Antisemitismus-Vorwurf als Instrument politischer Unterdrückung
Gemeinsames Kommunalpolitisches Frühstück am 12.5. zum Ratsbeschluss, die BDS-Kampagne als antisemitisch einzustufen

Am 20. März fasste der Hauptausschuss des Rates der Stadt Essen mit den Stimmen von CDU, SPD, GRÜNEN, FDP und EBB den Beschluss, keine Räume an die BDS-Bewegung (was das ist, siehe weiter unten) oder sie unterstützende Organisationen zu vergeben, weil diese antisemitisch sei. Als die katholische Friedensorganisation „Pax Christi“ diesen Beschluss kritisierte, wurde sie von Ratspolitikern und den Funke-Medien aufs Übelste verleumdet und in Verbindung mit Antisemitismus gebracht. Eine von Pax Christi geforderte Gegendarstellung lehnten die Funke-Medien ab. Am 3.4.2019 warf die Essener Gleichstellungsstelle dem Frauenverband Courage vor, antisemitisch zu sein, weil er die BDS-Kampagne unterstützt. Da diese Verleumdungskampagne neben Courage auch andere befreundete Organisationen in Essen betrifft, führen wir dieses Frühstück gemeinsam mit dem Frauenverband COURAGE, dem Internationalistischen Bündnis und dem Kreisverband Essen/Mülheim der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) durch.

Essen ist kein Einzelfall. In Leipzig stand im April ein ähnlicher Antrag auf der Tagesordnung des Stadtrates. Dazu schrieben 17 Leipziger Jüdinnen und Juden in einem offenen Brief, sie “bekommen auch den Eindruck, dass es bei diesem Antrag gar nicht um den Kampf gegen Antisemitismus geht. Es scheint vielmehr darum zu gehen, jede Form von Kritik an der israelischen Regierung als antisemitisch zu diffamieren und zum Schweigen zu bringen. Wir fordern das Recht, Kritik an unserer Regierung zu üben, auch in Deutschland, auch öffentlich. Kritik an der israelischen Regierung ist kein Judenhass.“ (junge Welt, 13.04.19)

Auf Initiative der FDP-Bundestagsfraktion soll nun auch der Bundestag einen entsprechenden Anti-BDS-Beschluss fassen, der jede Kritik an der ultrareaktionären und völkerrechtswidrigen Politik des Netanjahu-Regimes als israelfeindlich und antisemitisch verleumden soll. Dagegen gibt es eine Petition, die man hier aufrufen kann:
Petition

Wer im Glashaus sitzt ...

Worum geht es bei der Instrumentalisierung des Antisemitismus-Vorwurfs ausgerechnet durch eine immer weiter nach rechts gerückte Regierungspolitik und durch rechte Politiker aus allen bürgerlichen Parteien? Um nackte politische Unterdrückung, Rufmord und Abschaffung der Meinungsfreiheit für unliebsame Kritiker. Der Versuch, mittels der Antisemitismus-Keule ein Klima der Einschüchterung zu schaffen, ist nicht besser als die ultrarechte Politik zur Unterdrückung von Meinungsfreiheit durch Regierungen wie in Ungarn oder Polen. Mit dem Antisemiten Victor Orban konnte die EVP im Europaparlament jahrelang problemlos zusammenarbeiten.

Man muss sich im Übrigen nicht von Leuten über Antisemitismus belehren lassen, die zwar ständig das Wort Menschenrechte im Mund führen, dabei aber je nach wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen stets doppelte Standards anwenden: während man sich über das klerikal-faschistische Regime im Iran ereifert, werden mit dem klerikal-faschistischen Regime Saudi Arabiens innigste Beziehungen gepflegt.

Man muss sich schon gar nicht von Leuten des Antisemitismus bezichtigen lassen, die wie CDU oder FDP jahrzehntelang antisemitische Altnazis in ihren Reihen geduldet und das nie aufgearbeitet haben. Die, wie die CDU Essen, bis 2014 den Holocaust-Relativierer und Wehrmachts-Verherrlicher Menno Aden in ihren Reihen hatte. (Dazu möchte ich auf einen Artikel verweisen, den ich 2014 im Lokalkompass veröffentlicht hatte:
CDU und Antisemitismus

Es gibt keinen „linken Antisemitismus“!

Der mit dieser Kampagne einhergehende Versuch, einen „linken Antisemitismus“ zu konstruieren, soll davon ablenken, dass es stets rechte und faschistische bürgerliche Kreise waren, die den Antisemitismus und andere Formen des Rassismus zur Spaltung und Aufhetzung der Menschen benutzt haben, wie etwa in der ganzen Auseinandersetzung um Flucht und Migration der letzten Jahre. Es gibt keinen „linken“ Antisemitismus, denn links sein steht für Völkerfreundschaft und internationale Solidarität und schärfsten Kampf gegen jeden Rassismus.

Kommunalpolitisches Frühstück „Weg mit dem Ratsbeschluss vom März, die BDS-Bewegung als antisemitisch einzustufen“
Politische Diskussion mit gesundem Frühstück gegen Spende
Wann: Sonntag, 12. Mai, 11 bis 13 Uhr
Wo: Courage-Zentrum Essen, Goldschmidtstr. 3

Was ist BDS?
Die internationale Kampagne zu BDS (Boykott, Investitionsentzug, Sanktionen) richtet sich weder gegen das israelische Volk noch stellt sie die Existenz Israels in Frage, wie immer wieder falsch behauptet wird. Vielmehr richtet sich BDS gegen die völkerrechtswidrige Politik des israelischen Staates gegenüber den Palästinensern und fordert deshalb:
dass »Israel … die unveräußerlichen Rechte der PalästinenserInnen einschließlich des Rechts auf Selbstbestimmung anerkennt.
« Sie fordert:
1. »Beendigung der Besatzung und Kolonialisierung des 1967 besetzten arabischen Landes und Niederreißen der Mauer.
2. Anerkennung der Grundrechte der arabisch-palästinensischen BürgerInnen Israels auf vollständige Gleichberechtigung
3. Achtung, Wahrung und Unterstützung des Rechts der palästinensischen Flüchtlinge, wie in UN-Resolution 194 festgelegt, auf Rückkehr zu ihren Wohnstätten und Schadensersatz bei Verlust oder Beschädigung ihres Eigentums oder auf Entschädigung für den Fall, dass sie nicht zurückkehren wollen.« (Deutschlandweiter BDS-Aufruf, 20.06.2015)

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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