Berliner Mauerbau vor 60 jahren
Essener Zeitzeugen erlebten den Mauerbau vom 13. August 1961

Eher freundliche Hinterlassenschaften des Mauerbaus in Berlin zeigen diese künsterisch gestalteten  Fertigbetonteilstücke unterhalb der Kreuzeskirche neben dem Webermarkt in der Nord-City.  | Foto: Walter Wandtke
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  • Eher freundliche Hinterlassenschaften des Mauerbaus in Berlin zeigen diese künsterisch gestalteten Fertigbetonteilstücke unterhalb der Kreuzeskirche neben dem Webermarkt in der Nord-City.
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Der Jahrestag des Mauerbaus in Berlin vor 60 Jahren ist derzeit Thema vieler Rückblicke auf diese gefährlichen, wie traurigen Tage deutscher Nachkriegsgeschichte. Der 13. August 1961 war für Deutschland in Ost und West sicherlich einer der Höhepunkte des sogenannten kalten Krieges zwischen dem westlichen Nato-Militärbündnis und dem östlichen gegenstück Warschauer Pakt.
Leicht hätte 1961 mit dem Mauerbau auch ein heißer Krieg enstehen können, andere analysieren hier das gerade diese scharfe Grenze einen Krieg abgewendet hätte. Auch eine Sendung im Bürgerfunk von Radio Essen möchte mit einigen Eindrücken damals poltisch aktiver Essener Zeitzeugen aus diesen Tagen zur Erinnerung an den Mauerbau beitragen. Die Sendung wird am 9. August in der Zeit von 21.04 Uhr - 21.55 Uhr und ist auch als Neustart einer regelmäßigen Radiogeschichtswerkstatt im Bürgefunk gedacht.  
 

Plötzlich eine Mauer durch die Stadt

Im August vor 60 Jahren begann die DDR die Abriegelung der westlichen Teile Berlins von seinem Brandenburger Umland und ebenso eine Grenztrennung innerhalb der Stadt selbst. Zwischen den Stadtquartieren im sowjetisch besetzten Sektor und den Stadtvierteln, die seit Kriegsende 1945 von den Amerikanern, Franzosen und Briten besetzt waren, herrschte ab dem 13. August 1961 eine scharf bewachte Grenze. Für ganz Deutschland ein Schock.
Vielen politisch engagierten Menschen in Parteien und Gewerkschaften musste dieses im Laufe der Jahre immer monströser und undurchlässiger werdende Bauwerk als politische Bankrotterklärung der „Deutschen Demokratischen Republik“ erscheinen. Dass dort die SED, die Sozialistische Einheitspartei, trotzdem behauptete, die Mauer sei ein „antifaschistischer Schutzwall“ gegen Zerstörungs- und Sabotagemaßnahmen des Westens, glaubten nur die wenigsten.
Zusammen mit dem bereits seit 1960 geltenden Schießbefehl der DDR-Grenztruppen für unerlaubte Grenzübertritte an der gesamten innerdeutschen Grenze hatte diese Sperranlagen allein in Berlin bis zum sogenannten Mauerfall am 9. November 1989 zwischen 136 , einzelne Quellen vermuten sogar 245 Tote zur Folge. Die genaue Opferzahl ist bis heute umstritten.

Essener Mahnung für Berlin

Schon vor dem Mauerbau 1961 waren auf Empfehlung eines Regierungsprogramms in vielen Städten der Bundesrepublik jede Menge Bärendenkmäler gegen die Teilung Berlins errichtet worden.
Die heute die Arbeitsagentur neben dem Berliner Platz schmückende Bärenskulptur, wurde bereits 1959 im Auftrag der Stadt Essen vom Bildhauer Herbert Lungwitz als Mahnung an das geteilte Deutschland geschaffen. Stadtplanerisch völlig neu als riesiger Verkehrsknotenpunkt gebaut, wurde 1964 der „Berliner Platz“ eingeweiht. Unter Anwesenheit von als 18000 Menschen und des regierenden Bürgermeisters von Berlin, zu dieser zeit Willy Brand, verfolgten die Eröffnung des seinerzeit wie heute noch riesigen Verkehrsknotenpunkts. Zur Einweihung des Berliner Platzes war die Bärenskulptur vom Grugapark in die nördliche Stadtmitte umgesiedelt worden - nachdem sie zwischenzeitlich allerdings auch viele Jahre unbeachtete ihre Existenz auf einem städtischen Bauhof fristete.
Vor der Arbeitsagentur heißt es seitdem für alle Arbeitslosen und sonstigen Klienten gut sichtbar in Stein gemeißelt am Sockel der Bärenskulptur : „Denk an Berlin !“
Nun ist das geteilte Berlin ja bereits seit 3 Jahrzehnten Geschichte. Aber tatsächlich werden im Berliner Reichstag noch immer die Leistungen und Leistungseinschränkungen für Arbeitslose festgelegt.
Unterhalb der Nordseite der Kreuzeskirche am Webermarkt können wir sogar 2 Original Berliner Mauerstücke bewundern -gestaltet von den Künstlern Thierry Noir und Heinz J. Kuzdas.

