Prostitution oder Abschiebung - das war tatsächlich die Frage!

Nicole Semek sammelt Unterschriften für ihr Bleiberecht. | Foto: Foto: COURAGE Essen

Breite Solidarität erkämpft eigenständiges Bleiberecht für Nicole Semek

Am vergangenen Freitag erkämpften die Kamerunerin Nicole Semek und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer vom Frauenverband Courage in Essen, von „Essen steht AUF“ sowie aus dem gesamten Bundesgebiet vor dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen einen tollen Erfolg: Nicole Semek erhält durch die Ausländerbehörde Essen das ihr zustehende eigenständige Aufenthaltsrecht.

Eine Prozeßteilnehmerin berichtet:
" Trotz der zum Teil demütigenden Infragestellung von Nicole Semeks Aussagen durch die Mitarbeiterin des Ausländeramtes der Stadt Essen, ließ sich Frau Semek nicht durcheinanderbringen. Den Dolmetscher benötigte Frau Semek im Verlauf der Verhandlung immer weniger, mehr und mehr selbstsicher trug sie ihre eigenen Belange in deutscher Sprache vor. Das brachte ihr Respekt und Anerkennung unter den Anwesenden im Saal ein."
Weitere Informationen zum Prozeß gibt es auf der Homepage des Frauenverbands COURAGE (www.fvcourage.de)

Zu den Hintergründen dieses Falles erschien in der neuen Ausgabe der Zeitung von „Essen steht AUF“ der folgende Artikel von Sigrid Agbeley vom Frauenverband COURAGE:

Nicole Semek hatte einen deutschen Mann in Kamerun geheiratet, der sie im Zuge der Familienzusammenführung im Dezember 2010 nach Deutschland geholt hat. Nicole bekam als Ehefrau eines deutschen Mannes eine Aufenthaltserlaubnis. Die ersten vier Wochen ging alles gut, bis sich das Blatt wendete und ihr Ehemann aggressiv und gewalttätig wurde.
Nicole bekam keinen eigenen Schlüssel, so dass sie die Wohnung nicht verlassen konnte. Ihr Mann hielt ihr immer vor, wie viel Kosten er hatte, um sie nach Deutschland zu holen und sie solle jetzt arbeiten gehen, damit wieder Geld reinkommt. Da sie noch nicht gut deutsch sprechen konnte, forderte er sie auf, in die Prostitution zu gehen. Sie könne das ja auch in Belgien oder Frankreich machen (Nicole stammt aus dem französischen Teil Kameruns).
Anfang Mai 2011eskalierte die Situation und sie rief die Polizei. Diese brachte sie in ein Frauenhaus, wo sie erst einmal sicher war. Ihr Ehemann ging sofort zur Ausländerbehörde und teilte dieser mit, dass er mit seiner Frau nicht mehr in der ehelichen Lebensgemeinschaft wohnt. Diese ist nämlich die Voraussetzung für den Aufenthalt (nicht die Ehe als solche). Später erhielt Nicole dann den Brief von der Ausländerbehörde, dass sie ausreisepflichtig ist. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir Nicole schon kennen gelernt und kümmerten uns auch juristisch um die Sache. Seitdem wird Nicole geduldet, ein Eilantrag wurde bereits vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen abgelehnt. Angeblich wäre nicht ausreichend nachgewiesen, dass der Ehemann gewalttätig gegen sie war und außerdem sei sie ja noch nicht integriert.
Wir haben den Kampf aufgenommen, weil wir wissen, dass es viele Frauen wie Nicole gibt, die kein eigenständiges Bleiberecht haben. Wir haben bei unseren Aktionen am Tag gegen Gewalt an Frauen, am Internationalen Frauentag, am 1. Mai usw. Unterschriften gesammelt. Wir hatten auch eine Online-Petition bei change.org gestartet. Dort sind bisher über 6.000 Unterschriften eingegangen! Die Solidarität, die Nicole erfahren hat, war überwältigend. Uns liegt am Herzen, sich für die Forderungen gegen Zwangsprostitution, für das eigenständige Bleiberecht von Frauen einzusetzen und überhaupt gegen die deutschen reaktionären Ausländergesetze vorzugehen.

Wie berechtigt das ist, zeigt auch der Fall der 19-jährigen Mariama B. aus Guinea, die am Montagmorgen auf äußerst brutale Weise im Bochumer Rathaus festgenommen wurde, weil ihre Duldung in wenigen Tagen ausgelaufen wäre. Sie war an ein Bordell in Spanien verkauft worden. Mit Hilfe eines deutschen Freiers gelang ihr die Flucht. Nach ihrer Festnahme Anfang der Woche zogen ihre Mitschüler vom Alice-Salomon-Berufskolleg, an dem unter anderem Flüchtlinge wie Mariama B. unterrichtet werden, vor das Rathaus. Jetzt soll das Asylverfahren neu verhandelt werden (siehe Bericht auf "derwesten.de").

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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