Hirsch wieder im Gehege - und alles in Butter?
In Schonnebeck machte ein Damhirsch von sich reden. Das Tier, das aus dem örtlichen Wildgehege ausgebrochen war, hielt sich über eine Woche lang im Bereich Matthias-Erzberger-/Friedhofstraße auf, erschreckte Spaziergänger und zwang Hundebesitzer dazu, die Leine fester zu packen.
Von Beginn an betonte eine Verantwortliche des Wildgeheges, man versuche das Tier mit Anfüttern anzulocken. Und offensichtlich wollte der Damhirsch gar nicht in die große weite Welt, blieb er doch die ganze Zeit über in der Nähe des Geheges.
Am Freitag dann die Entwarnung: Der Hirsch sei wieder eingefangen. Mitarbeiter des Wildgeheges hatten den Zaun niedergedrückt, um ihm die Rückkehr zu erleichtern, aber gleichzeitig auf der Lauer gelegen. Damit nicht etwa andere Tiere ausbüchsten über eben den niedergedrückten Zaun hinweg.
Während seiner Episode in Freiheit sorgte das Tier im Stadtteil für engagierte Diskussionen - und für Vorwürfe. Im Schreiben einer NORD ANZEIGER-Leserin heißt es: „Meiner Mutter und mir ist es gelungen, den Hirsch auf dem an das Wildgehege grenzenden Friedhof einzusperren. Die sofort verständigten Betreiber des Wildgehes wollten dort angeblich den Zaun öffnen, damit der Hirsch in sein Gehege kann. Aber nichts passierte.“ Andere aus dem Verein hätten geäußert, das Tier sei jetzt zum Abschuss frei gegeben.
Zum Abschuss frei gegeben war der Hirsch in der Tat, aber aus anderen Gründen. Wie ein Sprecher von Grün und Gruga dem NORD ANZEIGER erklärt, handelt es sich um ein Tier aus Privatbesitz, das sich während seiner Flucht in einem Jagdbezirk aufhielt, der von einem Pächter kontrolliert wird. Dieser hätte das Tier schießen dürfen. Grün und Gruga werde nur involviert, wenn die Verkehrssicherheit etwa an Autostraßen gefährdet sei.
À propos Gefahr. Ging eine solche von dem Hirsch aus, auch wenn er nur noch über eine Geweihhälfte verfügte und inzwischen sogar über keine mehr? Das mochte man bei Grün und Gruga nicht ausschließen, und auch in Schonnebeck selbst hofften Bürger, das Tier möge bald entweder zurück im Gehege sein oder aber vom Jäger erwischt werden.
Zweierlei jedenfalls zeigt dieser Fall deutlich. Im Stadtteil gibt es viele Tierfreunde, aber auch viel Kritik am Wildgehege. Die von mehreren Beteiligten geschilderte Schwierigkeit etwa, Verantwortliche zu kontaktieren, gehört dazu, wie auch anhaltende Beschwerden von Besuchern, sie hätten vor verschlossenen Türen gestanden ohne nähere Hinweise auf Öffnungszeiten.
Zum anderen ist ein Wildtier in Privatbesitz, wenn es aus diesem ausgebrochen ist, offenbar in einer Art Niemandsland - jedenfalls so lange es nicht wirkliche Gefahren auslöst oder Schaden anrichtet. Zweimal, so Anwohner, habe man die Polizei verständigt. Einsätze wurden aber, wie ein Polizeisprecher erklärt, nicht gefahren. Die Feuerwehr, sonst in solchen Fällen oft involviert, war es diesmal nicht.
Und der Jagdpächter, wäre er dem Damhirsch begegnet, hätte vermutlich nicht, wie eine Leserin es sich wünschte, zum Betäubungsgewehr gegriffen.
Vielleicht wäre es gut, dem Hirsch und seinen Mitbewohnern mehr Aufmerksamkeit zu schenken - jetzt, wo er wieder auf der anderen Seite des Zaunes ist.
Autor:Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.