Bezirk VII: Ergebnisse Bürgerforum "Wo wollen wir wohnen?"
Yilmaz Günes (Grüne): Wertvolle Äcker für landwirtschaftliche Nutzung erhalten!

Wichtige Grünfläche in Freisenbruch  im Bezirk VII , der Reibenkamp/Sachsenring - Foto: Ulrike Eigner | Foto: Ulrike Eigner
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  • Wichtige Grünfläche in Freisenbruch im Bezirk VII , der Reibenkamp/Sachsenring - Foto: Ulrike Eigner
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Die Bezirksvertretung VII befasst sich in ihrer Sitzung am 11.6. mit den Ergebnissen des Bürgerforums zur Gewinnung neuer Wohnbauflächen. Die nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern haben einer Ackerfläche im Bereich Reibenkamp/Sachsenring und einer Fläche im Bereich der ehemaligen Fettschmelze Velten bescheinigt, dass sie „gut für eine Wohnbebauung geeignet“ seien. Dazu erklärt Yilmaz Günes (Grüne), stellvertretender Bezirksbürgermeister der BV VII:
„Die fünf Hektar große Fläche am Reibenkamp in Freisenbruch ist wegen fruchtbarer Böden für die Landwirtschaft und als Bestandteil eines regionalen Grünzugs zu erhalten. Auch für den Naturschutz ist die Fläche bedeutsam. Laut Biologischer Station westliches Ruhrgebiet ist sie Lebensraum und Nahrungshabitat gefährdeter Brutvögel wie zum Beispiel Feldsperling, Goldammer und Rauchschwalbe.

Abgelehnte Fläche bereits im Jahr 2008

Wir kritisieren, dass die Stadtverwaltung die Bebauung diese Fläche erneut ins Gespräch gebracht hat. Denn die Bezirks- und die Ratspolitik hat die Zerstörung dieser Ackerflächen bereits im Jahr 2008 im Zuge der Aufstellung des Regionalen Flächennutzungsplans und zuletzt im Jahr 2016als möglichen Asylunterbringungsstandort abgelehnt.
Bei der Fläche Alleestraße 22 (ehem. Fett Velten) in Freisenbruch können wir uns lediglich eine Bebauung der bereits versiegelten Flächen vorstellen. Die bewaldeten Teilflächen sind hingegen als Wald zu erhalten. Eine Bebauung der Grünflächen steht im Widerspruch zu der laut Landschaftsplan geplanten Erweiterung des Grünzugs „Bergmannsbusch".
Wir Grüne haben generell erhebliche Bedenken an dem methodischen Vorgehen beim Bürgerforum "Wo wollen wir wohnen?", bei dem letztlich 3 bis 5 ortsunkundige Personen innerhalb von 45 Minuten über eine Fläche ohne Rückkopplung mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums und ohne Kenntnis anderer Flächen geurteilt haben. Wirkliche Bürgerbeteiligung sieht für uns anders aus und bezieht die Ortskenntnisse der Betroffenen ein.“

Der gemeinsam Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen sowie des Einzelvertreters der Linken in der Bezirksvertretung VII trägt folgenden Wortlaut:

TOP 3 Bürgerforum "Wo wollen wir wohnen?" am 17.11.2018 - Prozess- und Ergebnisdokumentation sowie weiteres Vorgehen

