Bahnvorstand scheitert vor Gericht
Jetzt erst recht: Solidarität mit der GDL


Morgen, 3.9., ab 14 Uhr große GDL-Kundgebung auf dem Willy-Brandt-Platz

Gerade hörte ich in den Radionachrichten, dass der Bahn-Vorstand beim Arbeitsgericht Frankfurt beantragt hat, den laufenden Streik der GDL zu verbieten. In der Nacht hatten die DB-Bosse ein Angebot gemacht, das zwar besser als alle bisherigen, aber dennoch unannehmbar ist. Es ist vor allem ein spalterisches „Angebot“, weil es beinhaltet, dass in letzter Zeit von der EVG zur GDL übergetretene Eisenbahner von einem eventuellen Tarifabschluss ausgeschlossen werden sollen. Zu Recht betont der GDL-Vorsitzende Weselsky, dass es in der GDL keine Mitglieder erster und zweiter Klasse gebe. Heute Abend hat das Arbeitsgericht Frankfurt der GDL Recht gegeben. Die Bahn geht in Berufung: Am 3.9. wird nun das Landesarbeitsgericht in Frankfurt entscheiden. Wie immer das ausgeht: Die GDL hat einen wichtigen Sieg errungen, auch dank vielfältiger Solidarität. Es ist allein schon eingroßer Erfolg, dass das unsägliche "Tarifeinheitsgesetz" zunehmend kritisiert und in Frage gestellt wird. Zum unisono in den Medien erhobenen Vorwurf, die GDL verfolge mit ihrem Streik politische Ziele, kann man nur sagen: Ja und - schließlich wurde das gewerkschftsfeindliche und undemokratische Tarifeinheitsgesetz von "der Politik" gemacht. Es ist krachend an der Kampfkraft der GDL-Gewerkschafter gescheitert und muss vom Tisch!

Unterdessen geht die Stimmungsmache in den selbsternannten Qualitätsmedien gegen die GDL und ihren Vorsitzenden unvermindert weiter, auch wenn auf offensichtlich vielfache Kritik an der Einseitigkeit und Unsachlichkeit vieler Berichte und Kommentare reagiert wurde.
Als Überschrift für eine aktuelle Umfrage hier auf Lokalkompass wurde gewählt: „Ist der Streik-Marathon der GDL gerechtfertigt?“

Allein diese Überschrift ist tendenziös und unsachlich. Von einem „Streik-Marathon“ könnte man vielleicht bei einem unbefristeten Streik sprechen – wenn man hinkende Vergleiche mag. Wir reden hier aber lediglich über den dritten befristeten Streik der GDL. Und dennoch tun alle bürgerlichen Politiker (einschließlich des Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei, Dietmar Bartsch) so, als sei dieser Streik für Deutschland „komplett unzumutbar“. Sollen in Zukunft nur noch Streiks erlaubt sein, die keine Auswirkungen haben?

Das Ganze wirft die Frage auf, wie es überhaupt um das Streikrecht in Deutschland bestellt ist. In vielen Ländern in Europa, u.a. in Frankreich und Italien hat das Streikrecht Verfassungsrang. Nicht so in Deutschland, wo ein explizites Streikrecht bewusst nicht im Grundgesetz verankert wurde. Es ist nur allgemein von einem „Koalitionsrecht“ die Rede, in dessen Rahmen den Gewerkschaften gerade mal ein sehr eingeschränktes und durch zahlreiche hemmende Rituale (Friedenspflicht, Schlichtung etc.) beschnittenes Streikrecht zugestanden wird. Und selbst das wurde noch durch zahlreiche streikfeindliche Gerichtsurteile und Gesetze (wie das „Tarifeinheitsgesetz“) weiter eingeschränkt. Politische Streiks sind ausdrücklich verboten. Dass gilt auch für selbstständige Streiks, die nicht von einer Gewerkschaft geführt werden. Sie werden als „wilde Streiks“ diffamiert und kriminalisiert.
Dieses kastrierte Streikrecht wurde nach dem II. Weltkrieg von alten Nazis in Staatsapparat und Justiz installiert. Dazu heißt es auf der Internetseite „arbeitsunrecht.de“:
„Die Grundlage zu dieser obrigkeitsstaatlichen Wende im Arbeitsrecht legte Hans Carl Nipperdey. Nipperdey war während der Nazizeit einer der Kommentatoren des Gesetzes »zur Ordnung der nationalen Arbeit« (AOG). Dieses Gesetz hatte mit einem Federstrich das gesamte kollektive Arbeitsrecht der Weimarer Republik außer Kraft gesetzt und es durch das uneingeschränkte Prinzip von »Führer« und »Gefolgschaft« ersetzt.“
Sollte der GDL-Streik tatsächlich gerichtlich verboten werden, wäre das ein neuerliches Armutszeugnis in Sachen Demokratie in diesem Land.
Die GDL-Eisenbahnerinnen und –Eisenbahner brauchen jetzt erst recht volle Solidarität. Dazu bietet sich schon morgen eine tolle Gelegenheit in Essen:

Zentrale GDL-Streikkundgebung NRW am 03.09.2021 in Essen - Eisenbahner*innen fordern Kurswechsel des DB Vorstandes
Am Freitag den 03.09.2021 ab 14:00 Uhr werden hunderte Eisenbahner*innen aller Berufsgruppen der Deutschen Bahn in Essen auf dem Willy-Brandt-Platz direkt vor dem Essener Hbf deutlich zeigen, dass diese Ungerechtigkeit und Geringschätzung abgestellt werden muss! Der DB-Vorstand muss endlich seine Blockadehaltung aufgeben!

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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