Weniger Klagen in Altenessen - Aktionsbündnis hat Jugend im Griff
Bei der Bürgerbefragung durch die Arbeiterwohlfahrt im Winter 2010/11 kam heraus: Rund jeder zweite Teilnehmer beurteilt die Sicherheitslage in Altenessen als eher schlecht. Anderthalb Jahre später, ein Jahr nach Gründung des Kooperationsnetzwerkes Aktionsbündnis sicheres Altenessen (AsA), ist die Stimmung gelöster. Denn: „Das Beschwerdeaufkommen hat sich deutlich verringert“, wie Susanne Skorzik, Bezirksdienstleiterin der Polizeiinspektion weiß. Mit ein Grund, warum die im April 2011 eingerichtete Bürgersprechstunde auf Carl nach nur sieben Monaten wieder eingestellt wurde? Das AsA wertet die kurze Lebensdauer als Erfolg. Fakt ist: Das Angebot wurde kaum frequentiert.
Das Problem bei der Bewertung der Jahresbilanz des AsA: Basis ihrer Arbeit ist eine schwer quantifizierbare, subjektive Größe - das Sicherheitsempfinden der Altenessener Bürger.
Quantifizieren lässt sich da schon eher der Aufwand, den die aufsuchende Stadtteilarbeit mit Jugendlichen verursacht. Über 450 Hausbesuche innerhalb eines Jahres stehen im Besuchsprotokoll. Die Polizei bestätigt den Erfolg der Kooperation, indem sie eine fast hundertprozentige Aufklärungsquote in der Jugendkriminalität bescheinigt. Das AsA ist sich sicher: Es findet ein Umdenken statt. Doch dieses Umdenken bedarf weiterer Zeit.
AsA-Arbeit: "So etwas spricht sich herum"
Die Botschaft des Aktionsbündnisses sicheres Altenessen ist unvermissverständlich: Wer auf dumme Gedanken kommt, der muss mit Konsequenzen rechnen. Die Schüler der Hauptschule an der Bischoffstraße hatten gerade erst eine Friedenserklärung unterzeichnet, da fiel ein Mitschüler aus der Rolle. Kurz darauf war das AsA zur Stelle und lud den Übeltäter, aus dem Unterricht heraus, zur Vernehmung ein. Ein Auftritt mit Signalwirkung. „Im Stadtteil kann nichts passieren, ohne dass wir reagieren“, verkündet Thomas Rüth vom Jugendhilfe-Netzwerk der Arbeiterwohlfahrt.
Die Vernetzung macht‘s : Im Aktionsbündnis arbeiten Sozialarbeiter, Migrantenorganisationen, Polizei und andere Institutionen im Stadtteil eng zusammen. „Man kennt seine Ansprechpartner sofort“, bestätigt Susanne Skorzik, Bezirksdienstleiterin der Polizeiinspektion Nord. Nach einem Jahr AsA heißt es in Altenessen: Jugendkriminalität lohnt sich nicht. „Wir erreichen eine Aufklärungsquote von fast 100 Prozent“, betont Kriminalhauptkommissar Georg Surmann, Mitglied der Ermittlungsgruppe Jugend.
Und wer so viel auf dem Kerbholz hat, dass ihn keine AsA-Stippvisite auf Schulhof mehr erschrecken kann, der wird spätestens bei den empfindlichen Jugendstrafen hellhörig, die erst im Februar gegen Altenessener Jugendliche ausgesprochen wurden. Sie hatten im Umfeld des Altenessener Marktes systematisch Gleichaltrige abgezockt - zwei der Täter sitzen jetzt in Jugendhaft, zwei weitere wurden ins Intensivtäterprogramm aufgenommen. „So etwas spricht sich herum“, ist Thomas Rüth überzeugt. Genauso wie er davon überzeugt ist, die „Täterkette“ unterbrechen zu können. So wie es in Katernberg der Fall war. Doch dort zog sich der Prozess über zehn Jahre hin. „Wir haben längst noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht“, weiß auch AsA-„Schirmherr“ Andreas Bomheuer.
Der Kulturdezernent spielt auf eine Gruppe von 80 bis 100 Jugendlichen an, die in ihrer Freizeit nichts mit sich anzufangen weiß und somit zum subjektiven Unsicherheitsgefühl der Altenessener Bürgerschaft beiträgt. Was fehlt, sind Freizeitangebote; eine Erkenntnis die bereits im Zuge der AWO-Bürgerbefragung im Winter 2010 reifte. Seitdem wurden stetig Angebote entwickelt, und auch in diesen Tagen gehen neue - wie etwa das Fußballtraining mit Vätern - an den Start. „Wir brauchen noch zwei, drei Jahre“, so Bomheuer. Ob die Stadt dem Aktionsbündnis diese Zeit zugesteht? Die Mittel für die „konzertierte“ Stadtteilarbeit sind bislang nur bis zum Ende des Jahres festgeschrieben...
Das AsA in Zahlen:
- Im Juni 2011 wurde das Aktionsbündnis sicheres Altenessen ins Leben gerufen.
- Seitdem wurden 70 Jugendliche und heranwachsende Täter und Tatverdächtige in den Fokus genommen. 21 bereiten - als so genannte Intensivtäter - besondere Sorgen. Stadtweit befinden sich 89 Jugendliche in diesem Programm.
- Das AsA führte 453 Hausbesuche bei Tätern, Jugendlichen, Eltern und Bürger im Stadtteil durch.
Kommentar: Nur ein Tropfen?
Lauscht man den Ausführungen der AsA-Verantwortlichen, dann hat diese „konzertierte Aktion“ Hand und Fuß. Doch um einschätzen zu können, wie effektiv diese Maßnahmen tatsächlich sind, sind wir Stadtteilreporter auf Rückmeldungen der Bürger angewiesen. Und die werden bei der Vorstellung der AsA-Jahresbilanz kaum aufspringen und jubeln - genauso wenig wie sie ihren Stadtteil nach den ganzen Schlagzeilen aufgegeben haben. Denn ein Aspekt fällt ein wenig unter dem Tisch: Dass das negative Sicherheitsempfinden auch städtebaulichen Aspekten geschuldet ist. Das Aufräumen am Schweinemarkt ist ja schön fürs Marketing - was fehlt, ist aber ein ganzheitliches Konzept für den Bezirk V. Wenn der Stadtteil nicht aufgewertet wird - dann bleibt zu befürchten, dass die gute Jugendarbeit des AsA verpufft.
Autor:Patrick Torma aus Essen-Nord |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.