Sehr geehrter Herr Hampel,
Es bestehen erhebliche Zweifel an dem methodischen Vorgehen bei dem Bürgerforum „Wo wollen wir wohnen?“ am 17.11.2018. Auch wurden dort Behinderte nicht prozentual berücksichtigt. Eine nach dem Zufallsprinzip für das Bürgerforum ausgewählte Essener Bürgerin hat sich nach Teilnahme an dem Forum mit folgender Analyse des Verfahrens an die Öffentlichkeit gewandt:
„In den Kleingruppen wurde innerhalb von 45 Minuten je eine einzelne potenzielle Bebauungsfläche auf Ihre Eignung für ein bestimmtes Bauvorhaben hin bewertet und in einer Skala von 1-5 eingeordnet. Die Arbeitshilfe, die wir dazu bekommen haben, bestand in einer Voreinschätzung der Fläche nach bestimmten Kriterien und einem Kartenausschnitt sowie einer Aufsicht auf das Areal und seine unmittelbare Umgebung. Informationen zu anderen Bauvorhaben lagen nicht vor. In dieser Phase waren zwar Fachleute aus den zuständigen Fachbereichen für Fragen ansprechbar, die Umstände allerdings erzeugten einen starken Zeitdruck und ließen kaum genügend Ruhe, um selbst in der Kleingruppe eine gemeinsame Einschätzung angemessen herzuleiten. Tatsächlich aber wurden nur Einzeleinschätzungen gesammelt, die von 3-5 Personen ohne Kenntnis anderer Flächen vorgenommen worden sind.
Zu keinem Moment des Arbeitsprozesses gab es für die Kleingruppen die Aufgabe oder die Gelegenheit, diese Einzeleinschätzungen untereinander abzustimmen, in eine Rangfolge zu bringen oder aber eine bestimmte geografische Lage zu empfehlen. Führt man sich das vor Augen, fällt auf, wie dünn die Datenbasis ist. Zu dünn für die Behauptung einer gemeinsamen Entscheidung – und ebenso dürftig als Argumentationshilfe gegenüber betroffenen Bürger/innen.
Ich jedenfalls könnte mich mit einem ungeliebten Bauvorhaben nicht leichter anfreunden, nur weil ich weiß, dass 5 mehr oder weniger sachkundige Personen aus einem völlig anderen Stadtteil auch finden, dass hier ruhig gebaut werden sollte. Und genau das und nicht mehr ist – bei nüchterner Betrachtung – das Ergebnis des Beteiligungsprozesses.“
Die Ackerfläche „Reibenkamp/Sachsenring“ in Freisenbruch (Bürgerforum-Fläche Nr. 709, 5,3 Hektar, laut Angaben der Stadtverwaltung mit einem Potential für 270 Wohnungen) liegt im Außenbereich. Der Regionale Flächennutzungsplan (RFNP) charakterisiert die Fläche als „Fläche für die Landwirtschaft“, „regionaler Grünzug“ und als „Bereich zum Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung“ (BSLE). Die Ackerfläche hat hohe Bodenwertzahlen (allerbeste Böden). Im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung des RFNP wurde 2008 für die Fläche folgendes bescheinigt: "Hohes ökologisches Potenzial als Offenlandbiotop; Teil eines großen zusammenhängenden Freiraumkomplexes, offene Agrarlandschaft mit weiten Sichtbeziehungen; Vorhandensein naturnaher und schutzwürdiger Böden mit hoher natürlicher Bodenfruchtbarkeit." Wegen der Bedeutung für die Landwirtschaft hat die Politik die von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Umwandlung dieser Fläche in eine Wohnbaufläche bereits 2008 im Zuge der Aufstellung des RFNP abgelehnt. Im Januar 2015 hat die Planungsverwaltung der Stadt Essen die Fläche als Wohnbaufläche im Rahmen des Konzeptes "Bedarfsgerechte Flächenentwicklung" vorgeschlagen, was (erneut) von Bezirksvertretung und Rat abgelehnt worden ist. Die Planungsverwaltung hat eine Bebauung der Fläche im Dezember 2015 im Rahmen der "Städtebauliche Strategie zur Unterbringung von Flüchtlingen" erneut ins Gespräch gebracht. Wieder gab es breiten Widerstand gegen diesen Vorschlag. Laut Verwaltungsvorlage wurde der Plan für eine Asylunterkunft auch nicht weiter verfolgt, da "eine Verkaufsbereitschaft der Eigentümer nicht gegeben" sei (Vorlage 0006/2016/6B). Laut Naturschutzbund Essen (NABU) ist die Ackerfläche Reibenkamp Lebensraum und Nahrungshabitat gefährdeter Brutvögel (insbesondere Offenlandarten). So wurden im Umfeld z.B. Feldsperling, Goldammer, Rauchschwalbe (Kartierung durch Biologische Station westliches Ruhrgebiet) nachgewiesen. Die Fläche grenzt direkt an das Landschaftsschutzgebiet "LSG-Ackerterrassen entlang der Grenze zu Bochum und Gelsenkirchen" (LSG-4508-0015) mit dem Schutzziel "Erhaltung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit, Erholung, Klima und als Freiraum innerhalb eines regionalen Grünzugs".

