Rüttenscheider Straßennamensstreit - Bertold Beitz ist günstiger zu haben als Ortrud und Irmgard
Eine Beschlußvorlage der Verwaltung für den Hauptausschuß des Stadtrats am 23. Januar soll nach einem ersten fehlgeschlagenen Versuch im vorletzten Jahr jetzt die Umbenennung der Bamler Straße in Altenessen zur Verlängerung des Bertold-Beitz-Boulevards durchsetzen. 2011 hatte sich sowohl eine Mehrheit der Bezirksvertetung I, wie auch der Hauptausschuß gegen eine Umbenennung entschieden. Nun wird mit allen guten Wünschen und verdientermaßen Bertold Beitz im September 2013 seinen hundersten Geburtstag feiern.
Obwohl es sicher noch andere Möglichkeiten zu besonderen Ehrungen geben dürfte, möchten anscheinend einzelne Gewerbetreibende an der heutigen Bamler Straße im Gleichklang mit dem Oberbürgermeister dem welterfahrenen Krupp-Stiftungsvorsitzenden noch einen um ein, zwei Straßenkilometer verlängerten Bertold-Beitz-Boulevard zu Füßen legen.
So schick erscheint ihnen dabei die mögliche neue Adresse, dass sie sogar bereit sind, bestimmte Verwaltungskosten der Änderung für private Anlieger der Bamler Straße als großzügiger Sponsor zu begleichen. Wenn also über 80% der Gewerbetreibenden an der Bamlerstraße der Meinung sind, dass ein Boulevard doch viel schicker wäre, als eine Straße, benannt nach einem seit fast 87 Jahre totem Luftfahrtpoinier und Meteorologen, kann die Stadt Essen natürlich nicht Nein sagen.
Als nach dem Mehrheitsbeschluß der Bezirksvertretung II von den dortigen Straßenschildern endlich wieder demokratiefeindliche Generäle verschwinden sollen, die 1937 von den Essener Nationalsozialisten auf Rüttenscheider Strassenmasten gehievt wurden, scheint die Aufgabe unendlich schwieriger zu liegen.
Am Rüttenscheider Beispiel der heftigen Auseinandersetzungen um die Rückbenennung der heutigen "von Seeckt" und "von Einem" Straßen auf ihre früheren Namen Ortrud und der Irmgard ist ersichtlich, dass ohne besonderen Zuspruch finanzkräftiger Gewerbetreibender in solchen Fällen nachhaltige Überzeugungsarbeit geleistet werden muss.
Die in der Bezirksvertretung II in gemeinsamer Kooperation agierenden Fraktionen von SPD, Grünen und der Einzelvertreterin der Linken sehen sich hier von Seiten der Verwaltung deutlich benachteiligt. Hier ihre gemeinsame Presserklärung vom 21. Januar 2013:
Benachteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Bezirk II
Die Verwaltung beabsichtigt, gemäß der Vorlage für den Haupt- und Finanzausschuss Nr.: 2018/2012/6A, Sitzung am 23.01.13, bei der beabsichtigten Straßenumbenennung der Bamlerstraße in Berthold-Beitz-Boulevard für die Anwohner einen kostenfreien Service anzubieten.
Dieser beinhaltet:
die Ummeldung und Adressenänderung des Personalausweises, für KFZ- Eigentümer auch im Kraftfahrzeugschein, zur Verfügung Stellung von ausreichenden frankierten Postkarten mit neuer Anschrift,und auf Wunsch eine Jahreskarte für die Gruga.
Dies steht im krassen Gegensatz zu der Vorgehensweise der Verwaltung bei der Rückbenennung der Straßen von Seekt und von Einem in Rüttenscheid.
Die Bezirksvertretung II hatte im Vorfeld ihrer Beratungen die Verwaltung mehrfach angefragt, unter welchen Bedingungen eine Freistellung von Kosten für die in den beiden Straßen betroffenen Bürgerinnen und Bürger möglich sei.
Mit Hinweis auf die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden insbesondere finanzielle Hilfen, wie frankierte Postkarten mit neuer Anschrift oder die Übernahme der Kosten von 11,00 € für die Aktualisierung des Kraftfahrzeugscheines kategorische abgelehnt.
Sicherlich hätten sich die betroffenen Anwohner auch über eine kostenfreie Jahreskarte für die Gruga gefreut.
„Die unterschiedliche Vorgehensweise zeigt, wie Verwaltung massiv in politische Entscheidungen eingreift und sie beeinflusst. Dies vereinbart sich nicht mit dem Gebot der Neutralität und der Gleichbehandlung, zu der die Verwaltung eigentlich verpflichtet ist. Das rechtliche Vorgaben beliebig gehandhabt werden, ist skandalös“, so Peter Lankes, SPD-Fraktionsvorsitzender in der BV II.
Entscheiden sich die Bürger beim Bürgerentscheid am 03.02.2013 für die Rückbenennung in Irmgard- und Ortrudstraße, haben die betroffenen Anlieger ein Recht darauf, nach dem Gleichheitsgrundsatz behandelt zu werden.
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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