Siegfried Brandenburg. Jahrelang war der Schonnebecker Ortseingang an der Stadtteilgrenze zu Gelsenkirchen-Rotthausen wenig vorzeigbar. Unberührt rotteten die Ruinen des ehemaligen Asylbewerberwohnheimes vor sich hin. Seit einigen Tagen jedoch sind die Klotzbauten Geschichte. Die Eckehard Adams GmbH ebnete den Boden für einen Neuanfang.
Auf einer von der örtlichen CDU organisierten Bürgerveranstaltung nutzte der Wohnungsbauer die Gelegenheit, um das Bauvorhaben en détail vorzustellen. Und gleichzeitig für eine Investition in Steine zu werben. Für interessierte Käufer gab es bereits mögliche Finanzierungspläne an die Hand. „Das nötige Kleingeld habt Ihr ja im Keller“, kommentierte Moderator Brandenburg mit einem Augenzwinkern.
Worum geht’s? In den kommenden Wochen werden die Abbruchtrümmer abtransportiert, ab August lässt die Firma Eckehard Adams auf dem Areal zwischen Garnbleiche und Landschede 52 Einfamilien-Doppelhaushälften sowie ein freistehendes Haus errichten. So sieht es zumindest der Plan vor. „Wir sind aber flexibel“, betont Geschäftsführer Eckehard Adams. Man sei – gemäß Bebauungsplan – durchaus in der Lage, weitere freistehende Immobilien anzubieten. Vorausgesetzt, der Interessent verfügt über die notwendige Finanzkraft.
Keine Frage, Eckehard Adams bedient ein gehobenes Segment. Je nach Wohnfläche, Grundstücksgröße und Ausstattung ruft das Unternehmen Preise in Höhe von rund 240.000 bis 360.000 Euro auf. Berücksichtigt seien hierbei die Kosten für die Baureifmachung. „Der Ankaufpreis war okay. Wir mussten aber 800.000 Euro für Abbruch und Erschließung aufwenden“, erklärt Eckehard Adams. Die vollständige Investitionssumme blieb an diesem Abend im Freizeitheim im Dunkeln. Nach Nord Anzeiger-Informationen betrug der Ankaufspreis für den Wohnungsbauer 2.397.000 Euro, nach einem pauschalen Abzug von 200.000 Euro für die Abrissarbeiten seitens der Stadt.
Unternehmen investiert in die Infrastraktur
Wie sich die von Adams aufgerufenen 800.000 Euro zusammensetzen, bleibt offen. Fakt ist aber: Das Unternehmen investiert ins Umfeld. Die Erschließung beinhaltet nicht nur den Bau einer neuen Straße auf dem Gelände selbst, sondern die Sanierung der Garnbleiche und die Anpassung der Landschede. Allein die Verlegung der dort befindlichen Bushaltestelle schlage mit 80.000 Euro zu Buche, so Adams.
Gleichwohl: Die Verhandlungen im Hintergrund allein machen die Verkaufspreise nicht aus. Der Anbieter verweist beispielsweise auf die attraktive Südlage der Wohneinheiten, die in beinahe identischer Ausführung kürzlich auch im Essener Süden in Heisingen errichtet wurden. Zudem erfolgt der Bau nach den einschlägigen DIN-Vorschriften nach dem Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz sowie der Energie-Einspar-Verordnung 2009. Der Käufer erwirbt ein KfW-Effizienzhaus 70, unter anderem ausgestattet mit einer Erdwärmepumpe. „Damit machen Sie sich unabhängig von steigenden Energiekosten“, wirbt Eckehard Adams.
Dass gehobenes Eigentum im Essener Norden nicht deplatziert ist, dies beweist die Nachfrage. Der erste Notartermin mit künftigen Bewohnern ist absolviert, zehn weitere stünden in den nächsten Tagen bevor. Im Sommer kommenden Jahres sollen die ersten Umzugswagen vorfahren.
Kommentar/Erinnerungen zur Garnbleiche:
"„Der Standort ist nicht ganz einfach“, gibt Unternehmer Eckehard Adams zu. Mit ein Grund, weshalb der Wohnungsbauer in seiner Werbebroschüre etwas dick aufträgt? Sicher: Schonnebeck ist ein grüner und ruhiger Randstadtteil. Doch PR-Sprech wie „längst vergessene Perle“ und „grüne Oase“ lässt selbst den einen oder anderen eingefleischten Schonnebecker losprusten.
In der Tat ist der Verdrängungsprozess in vollem Gange: Zur Bürgerversammlung im Freizeitheim dachten Bezirksvertreter von CDU und SPD laut über eine Straßenumbenennung nach.
Von der skeptisch beäugten, teilsweise ungewollten Asylbewerberunterkunft zur Vorzeigesiedlung war es ein langer Weg. Der Autor dieser Zeilen ist in direkter Nachbarschaft aufgewachsen. Die vielen Polizei- und Feuerwehreinsätze auf der gegenüberliegenden Straßenseite bannten mich für Stunden ans Fenster. Ich fühlte mich sogar ein kleines wenig enttäuscht, wenn ein Sonntag mal ohne „Spektakel“ vorüberging.
Ein Spaziergang über das Gelände gehörte zu den größten Mutproben im Freundeskreis. Später war alles halb so wild, man näherte sich an: In guten Zeiten bespielten wir mit den Nachbarskindern von der Garnbleiche den Bolzplatz am Lindemanns Kreuz, in schlechten bewarfen wir uns mit Steinen. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Und dabei war kein Pack besser als das andere...
Die Bewohner kamen und gingen, irgendwann blieben die Fenster vernagelt. Der Ärger in Schonnebeck hielt an, fast fünfzehn Jahre lang. Erst, weil Anwohner und Politik eine „Wiedereröffnung“ fürchteten. Später, weil die Ruinen Unterhalt kosteten.
„Für die Entwicklung an der Garnbleiche erwies sich der Sparhaushalt der Stadt als Gunst der Stunde“, ist Ratsherr Siegfried Brandenburg überzeugt. Verramschen wollte die Stadt das „Filetstück“ aber auch nicht. Eine europäische Ausschreibung musste es schließlich doch nicht sein. Bis drei konkrete Angebote eintrudelten, dauert es fast eine ganze Legislaturperiode. Manch eine Erinnerung wird wohl schneller ver(garn)bleichen... "
Autor:Patrick Torma aus Essen-Nord |
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