GroKo gegen Pop-up-Rad- und Fußwege in Essen
Mehrdad Mostofizadeh: Lippenbekenntnisse zum Radentscheid ersetzen keine konkrete Politik

In der Messehalle 5 wurden in weiträumiger Distanz der Fraktionen viele Ratsentscheidungen gefällt. Neue, umweltgerechte  Wege z.B. für den Radverkehr wurden durch die GroKo dort leider nicht beschlossen. Daß die Coronakrise zeitweise auch die Verkehrsbelastung in der Stadt gesenkt hat, wurde von Schwarz-Rot nicht als Chance und Testmöglichkeit für ökologischere Verkehrsbewältigung begriffen. Tatsächlich mehren sich jetzt die Versuche, auch die Vergleiche mit der Deutschen Umwelthilfe zur Reduktion der Luftschadstoffe an den Essener Hotspots mittels der Corona bedingten Reduktion platzen zu lassen. | Foto: Walter Wandtke
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  • In der Messehalle 5 wurden in weiträumiger Distanz der Fraktionen viele Ratsentscheidungen gefällt. Neue, umweltgerechte Wege z.B. für den Radverkehr wurden durch die GroKo dort leider nicht beschlossen. Daß die Coronakrise zeitweise auch die Verkehrsbelastung in der Stadt gesenkt hat, wurde von Schwarz-Rot nicht als Chance und Testmöglichkeit für ökologischere Verkehrsbewältigung begriffen. Tatsächlich mehren sich jetzt die Versuche, auch die Vergleiche mit der Deutschen Umwelthilfe zur Reduktion der Luftschadstoffe an den Essener Hotspots mittels der Corona bedingten Reduktion platzen zu lassen.
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Am 28. Mai haben die Fraktionen von SPD und CDU den Vorschlag der grünen Ratsfraktion abgelehnt, insbesondere an Schulen zur Wahrung von Corona-Sicherheitsabständen temporäre Fuß- und Radwege (sogenannte „Pop-up-Fuß- und Radwege“) zu errichten. Dazu erklärt Mehrdad Mostofizadeh, Oberbürgermeisterkandidat der Essener Grünen:
„Die Halbwertzeit der Bekenntnisse von SPD und CDU zum Radentscheid war extrem kurz. Ganze drei Tage, nachdem die CDU eine scheinbare Wende ihrer radverkehrsfeindlichen Politik mit einer vermeintlichen Unterstützung des Radentscheid erklärte, haben SPD und CDU gegen temporäre Fuß- und Radwege zur Einhaltung von Corona bedingten Sicherheitsabständen gestimmt.
Während Berlin gerade weltweit Furore mit ihren Pop-up-Radwegen macht, wird von der GroKo reflexhaft alles abgewehrt, was mit einer Neuverteilung des Verkehrsraums zulasten des Autoverkehrs verbunden ist, selbst wenn dieser aufgrund des gesunkenen Verkehrsaufkommens nicht einmal ansatzweise genutzt wird.

Ungenutzte Chancen des gesunkenen Verkehrsaufkommens

Dabei ist gerade jetzt, wo immer mehr aufs Rad steigen und der Autoverkehr zurückgegangen ist, der ideale Zeitpunkt, um Erfahrungen mit neuen Radspuren zu sammeln.
Diese Entscheidung steht in einer Linie mit der vor Jahresfrist erfolgten Ablehnung der Einrichtung von Planungsstellen für den Radverkehr oder von Haushaltsmitteln zum Bau neuer Radwege oder der Errichtung diebstahlsicherer Abstellanlagen für Fahrräder. Eine Politik für das Fahrrad und eine menschengerechte Verkehrspolitik ist mit dieser Koalition ganz offensichtlich nicht zu machen.
Das halbherzige Lippenbekenntnis sollte möglicherweise den Schwung aus der Unterschriftensammlung nehmen, aber keineswegs der Einstieg in eine neue Politik sein. Wir GRÜNEN werden den Radentscheid nach Kräften unterstützen und substanzielle Akzente für eine echte Verkehrswende setzen.“

Auch die Initiator*innen des RadEntscheid Essen haben bereits am Tag nach diesem negativen Ratsbeschluß mit einer Pressemitteilung regagiert:

Politikwechsel bei CDU und SPD oder doch nur Wahlkampf?

