Schulgebäude, Kauf- und Mietcontainer sollen künftig Asylbewerber aufnehmen
„Wir können nicht mehr warten.“ Mit diesen Worten fordert Sozialdezernent Peter Renzel eine schnelle Entscheidung für neue Standorte von Asylbewerberunterkünften. Gestern wurde die Liste vorgelegt, der Rat tagt am 2. Juli.
Eben jener Rat hatte die erste Liste im Februar abgelehnt, was den jetzigen Zeitdruck noch erhöht. Das und die weiterhin steigende Zahl von Flüchtlingen, die Essen gemäß Gesetz aufnehmen muss. Sie dürfte noch weiter steigen, wenn sich der Irak erst richtig zum Krisenherd entwickelt.
So mancher Standort, der in der Februarliste noch für Wirbel sorgte, fehlt jetzt, der Graitengraben zumal. Er steht zusammen mit vielen anderen auf einer alternativen Aufzählung, die aber zunächst nicht zum Zuge kommen soll.
Mindestens 100 Personen pro Standort
Die Ratszustimmung vorausgesetzt, werden sieben dauerhafte Standorte eingerichtet. Dafür würden Container gekauft. Insgesamt 840 Plätze sollen hier entstehen, wobei keiner für weniger als 100 Personen vorgesehen ist. Es können auch 150, eventuell sogar 200 werden. Diese sieben sind geplant: Hubertstraße 25, Stauseebogen (ehemalige Kläranlage), Pläßweidenweg (Sportplatz), Ruhrtalstraße/Am Staadt, Schotterplatz neben dem Bahnhof Kettwig, ehemaliges Kutel am Overhammshof und Wallneyer Straße neben der LANUV.
Das beinhaltet eine neue Schwerpunktsetzung auf den Essener Süden, was sich fast zwangsläufig aus der Bevorzugung von Standorten außerhalb dichter Siedlungsbereiche ergibt. Doch bei der Liste der Zwischenlösungen ist die Nordhälfte stärker vertreten. Denn bis dauerhafte Containerdörfer eingerichtet worden sind, dürfte es August 2015 werden. „Wir sind zu Ausschreibungen verpflichtet“, sagt Ingo Penkwitt, Leiter der städtischen Immobilienwirtschaft.
Bis es soweit ist, will die Verwaltung Behelfsunterkünfe als Zwischenlösungen einrichten. Das geht am schnellsten in bestehenden, aber nicht mehr genutzten Schulgebäuden. Vorgesehen sind die Tiegelschule, die Gebäude Kapitelwiese 35 und 68 sowie das Grundschulgebäude an der Hatzperstraße.
Eine weitere, nicht ganz so schnelle Zwischenlösung soll in der Anmietung von Containern bestehen. Diese müssen erst bestellt werden, sind nicht unbedingt sofort lieferbar. Aufstellen will man sie auf dem Gelände des - inzwischen abgerissenen - Jugendzentrums Papestraße, an der Rauch-/Prosperstraße, wiederum am Overhammshof und an der alten Hatzperschule. Teilweise werden also Nutzungen von Schulgebäuden mit Containern kombiniert. Beide Zwischenlösungspakete zusammen ergeben jene 840 Plätze für Asylbewerber.
Die Kosten für den Containerkauf für die langfristig geplanten Standorte veranschlagt die Verwaltung mit 26,8 Millionen Euro. Hinzu kommen der Umbau von Schulgebäuden (1,3 Millionen) und die Anmietung von Containern samt Herrichtung der Grundstücke (5,8 Millionen). Die Deckung erfolgt unter anderem durch eine Verschiebung der Sanierung des Gymnasiums Essen Nord-Ost. Diese wäre ohnehin erfolgt, erläutern Renzel und Penkwitt, da das Vorhaben sich wesentlich aufwändiger gestaltet als vorgesehen.
Gute Erfahrung mit 24-Stunden-Betreuung
An sämtlichen Standort ist die 24-Stunden-Betreuung durch Fachunternehmen geplant. Mit ihr hat man in Frintrop und Dilldorf gute Erfahrungen gemacht.
Der Zeitplan enthält Unsicherheiten. Vor allem steht die Frage im Raum, wie viel von diesem Konzept der Rat am 2. Juli billigt. Zum anderen ist man, wie bei allen Bauprojekten, von der Verfügbarkeit von Handwerkern und Material abhängig. Nicht zu unterschätzen ist auch die Frage, ob mehr Container gekauft statt gemietet werden sollen. Ingo Penkwitt: „Ab einer Mietdauer von zwei Jahren ist es günstiger zu kaufen.“
Im Gespräch sind zwangsläufig auch noch die Turnhallen als Notunterkünfte, obwohl man eine solche Nutzung in Essen eigentlich nicht mehr wollte. Doch schlimmstenfalls, wenn nämlich der Flüchtlingsstrom zunimmt, die Container aber noch nicht fertig sind, will man genau darauf zurückgreifen.
Die Zustimmung des Rates ist nicht ohne weiteres voraussetzbar, auch wenn sich, wie Peter Renzel berichtet, in der Reihe der Fraktionsvertreter, die gestern vorab informiert wurden, kein großer Widerstand regte. Doch äußerten sich gegenüber dem STADTSPIEGEL bereits Vertreter verschiedener Parteien ungehalten, weil - wie im Februar - die Bezirksvertretungen keine Gelegenheit zur Beratung hatten, bevor das Paket in die Ratssitzung geht. Von Bürgerbeteiligung kann gar keine Rede sein.
Rat soll am 2. Juli über Liste entscheiden
Da klingt es fast wie Ironie, wenn in einem Schreiben, das am Freitag den Bezirksbürgermeistern zuging, betont wird, man wolle sicher stellen, „dass Sie die Informationen nicht erst am Mittwoch ggfs. aus den lokalen Medien erfahren“.
Autor:Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig |
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