Sie hassen uns, oder? Neue Enthüllungen an der B 224
Erboste Anwohner der Gladbecker Straße fühlen sich wie eine „lästige Randerscheinung entlang einer Stadtautobahn.“ Ihr Geduldsfaden ist gerissen und sie bringen kein Verständnis mehr auf für „politische und verwaltungstechnische Verschleppungsmanöver“ und „irrsinnige Ansichten zu Grün im Stadtraum“.
Die Anwohnerinnen Esther Soth und Susanne Demmer sind genervt. „Es darf nicht wahr sein, was die Stadt hier mit uns treibt. Was, verdammt nochmal, muss die Stadt denn noch prüfen, um uns die Teilhabe am Fassadenprogramm von Bund und Land zu ermöglichen? Unsere Häuser bleiben stehen und das weiß die Stadt schon ewig.“
Grund für die Empörung ist eine städtische Vorlage, die im März beraten werden soll. „Diese Vorlage ist schlichtweg bürgerfeindlich. Wieso muss sich eine Stadt überhaupt noch fragen, ob eine schöne Fassade ein zielführender Baustein für die Aufwertung einer Straße sein kann?“
Zweiter Stein des Anstoßes sind Aussagen zu mehr Grün im Straßenraum:
„Unfassbar, da wird im ersten Absatz vom erfolgreichen Einhalten von Grenzwerten geredet und dann an anderer Stelle die hohe Luftverschmutzung ins Feld geführt. „Was hat sich der Verfasser dabei gedacht?"
Man ignorierte uns kaputt
Während die Stadt in der Vorlage angibt, die Neuanpflanzung von Straßenbäumen sehr zu begrüßen, zeigt ein Blick auf die Wirklichkeit seit Jahren ein anderes Bild: Hier ein toter Baumstumpf, dort ein paar krank und jämmerlich wirkende Bäumchen.
„Die Gladbecker Straße wurde, insbesondere in dem Bereich zwischen Berthold-Beitz-Boulevard und Bäuminghausstraße, von der Stadt seit Ewigkeiten kaputt ignoriert und nun führt man an, dass unter anderem gelagerter Sperrmüll auf zu klein dimensionierten Baumscheiben Schuld sei? Das ist doch albern und zeigt peinlicherweise auch noch das Versagen der Stadt auf."
Wird hier noch Schlimmeres ans Licht der Welt befördert?
Fast nebensächlich wird in der Vorlage von der „Altersstruktur der Versorgungsleitungen“ geredet, obwohl genau dieses Thema sehr schnell ein äußerst brisantes werden könnte. Politik und Verwaltung sei es nahe gelegt, sich schleunigst mit den Ist-Zuständen dieser Straße zu beschäftigen. Anwohner berichten, auch belegt durch alte Unterlagen, immer wieder vom „Pudding unter der Straße“. Sie berichten von Hohlräumen, verbauten Eisenbahnschienen, Hausanschlüssen auf gegenüberliegenden Straßenseiten und täglich bebenden Decken und Wänden. Wer sich einmal den Asphaltzustand an der Kreuzung Bäuminghausstraße anschaut, kann erahnen, wie hoch hier der Sanierungsbedarf ist.
Kein Grün auf dem Mittelstreifen, damit die Luft nicht schlechter wird? Wurde hier getrickst?
Susanne Demmer hegt Zweifel daran, ob bestimmte Aussagen der Verwaltung wissenschaftlich sauber hergeleitet wurden. Obwohl nämlich längst kein nennenswertes Feinstaubproblem mehr an der Gladbecker Straße existiert, schreibt die Stadt: "Die Ergebnisse zeigen, dass Begrünungsmaßnahmen in diesem Straßenabschnitt nicht geeignet sind, um die Feinstaubkonzentration durch Filterleistung zu reduzieren." Das städtische Fazit, das übrigens anhand einer 15 Jahre alte Modellsimulation gezogen wird, lautet dann: „Somit ist davon auszugehen, dass eine Begrünungsmaßnahme auf dem Mittelstreifen die sonstigen Bemühungen der Stadt Essen, die Stickoxidbelastung an der Gladbecker Straße zu senken und Diesel-Fahrverbote im Stadtgebiet zu verhindern, konterkarieren würde.“ Werden hier uralte Aussagen über Feinstäube heran gezogen und dann wahllos mit aktuellen Stickstoffdioxidwerten vermischt in einen Sack gepackt? Das wäre skandalös. Darüber hinaus ist es entlarvend, dass die Stadt den kühlenden und optischen Aspekt von Pflanzen und Bäumen hier überhaupt nicht anspricht oder die teilweise Entfernung des überdimensionierten Mittelstreifens in Erwägung zieht, um endlich den dringend benötigten Platz für Fußgänger und Radfahrer auf der westlichen Seite zu schaffen.
Bissig legt Susanne Demmer der Stadt ans Herz, ihren Aussagen bitteschön Taten folgen zu lassen und schleunigst andere „Luftkurorte“ dieser Stadt zu untersuchen, um Pflanzen zu entfernen, die die Luft verschlechtern.
Eine Bürgerin klagt an
„Ich kann diesen Mist nicht mehr hören, dass unsere Häuser zu nah an der Bundesstraße stehen. Unsere Häuser sind wesentlich älter als die Bundesstraße. Unsere Vorgärten wurden enteignet und man kippte uns die Bundesstraße vor die Füße. Danach hat es keinen mehr interessiert, was wir hier durchmachen. Das merkt man auch daran, dass einige örtliche Politiker den Unterschied zwischen Feinstaub, Stickstoffdioxid und CO2 überhaupt nicht kennen und immer wieder dümmlich mit falschen Aussagen hausieren gehen.
Ich bin fast vom Stuhl gekippt, als ich jüngst las, dass sich Bezirksvertreter „entsetzt“ über die zu erwartende 20prozentige Risikosteigerung von Herzinfarkten durch zukünftige Verkehre am neu zu bauenden Autobahnkreuz Essen-Nord zeigten. Die finden das besorgniserregend? Wo waren die die ganze Zeit, als wir Schrei um Schrei los gesendet haben? Hat überhaupt nur einer von denen das diesbezüglich aktuelle Gutachten zu Lärm und Schmutz gelesen? Warum wurde das nie in der Bezirksvertretung öffentlich behandelt? Ich habe die Nase voll, dass sich diese Herrschaften immer wieder hinter einem "Riesenhaufen schön beschriebenem Papier“ weg ducken und nicht dafür sorgen, dass das Recht der Bürger auf Schutz vor Lärm und Giften umgesetzt wird. Mir reicht es mit dieser menschenverachtenden Ignoranz und mir bleibt nur eins: Wahlkampf zu machen. Einen persönlichen Wahlkampf gegen jeden Politiker, der uns derart verachtet."
PS:
In der Vorlage ist auch zu lesen "Da sich der Erwerb der Grundstücke, für die der Rahmenplan den Abriss und die rückversetzte Neubebauung vorsieht, zumindest in großen Teilen relativ schwierig gestaltet...". Relativ schwierig? Die Stadt sollte nun endlich mal offen legen, wie es mit Einzelkäufen aussieht. Sie könnte damit der Vermutung entgegen treten, dass man von Anfang an nur im Komplettpaket kaufen wollte, um günstig an eine Menge Bauland für Betongold-Geschäfte zu kommen.
Autor:Susanne Demmer aus Essen-Nord |
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