Bürger*innenbegehren reagiert auf Unterstützungsbekundungen aus der Politik - Unterschriftensammlung nimmt Fahrt auf
Essen. Kaum zwei Wochen nachdem der RadEntscheid gestartet ist, kommt es verbal bei immer mehr Parteien zu breiter Zustimmung. Nach Grünen und Linken haben in dieser Woche auch die Mehrheitsfraktionen von CDU und SPD ihre Unterstützung für den RadEntscheid Essen verkündet. Der RadEntscheid zeigt sich verwundert und will die Unterschriftensammlung intensivieren.
Nach nur 10 Tagen Unterschriftensammlung heißt es bei der CDU „Möglicherweise können wir aber auch schon vorher beitreten [...] “. Bei der SPD spricht man von einem möglichen „Mehrheitsbeschluss im Rat“. Der RadEntscheid Essen freut sich grundsätzlich über die bekundete Unterstützung und sieht darin eine Bestätigung für den breiten Wunsch in der Stadtgesellschaft nach deutlich stärkerer Förderung des Radverkehrs. Die Entwicklungen der Woche werfen allerdings Fragen auf.

Bisher wenig ambitionierte Radverkehrspoltik der GroKo

Wer die realpolitischen Beschlüsse der Essener GROKO bis in die Gegenwart beobachtet, muss sich tatsächlich wundern. Schließlich ist das Bürger*innenbegehren RadEntscheid Essen auch durch die wenig ambitionierte Radverkehrspolitik der letzten Jahre begründet – von der Verschleppung vom Bau des Radschnellweges über die Minimallösungen bei Umweltspur und Fahrradstraßen bis hin zum Berthold-Beitz-Boulevard, der weiter ohne Radwege geplant wird, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Von Seiten des RadEntscheides zeigt man sich auch erstaunt über die plötzliche Eile in der Sache. Hatte die lokale Politik doch in der letzten Legislaturperiode genügend Möglichkeiten Entscheidungen PRO Radverkehr zu treffen, genutzt wurden sie so gut wie nie. Ein “Beitreten” oder einen vorauseilendem Ratsentscheid halten die Initiatoren daher für übereilt. Nun ist die Zeit, den Bürger*innen im Rahmen des Bürgerbegehrens die Beteiligung an der Willensbildung zu ermöglichen.
Mobilitätswende erfordert langen Atem
“Die Mobilitätswende und die Umsetzung des RadEntscheides erfordern einen langen Atem, daher sollte jetzt ein Beschluss nicht übers Knie gebrochen werden. Die Unterschriftensammlung beim Bürger*innenbegehren dient dem Ziel, den Willen der Stadtgesellschaft zu erfragen. Soviel Zeit sollte die Politik den Bürger*innen nun einräumen. Zu einem Beschluss im Stadtrat zu gegebener Zeit würden wir jetzt gerne mit den Parteien ins Gespräch kommen,” heißt es von Jonathan Knaup, einem der drei Vertretungsberechtigten. Ob es zum Entsprechungs-Entscheid in der letzten Ratssitzung des amtierenden Stadtrates oder nach der Kommunalwahl am 13.09.2020 komme, ist für den RadEntscheid eine offene Frage.
Angesichts des deutlich spürbaren Wahlkampf-Beginns und der Versuche der Vereinnahmung von Seiten der Politik wird der RadEntscheid die Unterschriftensammlung weiter intensivieren. Wer den RadEntscheid glaubwürdig unterstützen möchte, kann dies in dieser Phase am besten durch Unterschriften tun.
So heißt es von den Initiator*innen: "Wir geben allen Menschen, Verbänden und Parteien die Chance, ihre Unterstützung für den RadEntscheid aktiv zu zeigen. Um das Engagement der Menschen auch zu würdigen, rufen wir eine Challenge aus! Jetzt heißt es sammeln, sammeln, sammeln!
Alle Verbände, Vereine oder Privatpersonen, die uns 500 oder mehr Unterschriften übergeben, nehmen daran teil. Alle die Parteien, die den RadEntscheid nun offiziell unterstützen und angekündigt haben mitzusammeln, sind herzlich eingeladen mitzumachen. Damit haben sie die Möglichkeit, den RadEntscheid aktiv zu unterstützen.
Die Auswertung startet mit einer ersten Runde mit Zwischenzählung am Sa. 06.06.2020. Die Veröffentlichung erfolgt in Form einer "Würdigung der starken Sammelergebnisse" der besten Sammler*innen auf radentscheid-essen.de. Wir rufen daher alle aktiven Sammler*innen auf, uns bis zu diesem Termin bereits gesammelte Unterschriften einzusenden oder in den Sammelstellen abzugeben.

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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