Klimaanpassungskonzept der Stadt Essen
Kritik der Umweltverbände: unkonkret und unambitioniert

Das Karnaper Müllheizkraftwerk in schöner Abendspiegelung über den jetzt sauberen Wassern der Emscher. - Aber Recycling statt Verbrennen wäre natürlich trotzdem schöner! | Foto: Walter Wandtke
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Die Essener Umweltdezernetin Simone Raskop hält den "Endbericht zum Integrierten Klimafolgenanpassungskonzept für die Stadt Essen" ( Ratsdrucksache1055/2023/6 ) für einen wichtigen Schritt in Richtung besserer kommunaler Umweltpolitik.  In diesem November wird in den Ausschüssen der Stadtrats und den neun Bezirksvertretungen das über 140 Seiten umfassende Konzept für Klimaanpassungsmaßnahmen diskutiert. Tatsächlich sollte es in den Gremien und Ratsparteien nicht bloß "zur Kenntnis genommen" werden, sondern muß nach Ansicht der Umweltverbände an sehr vielen Stellen durch Maßnahmen konkretisiert werden.
Nach aktuellem Plan soll das Klimaanpassungskonzept bereits in der Stadtratssitzung am 29. November beschlossen werden. Ein Schnellverfahren für die weitreichende Thematik sehen Essener Umweltverbände wie der BUND oder "Gemeinsam für Stadtwandel e.V.", aber auch die Deutsche Umwelthilfe DUH jedoch als völlig unzureichend an. Sie fordern eine Verschiebung der Beschlussfassung, um noch fundierte Verbesserungen in das Konzept einfügen zu können .
Umweltdialog in und mit der Stadt Essen  starten
Alle interessierten Essener*innen und nicht nur die Ratsgremien sollen die Chance erhalten, in unterschiedlichen Veranstaltungen mit der Stadt in den Dialog zu kommen, welche konkreten Maßnahmen zur Klimaanpassung vorrangig sind. Den Umweltverbänden geht es auch darum, zu verdeutlichen, daß Essen sich bei Klimaanpassung nicht auf Maßnahmen beschränken darf, die jetzt und in nächster Zukunft sowieso gesetzlich vorgeschrieben sind. 

Durchgrünter, umweltfreundlicher Müllcontainer an der Nordsternstrasse in Altenessen. | Foto: Walter Wandtke
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Hier wesentliche Auszüge der Stellungsnahmen aus dem Umweltverbänden:
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat bereits kritisch zum Bereich "Fortschreibung des Luftreinhalteplanes für das Stadtgebiet Essen" Stellung bezogen. Dieser Analyse schließen sich BUND Essen und der NABU Ruhr inhaltlich an.
Fazit: "Die „Grüne Hauptstadt Europas“ verliert wieder einmal zu viele Worte für zu wenig Inhalt, erweckt einen oberflächig schönen Schein angesichts des trüben Seins".


Anlass der Fortschreibung:
Scheitern von Maßnahmen

Der gesetzlich vorgeschriebene Jahresmittelwert für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) liegt bei 40 µg/m³ und wird seit 13 Jahren beidseitig der Kruppstraße auf Höhe der A 40 unzulässig überschritten.
Der nun vorgelegte Entwurf zum Luftreinhalteplan sieht Maßnahmen vor, die im Jahr 2024 soeben noch eine Einhaltung des entsprechenden Grenzwertes ermöglichen können. Maßnahmen für 2023 waren gar nicht vorgesehen.
Als einzige von zahlreichen beschriebenen Maßnahmen kommt der geplanten Geschwindigkeitsbeschränkung auf der A 40 ein zumindest rechnerisch positver Effekt auf die Luftqualität zu, nimmt die DUH an.

Unsere  A40 - früher als Ruhrschnellweg bekannt wurde mitten durch die Stadt entlang unzähliger Mehrfamilienhäuser in Frohnhausen, Holsterhausen, Frillendort und Kray gebaut. Für Autofahrer äußerst praktisch - für die armen Mieter*innen  in ihren Wohnungen seit Jahrzehnten Grundlage für Dreck, Feinstaub und Lärm. Nebenbei auch eine Zumutung für Fahrgäste der U-Bahn, die mitten in Lärm und Dreck auf ihre Züge warten müssen. | Foto: Walter Wandtke
  • Unsere A40 - früher als Ruhrschnellweg bekannt wurde mitten durch die Stadt entlang unzähliger Mehrfamilienhäuser in Frohnhausen, Holsterhausen, Frillendort und Kray gebaut. Für Autofahrer äußerst praktisch - für die armen Mieter*innen in ihren Wohnungen seit Jahrzehnten Grundlage für Dreck, Feinstaub und Lärm. Nebenbei auch eine Zumutung für Fahrgäste der U-Bahn, die mitten in Lärm und Dreck auf ihre Züge warten müssen.
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Kein Zufall, reihen sich bei den zahlreichen anderen „Maßnahmen“ doch Absichtserklärungen, Prüfaufträge und Sachstandsanalysen aneinander. Teilweise sind dies durchaus lobenswerte Absichten und Ziele.  Es sind aber eben keine Maßnahmen und keine Gegenstände eines Luftreinhalteplanes. , Darauf weisst die DUH die Bezirksregierung in Düsseldorf immer wieder hin:
Man möge konkret und verbindlich werden und das Schwätzen lassen. Das wissen sicher auch die Bezirksregierung und Stadt Essen. Warum also wieder seitenweise Politlyrik statt klarer Worte? Essen packt es nicht!

