GroKo-Vertrag macht Zeitungsverlegern ein Millionengeschenk auf Kosten der Zeitungszusteller

Während und nach den Verhandlungen über den Koalitionsvertrag für eine Fortsetzung der GroKo wurde und wird in den Medien penetrant der Eindruck vermittelt, als ginge es vor allem darum, wer uns welche „sozialen Wohltaten“ angedeihen lässt. Nur wenige Tage vor Abschluss der Verhandlungen sickerte jedoch durch, dass die neue GroKo dem langgehegten Wunsch der Zeitungsverleger nachkommen will, sie bei den Sozialabgaben für Minijobber um einen dreistelligen Millionenbetrag zu „entlasten“.

So berichtete die Nachrichtenagentur dts unter Berufung auf einen Artikel im „Kölner Stadtanzeiger“ am 1.2.:
„Erwogen werde, dass die Unternehmen für Zeitungsausträger nicht mehr den Sozialversicherungssatz für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse von 31,2 Prozent zahlen müssten …Stattdessen solle der reduzierte Satz von 14,7 Prozent zur Anwendung kommen, der für haushaltsnahe Dienstleistungen wie Putzfrauen gilt.“

Mittlerweile ist der Deal perfekt. So steht im Koalitionsvertrag auf Seite 93:
„Zur Sicherung der bundesweiten Versorgung mit Presseerzeugnissen für alle Haushalte – in Stadt und Land gleichermaßen – wird bei Minijobs von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern der Beitrag zur Rentenversicherung, den die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu tragen haben, befristet für die Dauer von fünf Jahren bis zum 31. Dezember 2022, von 15 auf 5 Prozent abgesenkt.“

Dazu schreibt meine Gewerkschaft ver.di:
„Damit würden die ohnehin geringen Rentenansprüche der Betroffenen nochmals deutlich reduziert. Zudem müssten sie – sofern sie bereits rentenversicherungspflichtig waren und dies auch bleiben wollen – künftig 13,6 statt bisher 3,6 Prozent ihres Verdiensts aus eigener Tasche aufbringen. Nicht nur, dass die Zeitungszusteller noch nicht den geregelten Mindestlohn erhalten, sollen sie demnach auch noch weniger Rente bekommen und der Arbeitgeber bekommt einen Ausgleich für den Mindestlohn, den er bezahlen muss.“

Das geht auch zu Lasten der Rentenkasse, deren Einnahmeausfälle auf 50 Millionen € jährlich geschätzt werden.

Das „Argument“ der Sicherung der Versorgung mit Presseerzeugnissen ist lächerlich, hier geht einzig um die Sicherung möglichst hoher Profite der Zeitungsverleger auf Kosten der Zusteller. Dieses Beispiel sagt mehr über den tatsächlichen Charakter dieser GroKo und ihrer Politik aus, als die gesamte Medienberichterstattung, die von Lobhudelei und Schönfärberei über diesen Vertrag geprägt ist.

Dieser Vorgang, der an die „Mövenpick-Steuer“ der letzten schwarz-gelben Koalition erinnert, ist kein Einzelfall. Schon die Vorgänger-GroKo hatte den Zeitungsverlegern ein geldwertes Geschenk gemacht. So erhalten die Zeitungszusteller den vollem gesetzlichen Mindestlohn erst Ende diesen Jahres. Das ist die „Sozialpolik“, für die Nahles und Merkel stehen.

Wie speziell die Funke Mediengruppe mit ihren Zustellern umgeht, kann man hier nachlesen:
http://verdi-drupa.de/2017/05/31/rueder-umgang-bei-funke/

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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