Nach Bottrop nun auch in Karnap
Vivawest will preiswerten Wohnraum vernichten
Im November 2022 berichtete die Lokalzeit Ruhr des WDR, dass die aus der früheren Ruhrkohle AG hervorgegangene Wohnungsgesellschaft Vivawest den Mietern einer Zechenhaus-Siedlung in Bottrop zum 30.6.2023 gekündigt hat. Vivawest hat die Grundstücke einschließlich der Hinterhöfe und Gärten schon weiterverkauft bis auf ein etwa 870 Quadratmeter großes Gelände, das sie selber nutzen will, um ein Mehrfamilienhaus zu bauen. Nun erhielten die Mieter im Lippermannweg in Karnap ein Schreiben der Vivawest, in dem diese ankündigt, die gesamte Siedlung mit 98 Wohnungen 2025 abzureißen, um neue Mehrfamilienhäuser zu bauen. Das wollen sich die dortigen Mieter nicht gefallen lassen und sich gemeinsam dagegen wehren. Die NRZ vom 24. Januar 2023 zitiert einen Mieter mit den Worten: „Ohne Kampf gehe ich hier nicht weg.“
Vivawest begründet den Abriss mit der nicht mehr zeitgemäßen energetischen, technischen und sanitären Ausstattung. Da hätte die Vivawest längst etwas dran ändern können. Wir wohnen selbst in einer Vivawest-Siedlung, die 2007 im Bestand saniert wurde. Das umfasste Wärmedämmung, nachträglichen Anbau von Balkonen bzw. Erneuerung alter Balkone. Elektrik und Bäder wurden und werden erst bei Neuvermietung durch Vivawest erneuert.
Auch in Karnap steckten Mieter selbst viel Geld und Arbeit in ihre Wohnungen und Gärten. Aus reinen Profitgründen will Vivawest eine gute und gewachsene Nachbarschaft zerstören. Völlig zu Recht fordern Mieter im Lippermannweg eine Modernisierung und Sanierung im Bestand. Das wäre auch günstiger als Abriss und Neubau, zumal Vivawest keine konkreten Angaben macht, was und wie viel sie genau bauen will. Vor allem aber könnte Vivawest für sanierte Wohnungen bei weitem nicht so hohe Mieten verlangen, wie für Neubauwohnungen.
Vivawest ist ein genauso profitorientiertes Wohnungsbauunternehmen wie Vonovia, der größte deutsche Wohnungsbau-Konzern. Immerhin hat Vonovia gerade verkündet, wegen der hohen Baukosten und Zinsen dieses Jahr keine Neubauprojekte zu beginnen. Und wer hat gerade den Vivawest-Marathon für dieses Jahr gestrichen? Laut NRZ vom 2.2. nennt Vivawest als Grund die „gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen, die durch die Energiekrise sowie Preis- und Zinssteigerungen entstanden sind“. Deshalb brauche man jeden Cent für energetische Modernisierungen und Neubau von „dringend benötigten“ Wohnungen.
Der Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen ist in der Tat drängend. Das großspurige Versprechen im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vom jährlichen Neubau von 400.000 Wohnungen ist längst Makulatur. Nicht weil das nicht machbar und finanzierbar wäre, sondern weil im Zuge der Scholz´schen „Zeitenwende“ alles auf Hochrüstung und Kriegsvorbereitung konzentriert wird. In dieser Situation bestehenden Wohnraum zu vernichten, würde die Wohnungsnot erst mal noch verschärfen.
Es geht sowohl in Bottrop wie in Karnap nicht nur um den Erhalt bezahlbaren Wohnraums. Es geht auch um den Erhalt der Bergarbeiterkultur und den Zusammenhalt. Der geplante Abriss der Zechenhäuser reiht sich ein in die gesamte Politik der verbrannten Erde der Ruhrkohle AG und ihren Folgeunternehmen. Vernichtung der Arbeitsplätze, Giftmüll unter Tage, Deputatklau und jetzt noch die Zerstörung alter Bergbau-Siedlungen. Damit darf die Vivawest (deren Haupteigentümer die RAG-Stiftung ist) nicht durchkommen.
Autor:Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord |
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