Antisemitische Pogromnacht 9. November 1938
Gedenken auch an Sinti und Roma Verfolgung in Essen
Nie wieder! - Damit Vergangenheit nicht Zukunft wird.
Wann: 9. November 2023, 15 Uhr,
Wo: Gedenktafel Schlenhofstraße/Reckhammerweg (gegenüber der Universität) in Essen
In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde in ganz Deutschland staatlicher Terror gegen jüdische Bürger und Bürgerinnen ausgeübt: Die Synagogen in Brand gesetzt, Geschäfte und Wohnungen geplündert und demoliert. Für Essen bedeutete das unter anderem die Plünderung und in Brandsetzung der Synagoge an der Steeler Strasse, der kleineren Synagoge in der Steeler Stadtmitte und des erst 6 jahre zuvor neubebauten Jüdischen Jugendheim an der Ruhrallee.
In der Zeit und den Tagen danach wurden als Opfer dieses Pogroms in Deutschland 400 Menschen ermordet bzw n den selbstmord getrieben. Essener*innen waren nicht unmittelbar unter diesen Toten. Aber rund 700 Menschen aus unserer Stadt wurden zumindest zeitweise in ein Konzentrationslager deportiert, in Gefängnisse und Lager verschleppt.
Das Antirassimus Telefon Essen beschreibt es so:
"Die Verbrechen vom 9. November 1938 waren ein Test für die Stimmungslage in Deutschland und damit der Auftakt für die millionenfache, planmäßig organisierte industrielle Ermordung von Juden und Jüdinnen, Sinti*zze und Roma*nja und vielen anderen. Anlässlich dieses denkwürdigen Datums rufen wir auf, der Vergangenheit zu Gedenken und gleichzeitig die Lehren für die Zukunft zu erneuern.
Auch in diesem Jahr möchte das Anti-Rassismus-Telefon sich an der Erinnerung und Ehrung der Opfer, die vielerorts in Essen stattfindet, beteiligen."
Mit dem Novemberprogrom vor 85 Jahren wurde insbesondere für Juden in Deutschland eine weitere Stufe der Entrechtung und unmittelbarer Lebensbedrohung gesetzt. Dieser Schwerpunkt der Erinnerungsarbeit darf uns aber nicht daran hindern, gleichzeitig an die Entrechtung und Ermordung auch anderer Minoritäten wie Sinti und Roma durch nationalsozialisten Staat, Polizei und kommunale Ämter gleichzeitig vollzogen wurde.
Nationalsozialistische Sanierung des Segeroth Arbeiterviertels
Auszug aus der Chronik der Stadt Essen vom 8. Juni 1938:
(entnommen aus - Vom Kaiserbesuch zum Euro-Gipfel; Essen 1996 )
Nach einer Besichtigung des Segeroths setzt der Oberbürgermeister ( Just Dillgard) einen Sanierungssausschuß ein, der einen Aufbauplan für den Segeroth entwickeln soll. Nationalsozialistischer O-Ton:
"Die Umsiedlung wird nicht schematisch erfolgen, so etwa, daß die Inhaber der dem Abrbruch verfallenden Wohnungen in die Neubauten eingewiesen werden; auch wirtschaftliche Gesichtspunkte aallein sind nciht ausschlaggebend. Die Stadt Essen geht hier bewußt neue Wege. Die trotz asozialer Umwelt Gesundgebliebenen, mithin gegen Großstadtverderbung in besonderem Maße Immunen sind besonders zu fördern, die für die Randsiedlungen geeigneten entsprechend anzusetzen, die nicht Besserungsfähgen und die rassisch minderwertigen abzusondern bezw. auszumerzen."
Vollständige "Beseitigung des Zigeunerviertels"
Die angekündigte Sanierung und der Bau von über 600 Wohnungen wird nur in Ansätzen realisiert, die "rassehygienische Säuberung" allerdings konsequent umgesetzt. Das "Zigeunerviertel" an der Schlenhofstr. wurde vollständig beseitigt, die ehemaligen Bewohner*innen "anderwärts in ein geschlossenes Lager" deportiert.
Manche der Sinti und Roma Familien verbrachten die verbleibenen Jahre vor der endgültigen Deportation in ein KZ-Vernichtungslager in zugewiesenen Flächen endlang der Köln-Mindener Bahnstrecke zwischen Altenessen und Stoppenberg. Dort erinnern allerdings bis heute keine Stolpersteine oder Gedenktafeln an die ehemaligen Zwangslagerplätze.
Antirassismus Telefon:
"Uns wurde bekannt, dass in Essen, Schlenhofstraße/Reckhammerweg (gegenüber der Uni-
versität) eine "Zigeuner"-Lagerstatt existiert hat. Die Stadt Essen erinnert daran mit einer Tafel, die
z.Z. durch die umstehende Bäume verunreinigt und längere Zeit kaum lesbar war.
Darum wollen wir uns an diesem Tag, an dem überall in Essen Stolpersteine und sonstige
Erinnerungsmarken durch Saubermachen wieder in die Öffentlichkeit getragen werden, der
Tafel am Reckhammerweg annehmen. Dabei wollen wir an das Schicksal der Essener Deportierten mahnend erinnern!
Wir laden alle, und besonders die Nachbar ein, mitzumachen."
Günter Blocks , Leiter des Bereichs EU-Zuwanderung im kommunalen Integrationszentrum der Stadt Essen wird zusätzlich Informationen zur aktuellen Lage von Sinti und Roma in unserer Kommune und einen kurzen geschichtlichen Rückblick ihrer Situation ergänzen. Walter Wandtke, Mitglied im Ruhrparlament und im A.R.T kann diese historischen Fakten zur Sinti/Roma-Verfolgung mit Auszügen aus einem Aufsatz von Dr. Michael Zimmermann ergänzen.
Wir treffen uns am 9. Nov. 2023 um 15 Uhr Schlenhofstraße/Reckhammerweg. Der des kommunalen Integrationszentrum
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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