Der unnötige Tod einer alten Dame aus Katernberg
Traurige Folge einer Gesundheitspolitik, für die nur Rentabilität und Gewinn zählt

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Am 19.2. berichtete die NRZ über den Fall einer 77-jährigen Katernbergerin, die am ersten Weihnachtsfeiertag als Notfall ins Philippusstift kam und von dort mitten in der Nacht wieder nach Hause transportiert wurde, weil angeblich wegen Corona kein Bett frei war. Am nächsten Tag musste die Frau erneut notfallmäßig ins Philippusstift gebracht werden, wo ein schwerer Schlaganfall festgestellt wird (der sich wahrscheinlich am Vortag angekündigt hat). Am 4. Januar verstirbt sie an dessen Folgen.

Völlig zu Recht wirft der NRZ-Artikel einige Fragen auf:
„Muss man mitten in der Nacht eine 77-jährige geschwächte Frau, wieder nach Hause fahren, wo ein mit der Situation erkennbar überforderter 84-jähriger Ehemann wartet? Hat die Region – zumindest in dieser Pandemie – vielleicht doch nicht genügend Betten, wie immer behauptet wird? Und wenn man – wie offenbar bei Meiers geschehen – die Bettenknappheit mit Verweis auf das Virus begründet (was ja unterstellt, dass man die Patientin sonst wohl dabehalten hätte): Ist das nur ein Problem von Klinik-Betreiber Contilia und dem Philippusstift oder eines, das alle Krankenhäuser betrifft?
Auf Anfrage verweist die Contilia-Tochter KKE im konkreten Fall auf den Datenschutz – und bestätigt doch, dass es nächtliche Entlassungen im Philippusstift, bedingt durch die Corona-Pandemie in Ausnahmefällen durchaus gibt. Wer bleibt und wer wieder heim darf, diese Frage entscheide sich schlicht an der Frage der medizinischen Notwendigkeit, betont eine Sprecherin. Sei diese „nicht gegeben, sieht das Gesundheitssystem keine Gewährung eines stationären Aufenthaltes vor“. Die Kostenträger würden stationäre Aufenthalte dann nachträglich streichen und damit nicht erstatten. Das klingt, als sei dies der schlimmste anzunehmende Fall: dass am Ende eine Rechnung offen bleibt.“

Mittlerweile stellte sich heraus, dass es nicht einmal der Wahrheit entsprach, dass kein Bett mehr frei gewesen sei. Am 20.2. bringt die NRZ eine hanebüchene Stellungnahme der Contilia zu dem skandalösen Vorgang. Man habe zwar „sachlich richtig, aber menschlich falsch“ gehandelt. Danke für diese Klarstellung, liebe Contilia. Haben wir es doch nun schriftlich, dass das Menschliche in dieser Vorstellung von Gesundheitswesen nicht zu einer „sachlich richtigen“ Behandlung dazugehört, sondern extra dazugedacht (oder dazugebucht?) werden muss.

Der unnötige Tod der alten Dame aus Katernberg ist die traurige Folge einer Gesundheitspolitik, für die nur Rentabilität und Gewinn zählt. Einer Gesundheitspolitik, die mitten in der Corona-Pandemie zwei Krankenhäuser im Essener Norden schließt. Einer Gesundheitspolitik, die auch dadurch nicht besser oder humaner wird, dass man überall ein "smart" davorsetzt.

Der Kampf für eine wohnortnahe stationäre Gesundheitsversorgung bleibt notwendig und er geht weiter. Aktuell bereiten das Internationalistische Bündnis und die Bürgerversammlung gegen Krankenhausschließungen eine neue Protestaktion vor. Sie findet statt am Samstag, 27. Februar, von 12 bis 13 Uhr vor dem Allee-Center Altenessen (Forumsplatz) mit Offenem Mikrofon und Schilder-Malaktion.

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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