Grenzwerteinhaltung fürs Jahr 2023 völlig außer Reichweite

Im Fazit führt die DUH aus: „Angesichts des insgesamt überschaubaren Ambitionsniveaus steht eine Grenzwerteinhaltung im Jahr 2023 endgültig außer Reichweite. … Im Sinne einer weiteren Verbesserung die Luftqualität werden die Möglichkeiten der großflächigen Anordnung von Tempo 30 sowie einer umfassenden Parkraumbewirtschaftung ausgeblendet. Auch die Pläne zum Ausbau und zur Förderung von ÖPNV und Radverkehr bleiben weit hinter denen vergleichbarer Städte zurück. Darüber hinaus lässt der Planentwurf sämtliche Maßnahmen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung … vermissen.“
Bedauerlich, dass die örtliche Presse sich zwar mit der Frage der Überschreitung der Grenzwerte intensiv befasst hat (NRZ vom 08.09.2023), nicht jedoch mit dem von der DUH bemängelten politischen Aspekt des Planes: Der in fast allen Konzepten und konzeptionellen Papieren der Stadt deutlich werdende Mangel an konfliktbehafteten Ambitionen und ehrlicher, selbstkritischer Sachdarstellung verbunden mit dem Übermaß an großen Worten und Ankündigungen.

Klare Kritik der deutschen Umwelthilfe

Highlights aus der Stellungnahme der DUH an die Bezirksregierung Düsseldorf:
 „Die Prüfung einer Maßnahme ist keine Maßnahme im Sinne eines Luftreinhalteplans.“ (zur Maßnahme E.78 Optimierung des Verkehrsflusses)"
„Eine Analyse der aktuellen Situation ist keine Maßnahme im Sinne der Luftreinhalteplanung, sondern die notwendige Grundlage für eine effektive Maßnahmenplanung.“ (zur Maßnahme E.79 Analyse der Verkehrsmenge)"
„Die wiederholte Auflistung von Analysen und Abstimmungen im Maßnahmenpaket scheint einzig und allein das Ziel zu verfolgen den Umfang des Maßnahmenpakets aufzuplustern.“ (zur Maßnahme E.81 Abstimmungsgespräche)"
„Eine Maßnahme, bei der noch nicht mal die Bewertung der verkehrlichen Machbarkeit vorgenommen wurde, stellt jedoch keine Maßnahme im Sinne einer schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung dar.“ (zur Maßnahme E.83 Verlängerung der U-Bahnlinien U 11 und U 17)"
„Warum die Einrichtung einer einzelnen P&R-Anlage jedoch eine so lange Zeit in Anspruch nehmen soll ist nicht ersichtlich. Eine Maßnahme, deren Fertigstellung erst für Ende 2025 geplant ist, stellt keine Maßnahme im Sinne einer schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung dar.“ (zur Maßnahme E.84 P & R-Anlagen)"
„Die alleinige Ausweisung einer Straße mit erheblichem Kfz-Verkehr als Fahrradstraße ohne jegliche begleitende Maßnahme um den Kfz-Verkehr zu reduzieren hat keinerlei positiven Effekt für den Radverkehr.“ (zur Maßnahme E.89 Förderung des Radverkehrs, Modal Split)

Photovoltaik braucht keine Dachflächen - es geht auch anders: Nicht die Stadt Essen, sondern ein privater Hausbesitzer in Altenessen hat hier die Chance genutzt, eine vorher kahle südliche Hauswand zur Energieerzeugung zu nutzen. | Foto: Walter Wandtke
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„Inwiefern eine Förderung von Photovoltaik-Anlagen zu einer Reduktion der NO2-Belastung führen soll, ist nicht ersichtlich.“ (zur Maßnahme E.94 Förderung der Solarenergie)"
„Diese Maßnahme erschöpft sich in einer Bestandsanalyse über bestehende Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern ohne auch nur einen Ausbaupfad zu skizzieren.“ (zur Maßnahme E.95 Photovoltaikanlagen auf stadteigenen Gebäuden)"
Wenn wir ernsthaft die Klimafolgenanpassung unserer Stadt beschleunigen und verbessern wollen, müssen wir uns jetzt die Zeit nehmen, noch ein paar Wochen länger genau und konstruktiv darüber  zu diskutieren, um wirksame hier Umweltmaßnahmen auch in zu Gang setzen und nicht bloß zu beschreiben.

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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