Die Fläche „Alleestraße 22 (ehem. Fett Velten)“ in Freisenbruch (Bürgerforum-Fläche Nr. 701, 4,5 Hektar, laut Angaben der Stadtverwaltung mit einem Potential für 230 Wohnungen) wird im Regionale Flächennutzungsplan (RFNP) charakterisiert als „Waldfläche“ sowie „Bereich zum Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung (BSLE)“. Die Waldflächen und Wiesen sind in Privatbesitz. Im Jahr 2010 hat sich die Bezirksvertretung VII mit der Nachnutzung des Geländes der ehemaligen Fettschmelze an der Alleestraße befasst. In der Verwaltungsvorlage 0311/2010/BV VII vom 9.3.2010 heißt es: "Die Aufstellung eines Bebauungsplanes und konkrete Bauvorhaben scheiterten stets an der Ausweisung im Flächennutzungsplan". Die Waldflächen gehören den Biotop-Verbundflächen "Gehölzreiche Freiflächen und Bachtäler am Ostrand der Stadt Essen" (VB-D-4508-015) an mit Schutzziel "Erhaltung strukturreicher Freiräume mit Altholzresten und Bachtälern am Rande eines urban-industriell geprägten Ballungsraumes". Eine Bebauung steht im Widerspruch zu der laut Landschaftsplan geplanten Erweiterung des Grünzugs „Bergmannsbusch". Außerdem weist der Essener Lärmminderungsplan die Fläche zum Teil als „ruhiges Gebiet“ aus, das der Erholung von häufig hohen Lärmpegeln des Ballungsraums dient.

Die Bezirksvertretung VII beschließt:

1. Die Bezirksvertretung VII spricht sich generell für eine intensive Bürgerbeteiligung bei der Gewinnung neuer Wohnbauflächen aus. Die Bezirksvertretung VII erhebt allerdings erhebliche Bedenken an dem methodischen Vorgehen beim Bürgerforum "Wo wollen wir wohnen?" am 17.11.2018, bei dem letztlich 3 bis 5 ortsunkundige Personen innerhalb von 45 Minuten über eine Fläche ohne Rückkopplung mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums und ohne Kenntnis anderer Flächen geurteilt haben.

2. Die Bezirksvertretung VII spricht sich gegen eine Bebauung der vom Bürgerforum "Wo wollen wir wohnen?" mit der Priorität 2 („gute Eig nung für eine Wohnbebauung“) kategorisierten Fläche „Reibenkamp/Sachsenring“ in Freisenbruch (Bürgerforum-Fläche Nr. 709) aus. Die Fläche ist wegen fruchtbarer Böden für die Landwirtschaft und als Bestandteil eines regionalen Grünzugs zu erhalten.

3. Die Bezirksvertretung VII spricht sich bei der vom Bürgerforum "Wo wollen wir wohnen?" mit der Priorität 2 („gute Eignung für eine Wohnbebauung“) kategorisierten Fläche „Alleestraße 22 (ehem. Fett Velten)“ in Freisenbruch (Bürgerforum-Fläche Nr. 701) lediglich für eine Bebauung der bereits versiegelten Flächen aus. Die bewaldeten Teilflächen sind hingegen als Wald mit den Wiesen zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Michaela Heuser (Fraktionssprecherin SPD)

Klaus-Dieter Feige (Fraktionssprecherin CDU)

Yilmaz Günes (Fraktionssprecher Bündnis90/Die Grünen)

Hans-Jürgen Zierus (Die Linke)

Wichtige Grünfläche in Freisenbruch  im Bezirk VII , der Reibenkamp/Sachsenring - Foto: Ulrike Eigner | Foto: Ulrike Eigner
Yilmaz Günes (Grüne), stellvertretender Bezirksbürgermeister der BV VII möchte wichtige Freiflächen im Bezirk erhalten | Foto: H-Pless
Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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