Radiosendung zum Mauerbau

In einigen ausgewählten nachfolgenden Archiv-Interviews mit den schon länger verstorbenen Essener Zeitzeugen Dr. Ernst Schmidt und Rudi Neumann geht es aber um Eindrücke zur unmittelbaren Vorgeschichte des Mauerbaus, wie auch die Lage in Berlin nach dieser Grenzabschottung.
Stark verknüpft mit dem geteilten Berlin sind ebenfalls nicht wenige Künstlerbiographien. Trotz aller Gefahren gab es vor und nach dem Mauerbau viele Grenzgänger zwischen Ost und West. Ein später recht berühmter Künstler war 1953 als Kind einer kommunistischen wie jüdischen Familie von Hamburg aus in die DDR gezogen. Der 1936 geborene Wolf Biermann, in seiner Jugend sicherlich gläubiger Kommunist, später jahrzehntelang ein systemkritischer Kommunist, würd diese Bezeichnung heute auf jeden Fall ablehnen und bekennt sich eher zu Angela Merkel und Olaf Scholz.
Insbesondere in den sechziger und siebziger Jahren allerdings hatte Biermann sich als Liedermacher, Lyriker sarkastisch wie auch poetisch mit dem bürokratischen DDR-Realsozialismus angelegt. Mitte der siebziger Jahre durfte Biermann nach langen Jahren von Auftrittsverboten innerhalb der DDR, endlich die Einladung zu einer von der IG Metall organisierten Konzertreise durch Westdeutschland annehmen.
Im Einstiegsevent vor dem riesigen Auditorium einer Kölner Veranstaltungshalle, das vom Westdeutschen Rundfunk für eine Fernsehausstrahlung mitgeschnitten und wenige Tage später auch in der ARD gesendet wurde, stellte Wolfgang Biermann poetisch, frech und sarkastisch seine Utopie einer demokratischen, wie sozialistischen DDR vor.
Dieser legendäre Fernsehabend löste fast unmittelbar – aber vielleicht auch heimlich vorbereitet, Kettenreaktionen einer reformunfähigen-, wie unwilligen Funktionärskaste aus. Da er versucht habe, die DDR zu beleidigen und lächerlich zu machen, wurde Biermann wurde kurzerhand ausgebürgert. Die von ihm gewollte Rückkehr in DDR wurde unmöglich.
Viele weitere prominente Künstler und Künstlerinnen innerhalb der DDR solidarisierten sich allerdings mit Biermann. Es entstanden öffentliche verbreitete Unterschriftenaktionen für seine Rückkehr, die leider erfolglos blieben. Statt demokratischer Reformen und Freiheiten entstand über Jahre hinweg ein Exodus kritischer DDR-Künstler und Künstlerinnen nach Westdeutschland und andere Länder. Hier war die DDR trotz sonstiger strikter Ausreisebeschränkungen froh, sie per scheinbar freiwilliger Ausreise, doch eigentlich per Ausbürgerung loswerden zu können. Das alles löste auch in esen insbesondere in politisch links engagierte Gruppen und innerhalb der höheren Klassen essener Schulen lang andauernde heftige Diskkussionen aus.
Ein kleiner Liveausschnitt des Kölner Biermann Konzerts, das 1976 zu seiner Ausbürgerung geführt hatte, macht diese Athmoshäre hoffentlich nachvollziehbar.
Auch der legendäre Franz Josef Degenhardt kommt zu Wort, der z.B. viele Chansons des berühmten Franzosen George Brassens ins Deutsche übertragen hatte. Jahre zuvor hatte Degenhardt bereits mit Songs wie "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern" für die BRD dieser Zeit neue Türen aufgestoßen. Als politischer Liedermacher war er sicherlich ein Gegenpol zu Wolf Biermann, Degenhardt verteidigte Mauerbau und DDR-Politik weitgehend.
Machen sie sich also selbst ein Hörbild zum Berliner Mauerbau:  Montagabend , 9. August 21 - 22 Uhr - Bürgerfunk im Lokalradio von Radio Essen, Ukw 102.2 -oder 105 oder über die Webseite www.radioessen.de

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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