Kommt Aufschwung mit dem Wind?
Umfragen bestätigen: In Zeiten der Energienwende findet Windkraft den Zuspruch der Bürger - solange die Anlagen nicht in Sichtweite der eigenen Haustüre errichtet werden. Denn dann ist die Standortfrage schnell eröffnet.
Gegen das Windrad mitten auf der grünen Aue vor der Stadtteilgrenze Heidhausens regte sich Widerstand, nicht nur von Bürgern. Auch das städtische Umweltamt äußerte Bedenken: Zu groß sei der Eingriff ins Landschaftsbild, hieß es unter anderem. Doch vergebens: Für die Genehmigung auf Velberter Grund war der Kreis Mettmann zuständig, und der gab grünes Licht.
Ein Jahr später steht am anderen Ende der Stadt, diesmal auf eigenem Grund, das nächste Windrad zur Disposition - das des Müllverwerters Harmuth im Industrie- und Gewerbepark Econova. Auch das wirbelt Staub auf, vorrangig im Bezirk V (u.a. Vogelheim).
Einzelne Einwände sind bereits aus Heidhausen bekannt. „Ich möchte wissen, welche Auswirkungen eine Windkraftanlage auf Anwohner und Anlieger hat. Im Ausland gibt es Studien, die schädliche Einflüsse nahelegen“, gibt der Vorsitzende der SPD Vogelheim, Karl-Heinz Kirchner, zu bedenken. Seine Fraktion brachte in der Bezirksvertretung V ein Papier ein, das „nach möglichen Belästigungen“ für die Bürger als auch nach „Behinderungspotenziale für die Entwicklung von Gewerbegebieten“ fragt. SPD-Bezirkssprecher Theo Jansen verweist auf unvermarktete Grundstücke: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich im Abstand von zwanzig Metern Betriebe unter dem Windrad ansiedeln.“
Das Gremium unterstützte den Antrag der SPD. „Das ist schon ein Novum, Windkraft in nichtländlicher Umgebung. Da ist es nicht verkehrt, nach den Folgen zu fragen“, befindet Stefan Kutzner (CDU). Thomas Spilker (FDP) folgt dem Beschluss, allerdings bewertet er „Windkraft völlig anders“: „So ein Rad hat in einer Großstadt nichts zu suchen.“
Das Essener Bürgerbündnis und die Grünen indes stimmten gegen den Antrag. Joachim Drell (Bündnis 90/Grüne): „Ich finde die Haltung der SPD sehr merkwürdig. Wenn sich Gewerbe abschrecken lässt, dann wegen der Müllverwertungsanlage und nicht wegen des Windrads.“
Doch womöglich sind die Diskussionen über Vermarktungschancen hinfällig. Kurz nach der Sitzung kündigte die Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG) einen Neuzugang an: Die Essener Kolektor Magnet Technology GmbH hat in der Straße „Zur Halbinsel“ ein rund 22.400 Quadratmeter großes Grundstück von der RWE Power AG erworben. Entstehen sollen ein dreigeschossiger Neubau mit 1.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für Büro- und Sozialräume und eine rund 6.500 Quadratmeter große Produktionshalle. Neun Millionen will das auf „Herstellung von Magneten für Kleinmotoren, Sensoren und andere elektromechanische Komponenten“ spezialisierte Unternehmen in den Sitz für 180 Mitarbeiter stecken, Baubeginn ist im Frühjahr.
„Der Grundstücksverkauf ist der dritte binnen weniger Monate“, heißt es in der Pressemitteilung demonstrativ. Gemeint sind die Hengstenberg-Gruppe (Handel mit Kraftfahrzeugteilen) und die BTS GmbH (Service und Reparatur für Nutzfahrzeuge).
Aus Sicht der EWG ist die Windkraftanlage kein Hemmnis für die Entwicklung des Industriegebietes. Im Gegenteil: „Das Econovagelände verbindet Ökonomie und Ökologie, da kann das Windrad, neben dem Schornstein von Trimet, eine weitere Landmarke sein“, erklärt ein Mitarbeiter der EWG auf Anfrage. Die Sorgen hält er für unbegründet: In den nächsten Tagen will die Wirtschaftsförderung zwei weitere Ansiedlungen bekanntgeben.
Autor:Patrick Torma aus Essen-Nord |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.