Geburt einer GRÜNEN Insel im roten Meer: 30 Jahre GRÜNE im Stadtrat von Essen
Eine Grün-Alternative-Liste im rot-schwarzen Stadtrat
Vor 30 Jahren am 30. September 1984, wurden erstmals in unserer Stadt mit der Grün-Alternative Liste – kurz GAL –GRÜNE in den Stadtrat gewählt. Aus dem Stand heraus hatten sich bei der Kommunalwahl 1984 exakt 26.523 der Wahlberechtigten für diese Alternative entschieden. Das entsprach damals 8,8 %, womit die bunte Truppe der GAL überraschend stark mit 4 Ratsherren und 3 Ratsfrauen in den Ratssaal einziehen konnte.
Ein mittlerweile bereits historisches schwarz-weiß Bild zeigt die neue Fraktion am Tag der ersten Ratssitzung es sind von links nach rechts und von unten nach oben: Brigitte Polzin, Petra Hogrebe, Jürgen Völpel, Renate Kümpel, Thomas Rommelspacher, Ebbe Haberkern und Michael Kleine Möllhoff mit Federboa und im Hintergrund den langjährige Fraktionsgeschäftsführer Jochen Sander.
Im Rat ist heute eine neue politische Generation für GRÜNE aktiv. Viele der VeteranInnen arbeiten häufig an anderer Stelle für GRÜNE Ideen. Einige Personen unter diesen grün-alternativen PionierInnen dürfen stellvertretend hervorgehoben werden.
Auftritt der GRÜNEN/GAL war keine Eintagsfliege
In größter Kontinuität schauen wir da auf Joachim Drell, dessen 30 jähriges Dienstjubiläum als Geschäftsführer von GAL und GRÜNEN Kreisverband Essen wir feiern können. Im Oktober 1984 hatte er seine politische Arbeit als einer der ersten Angestellten in der GAL-Ratsfraktion begonnen. Christine Weinbörner entschied sich für einen anderen Weg, sie wechselte zur Wahl 1989 von der Fraktionsgeschäftsführung der GAL in die Position der gewählten Ratsfrau und wurde später für viele Jahre Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Krefeld.
Kommunale Eckpunkte GRÜNER Biografien
Dr. Thomas Rommelspacher, langjähriges Ratsmitglied und späterer Landtagsabgeordneter der GRÜNEN dürfte mit harten Auseinandersetzungen für weniger autolastige städtische Planungsbeschlüsse Spuren hinterlassen haben. Ratsfrau Helga Sander, im Sport- und ebenfalls im Planungsbereich tätig, wechselte später nicht ihre Überzeugung, aber die Seiten und wurde Planungsdezernentin unserer Nachbarstadt Mülheim. Ratsfrau Anke Gorres lebt weiter in Essen, ist aber hauptberuflich für Stadtentwicklungsprozesse in schwierigen Duisburger Stadtteilen wie Laar oder Marxloh aktiv. Der erste GRÜNE Oberbürgermeisterkandidat, Ratsherr Michael Kleine-Möllhoff, darf als Mitarbeiter unserer Stadtbibliothek hier kein Ratsmandat ausüben, in seinem heutigen Wohnort Duisburg ist er aber Grüner Bezirksvertreter. Ebbe Haberkern war 1984 mit seinem Jura-Examen beschäftigt, war lange Zeit Fraktionssprecher und arbeitet heute als Rechtsanwalt in Essen
Weit mehr als Umweltthemen
Die GAL von 1984 sollte nicht nur grüne Themen in die Ratsdebatten tragen, was angesichts einer noch voll arbeitenden Zeche und Kokerei Zollverein, Quecksilber gefährdeten Neubaugebieten in Bergeborbeck, den bedrohlichen Plänen zur A 44 Verlängerung oder heiß umkämpften Smog-Verordnungen schon sehr ehrgeizig war.
Wie in vielen Städten der alten Bundesrepublik sollte Frauenpolitik endlich auch kommunal ernst genommen werden. Selbsthilfeinitiativen von Arbeitslosen, freie Künstlergruppen, die Seniorenbewegung Graue Panther und ein ganzer Strauß verschiedenster alternativer Bündnisse setzen ihre Hoffnung in diese GAL.
Die GRÜNEN, die bereits seit der Bundestagswahl 1983 auf eine Bundestagsfraktion zurückgreifen konnten, waren in dieser GAL ein wichtiger Baustein.
Parlamentarisches Spielbein im Rat
Überhaupt konnte es 1984 nur bedingt um wesentlichen Einfluss auf Entscheidungen im Ratssaal gehen, sondern um Verstärkung selbstorganisierter Bürgerbewegungen. Angesichts der quasi naturbedingten absoluten SPD-Mehrheiten im Essener Rat, die seit 1956 andauerten und noch bis 1999 reichen würden, konnte die GAL-Ratsfraktion vorerst nur ein „parlamentarisches Spielbein“ sein.
Ein hoffnungsvolles Vorspiel gab es aber bereits: Zur Kommunalwahl 1979, noch vor der offiziellen Gründung eines Essener Kreisverbands der GRÜNEN und der Bundespartei, war unter tatkräftiger Initiative des auch heute noch für die Werdener GRÜNEN und als sachkundiger Bürger im Schulausschuss aktiven Udo Steinhauer eine Grüne Liste angetreten. Da sie allerdings nur in wenigen Wahlkreisen kandidiert hatte, musste sie seinerzeit mit einem Achtungserfolg von 1,6 % zufrieden sein.
In den sumpfeichengetäfelten und teilweise fensterlosen Sälen des Ratshauses, die seit 5 Jahren nur noch von SPD und CDU bevölkert wurden, gab es also im Herbst 1984 für die neue grün-alternative Fraktion viel zu tun. Vielleicht glaubte die Verwaltung deshalb auch, für die Ratsarbeit sei die GAL in einem fensterlosen Fraktionssaal am besten aufgehoben. Müde sind die GRÜNEN aber trotzdem nicht geworden, denn manches hat sich seit 1984 eben doch nicht geändert.
Walter Wandtke
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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