Wie die RAG mit Grubenwasser Umwelt, Trinkwasser und Gesundheit gefährdet
Auf Initiative der Regionalgruppe Essen-Mülheim der Umweltgewerkschaft fand am 12. November in der Essener City eine gemeinsame Aktion verschiedener Kräfte statt, um die Verantwortlichen für den mutwilligen und beschleunigten Kurs in eine globale Umweltkatastrophe öffentlich anzuklagen. Anlass war, wie schon in den vergangenen Jahren, die Halbzeit der UN-Weltklimakonferenz, die diesmal in Ägypten stattfand. Auch die 27. Weltklimakonferenz, die morgen zu Ende geht, war wieder ein teurer Gipfel der salbungsvollen Reden, der Schönfärberei und des Scheiterns. Neben der Umweltgewerkschaft wurde die Aktion getragen von der Essener Stadtgruppe der bundesweiten Bergarbeiterbewegung „Kumpel für AUF“, der MLPD, dem kommunalen Wahlbündnis „Essen steht AUF“ und umweltbewegten Einzelpersonen, auch aus Essener Betrieben. Vertreter der alten Umweltbewegung suchte man vergeblich, obwohl sie eingeladen waren. Manche scheinen regelrecht paralysiert vom Komplett-Verrat der Parteispitze der GRÜNEN an allen wesentlichen umweltpolitischen Zielen. Dabei wäre hier eine gute Gelegenheit gewesen, diese Erfahrung in demokratischer Diskussion zu verarbeiten. In loser Folge dokumentiere ich hier Beiträge und Anklagen, die am 12. November vorgetragen wurden, beginnend mit der Anklage der Stadtgruppe von „Kumpel für AUF“.Gefahren durch Flutung stillgelegter Zechen
Mit der Schließung der letzten Steinkohlezeche in Deutschland Ende 2018 begann die RAG gegen erbitterten Widerstand von Bergarbeitern und Umweltschützern aus reinen „Kostengründen“ die Wasserhaltung zur Trockenhaltung der Stollen zurückzufahren und die stillgelegten Zechen schrittweise zu fluten. Damit nimmt die RAG mutwillig in Kauf, dass der unter Tage eingelagerte Giftmüll und das unter Tage verbliebene Ultragift PCB, das in Hydraulikölen eingesetzt wurde, früher oder später mit Grundwasser führenden Schichten in Kontakt kommt und dann unser Trinkwasser verseucht.
Bis heute ist der Widerstand der kämpferischen Bergarbeiter und weiter Teile der Bevölkerung gegen dieses Verbrechen ungebrochen. Im Saarland ist es der RAG bis heute nicht gelungen, ihre Pläne zur Flutung der stillgelegten Zechen durchzusetzen.
Die drohende Verseuchung des Grundwassers ist nicht die einzige Gefahr, die durch das Ansteigen des Grubenwassers entsteht. Der Anstieg erhöht auch die Gefahr von Bodenhebungen und damit von Bergschäden, die Häuser, Straßen und Versorgungsleitungen beschädigen können.
Freisetzung des Treibhausgases Methan
Noch gravierender ist, dass mit dem Anstieg des Grubenwassers verstärkt Grubengas nach oben gedrückt wird und in die Umwelt entweichen kann. Grubengas besteht vor allem aus Methan, das 25-mal klimawirksamer ist als Kohlendioxid. Methan ist das Gas, das für die gefürchteten Schlagwetter-Explosionen unter Tage verantwortlich ist. Erst vor wenigen Wochen fielen 41 Kumpel einer solchen Explosion in der Türkei zum Opfer, was heute absolut vermeidbar ist.
Um solche Explosionen zu verhindern, wird das Methan unter Tage abgesaugt und Frischluft zugeführt. Seit Anfang der 2000er Jahre wurde in Deutschland das abgesaugte Grubengas zum Betrieb von über 100 Blockheizkraftwerken genutzt. Nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus verschlechterten sich die „Rahmenbedingungen“ für die Nutzung des Grubengases, sprich: es fielen staatliche Subventionen weg, die der RAG die Verwertung versüßt hatten. Bis heute ist nicht klar, wie es mit dem Grubengas weitergehen soll. Klar ist nur: Bei einem vollständigen Wegfall der Verwertung von Grubengas würden nach Berechnungen der NRW-Landesregierung bis 2035 1,57 Milliarden Kubikmeter Methan in die Atmosphäre freigesetzt!
Die Oder-Katastrophe mahnt!
Selbst wenn wir den weiteren Anstieg des Grubenwassers und die damit verbundenen Folgen durch unseren aktiven Widerstand verhindern, bleibt immer noch ein weiteres gravierendes Problem bestehen. Jährlich werden viele Millionen Kubikmeter Grubenwasser aus dem Kohle-, Erz- und Salzbergbau ungeklärt und ungefiltert und mit behördlicher Genehmigung in unsere Flüsse geleitet. Diese Grubenwässer enthalten neben giftigen Schwermetallen, Giften wie Arsen und PCB eine hohe Salzfracht, die die empfindliche Ökologie unserer Oberflächengewässer schwer schädigt. Die im Jahr 2000 verabschiedete Wasserrahmenrichtlinie der EU versprach vollmundig, dass bis zum Jahr 2027 alle Flüsse zu 100 Prozent in einem „guten ökologischen Zustand“ sein sollten. Die Tatsachen sehen so aus: der Rhein ist zu 11,9 Prozent, die Weser zu 7,6 Prozent, die Elbe zu 5,5 Prozent und die Oder sogar nur 2,7 Prozent in einem „guten ökologischen Zustand“. Statt alles daran zu setzen, dieses Ziel zu erreichen, wird der Anspruch ganz pragmatisch heruntergeschraubt auf 18 Prozent bis 2027 – allen voran von grünen Ministern!
Wir rufen Euch deshalb auf: Verstärken wir unseren Kampf für den sofortigen Stopp der Flutung der Zechen, sowie für den sofortigen Stopp der ungefilterten Einleitung von Grubenwasser in unsere Flüsse auf Kosten der Profite.
Wohin diese Politik führt, hat uns das katastrophale Fischsterben in der Oder in diesem Sommer vor Augen geführt. Bis heute wird die Hauptursache dafür vernebelt und vertuscht. Denn nicht die bösen Algen waren der wahre Übeltäter, sondern die Profitgier staatlicher polnischer Bergbaubetriebe. Diese leiteten trotz niedrigem Wasserstand und hoher Wassertemperaturen weiter ihr salzhaltiges Grubenwasser in die Oder, was die Blüte der giftigen Algen erst auslöste.
Hier wird auch deutlich, dass das ein grenzüberschreitendes, ja weltweites Problem ist. Das erfordert den internationalen Zusammenschluss der kämpferischen Bergarbeiter und der kämpferischen Umweltbewegung. Eine gute Gelegenheit dazu bietet die 3. Internationale Bergarbeiterkonferenz, die nach Peru und Indien im kommenden Jahr in Deutschland stattfindet.
Glück auf!
Autor:Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord |
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