Müllverwerter Harmuth setzt auf Windenergie
„Ich mag Müll“, singt der Sesamstraßen-Oscar in der Warteschleife. Das passt, denn im Essener Nordwesten hat Harmuth seinen Ruf weg. Das neueste Projekt des Entsorgungsunternehmens, das ist allerdings eine saubere Sache.
Während eines Treffens im Rathaus kurz vor Jahresende präsentierte Stefan Harmuth Pläne für den Bau zweier Windkraftanlagen auf dem firmeneigenen Grundstück im Econova-Gelände. „In unserer Branche sollte man den Blick für alternative Energien haben“, zeigt sich der Geschäftsführer verantwortungsbewusst. Auch wenn er seine nur einige Wochen alten Ausführungen etwas revidieren muss: „Es kristallisiert sich heraus, dass wir nur ein Windrad in Betrieb nehmen werden.“ Andernfalls, dies gehe aus einem Gutachten hervor, sei die Effektivität der Räder auf dem 132.000 Quadratmeter großen Firmengrundstück nicht zu gewährleisten. Denn bei der Ausführung möchte das Unternehmen nicht kleckern: Geplant ist eine Windkraftanlage wie man sie aus den sogenannten „Offshore-Windparks“ auf dem offenen Meer kennt - eine Konstruktion mit einer Gesamthöhe von beinahe 200 Metern, inklusive Rotor...
Vom Econova-Gelände aus gehen „1.500 bis 2.000“ Lichter auf: So viele Haushalte soll das drei Megawatt starke Harmuth-Windrad künftig mit Strom versorgen.
Entgegen anderslautenden Berichten beabsichtigt der Entsorger, die gesamte erzeugte Energie ins Netz einzuspeisen. „Über eine Turbine erzeugt unsere energetische Verwertungsanlage zirka zwei Megawatt Strom. Ein Viertel davon deckt den Betrieb ab - der Rest geht jetzt schon ins Netz der RWE über“, erklärt Stefan Harmuth, der von einer Investitionssumme von „4,5 Millionen Euro“ ausgeht. 2013 soll sich der Rotor der Windkraftanlage in Bewegung setzen.
Vorher gilt es jedoch, rechtliche Hürden zu nehmen. Die eigentliche Genehmigung obliegt der Bezirksregierung in Düsseldorf, die Stadt besitzt lediglich ein planungsrechtliches Mitspracherecht. So ist für das Econova-Gelände eine bauliche Höhenbegrenzung festgesetzt - doch es ist fest anzunehmen, dass die Stadt in diesem Fall eine Ausnahme machen wird, zumal der Schornstein der benachbarten Aluminiumhütte bereits mit einer Höhe von 180 Metern aufwartet.
Ansonsten gilt das Vorhaben als unproblematisch: „Bedenken hinsichtlich der einzuhaltenden Emissionen ergeben sich zum jetzigen Stand nicht. Aber noch warten wir auf den Antrag der Firma Harmuth“, erklärt Angelika Siepmann von der Unteren Emissionsbehörde. „Über Emissionen machen wir uns besonders viele Gedanken. Schließlich sind wir die ersten, die durch Lärm oder ähnliches belästigt würden“, beschwichtigt dagegen Stefan Harmuth.
Aber wie gesagt: Als Müll- und Schrottverwerter eilt seinem Unternehmen ein gewisser Ruf voraus, jedes neue Projekt wird von Bürgern und Politikern kritisch beäugt. Die SPD im Bezirk V erwartet jedenfalls genaue Auskünfte. „Was bekommen die Bürger in den umliegenden Stadtteilen tatsächlich mit? Und was bedeutet das Projekt für die weitere Entwicklung des Econova-Geländes? Manches Unternehmen wird es sich zweimal überlegen, ob es sich unter einem Windrad ansiedelt“, gibt Theo Jansen zu Bedenken. Der SPD-Bezirkssprecher möchte zudem wissen, welche weiteren Standorte für den Bau von Windkraftanlagen geeignet sind. Am Dienstag, 24. Januar, wird seine Fraktion in der Bezirksvertretung V ein entsprechendes Papier vorlegen.
Kommentar
Endlich mal etwas im Econova-Gelände, was nicht stinkt. Dafür ein riesiger Rotor der Krach macht und Schatten wirft? „Bislang sind keine Belastungen zu erwarten“, heißt es aus der Stadt. Vor einem Jahr noch, als es im Süden der Stadt zu Protesten gegen das Velberter „Windrädchen“ kam, waren sehr wohl Bedenken vorhanden. Da ging es aber um einen Eingriff in die Landschaft. Ein riesiger Mast auf der grünen Aue kommt eben nicht gut - aber im Econova-Gelände gibt es wohl nicht mehr viel zu verschandeln. Nicht falsch verstehen, gegen Windenergie und einen Standort im Industriegebiet ist nicht viel zu sagen - gegen zweierlei Maß allerdings schon.
Autor:Patrick Torma aus Essen-Nord |
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