Unsere Meinung zählt! Menschen mit Handicap sprachen über Themen, die ihnen unter den Nägeln brennen
„Unsere Meinung zählt! Leben mit Handicap – ohne Einschränkung!?“ lautete die Überschrift einer Fachtagung, die die Aktion Menschenstadt – das Behindertenreferat der Evangelischen Kirche in Essen, das Diakoniewerk Essen und das Integrationsmodell, Ortsverband Essen, am 30. und 31. August in der Essener Volkshochschule veranstaltet haben. Zwei Tage lang sprachen 150 Menschen mit Behinderung darüber, was vielen unter den Nägeln brennt: Gerechter Mindestlohn, bezahlbarer Wohnraum, Strategien gegen Anmache. Der Wunsch nach einer auskömmlichen Rente. Der Weg zu einem Beruf, der Spaß macht. Möglichkeiten, das eigene Talent und die eigenen Stärken selbstbewusst einzusetzen. Der Traum von einem selbstbestimmten, in vieler Hinsicht erfüllten Leben.
Die gemeinsame Fachtagung findet alle zwei Jahre statt und erlebte bereits ihre siebte Auflage. Schon im Vorfeld war das Interesse groß, schnell waren alle Plätze vergeben. „Mit unserer Veranstaltung wollen wir die öffentliche Wahrnehmung der Kompetenzen von Menschen mit Handicap stärken, die eigenverantwortliche und selbständige Vertretung ihrer Interessen fördern, eine stärkere Vernetzung anregen und den Ausbau der Inklusion im Bildungsbereich voranbringen“, erklärte Antje Dawideit von der Aktion Menschenstadt das Ziel der Organisatoren. Auch in diesem Jahr gab es zehn Arbeitsgruppen, deren Themen die Teilnehmer zuvor bei einer Umfrage selbst bestimmt hatten: „Wir sprechen über gesunde Ernährung“, „Der Weg zum anderen Job!“, „Ich will selbständig wohnen“, „Frau – trau dich!“, „Sex gehört zum Leben – wie darüber reden?“ oder „Rente, wie geht das? Mit 66 ist noch lange nicht Schluss!“ lauteten etwa die Titel. Auch die Kunst der Fotografie, der richtige Umgang mit Geld und die Teilnahme an einem Improvisations-Theater waren Teil des Programms. Jede der Arbeitsgruppen wurde von Menschen mit Handicap moderiert; Unterstützer und Referenten kamen jeweils hinzu.
In einer Videobox konnten alle, die dazu Lust hatten, ihre Wünsche für einen inklusiven Alltag vor der Kamera vertreten; die auf diese Weise entstandenen Clips sorgten bei der Abschlusspräsentation für jede Menge Applaus. Überdimensionale Sprechblasen aus Pappe wurden mit Forderungen beschriftet – sie bildeten den Hintergrund für ebenso launige wie sensible Interviews, die Anja Mohr vom Caritas Stadtverband und Maximilian Sagel vom Diakoniewerk auf der Bühne mit Teilnehmern der einzelnen Arbeitsgruppen führten. Die während der Tagung erarbeitete Theaterszene sorgte für großen Beifall der zahlreichen Zuschauer, unter denen auch Peter Renzel, Beigeordneter für Soziales der Stadt Essen, und Hartmut Peltz, Leiter des städtischen Sozialamtes, waren.
Viele positive Rückmeldungen
Am Ende freute sich das Vorbereitungsteam um Antje Dawideit von der Aktion Menschenstadt über viele positive Reaktionen von Teilnehmern und Gästen. Eine kleine Auswahl: „Diese zwei Tage waren spitze!“ – „Es ist toll zu sehen, dass einige unserer Verbesserungsvorschläge aus den letzten Jahren schon umgesetzt wurden.“ – „Es hat wieder richtig großen Spaß gemacht.“ – „In zwei Jahren will ich auch mal Moderatorin sein!“ – „Mir ist heute wieder einmal deutlich geworden, dass wir mehr Zutrauen in die Fähigkeiten von Menschen mit Handicap haben sollten und ihre Meinung noch viel häufiger berücksichtigen müssen.“ – „Alles war schön, aber leider viel zu kurz!“ – „Besonders wichtig finde ich die vielen Gespräche und Begegnungen zwischendurch.“ – „Dass diese Tagung schon zum siebten Mal stattgefunden hat, ist für unsere Stadt ein großer Gewinn.“
13 Kooperationspartner halfen in diesem Jahr bei der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung mit. Im Foyer der VHS informierten Beratungsstellen und die Essener Ehrenamtsagentur über ihre Angebote für Menschen mit Handicap. Als Assistenten kümmerten sich die „Gelben Engel“ darum, dass jeder Besucher auch den richtigen Raum fand – wegen der großen Anzahl der Teilnehmer ergänzten fünf Auszubildende der Stadt Essen dieses Team. Schirmherr der Fachtagung war der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen. Die achte Fachtagung für Menschen mit Handicap findet in zwei Jahren erneut in der Volkshochschule statt – dann wird es vor allem um das neue Bundesteilhabegesetz gehen, das am 1. Januar 2020 in Kraft tritt.
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