Essener Norden: Kinderarzt weiter im Wartestand
Die Suche nach einem weiteren Kinderarzt im unterversorgten Bezirk V hält an. Dabei steht ein Bewerber parat, der sich allerdings nicht in der geplanten Frühförderstelle im alten Karstadt Rat & Tat-Gebäude am Palmbuschweg, sondern in einer Praxisgemeinschaft niederlassen möchte.
Ohnehin stehen die Sterne für die Frühförderstelle Palmbuschweg ungünstig. Der nötige Umbau fällt teurer aus als gedacht. „Für den Eigentümer lohnen sich die Baumaßnahmen nicht“, berichtet Karlheinz Endruschat, SPD-Ratsherr und Aussichtsratvorsitzender der Jugendhilfe gGmbH. Und das Gesundheitsunternehmen Contilia, der starke Partner im Boot, halte bereits Ausschau nach neuen Standorten. Selbst wenn wider Erwarten der Durchbruch gelänge: „Kinderärzte im Palmbuschweg - das wird nicht funktionieren“, glaubt Endruschat.
Der Lichtblick: Ein „junger Kollege“ möchte sich einer bestehenden Praxis in Altenessen anschließen, eine entsprechende Bewerbung liegt vor. „Er könnte zunächst meine Räume mitnutzen. Ich wäre auch bereit, einen leeren Raum im Haus anzukaufen und an den Kollegen weiterzuvermieten“, bestätigt der Mediziner mit der betreffenden Praxis, der aber, solange das Verfahren nicht offiziell abgeschlossen ist, seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Dieses Verfahren, es ziehe sich schon „eine Weile“ hin, weiß der aufnahmebereite Arzt. Karlheinz Endruschat erhebt nun schwere Vorwürfe: „Der Antrag wird offensichtlich von der Kassenärztlichen Vereinigung zurückgehalten.“
Mediziner - da beruft sich der Ratsherr auf Insiderwissen - würden die neue Konkurrenz fürchten. Er beklagt die Doppelmoral in diesem Fall: „Das ist mehr als unverständlich, denn gleichzeitig klagen diese Ärzte über Überlastung. Und die Kassenärztliche Vereinigung betont immer, dass sie um eine zufriedenstellende Lösung für den Essener Norden bemüht ist .“
Dies sei man in Düsseldorf auch weiterhin. Angesprochen auf die Vorwürfe entgegnet Karin Hamacher von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO): „Ich glaube, dass man sehr wohl jetzt abwägt, wie man diese Situation lösen kann.“
Aufgabe der KVNO sei es, dem Zulassungsausschuss eine Empfehlung auszusprechen. „Allerdings sind wir im Moment sehr vorsichtig mit offiziellen Verlautbarungen - schließlich haben sich in der Vergangenheit einige vielversprechende Lösungen zerschlagen.“
Die Pressereferentin verweist auf die Komplexität des Verfahrens. Es gehe, nicht mehr und nicht weniger, um die Genehmigung einer Sonderzulassung. Sie erinnert an die Crux des Sachverhalts: Über das gesamte Stadtgebiet betrachtet, ist Essen mit Kinderärzten überversorgt. Ein weiteres Problem: Der KVNO liegen zwei Anträge vor. Der des „jungen Kollegen“, der sich der Praxisgemeinschaft anschließen möchte, und der hinsichtlich einer Besetzung in der möglichen Frühförderstelle im Palmbuschweg. Dort sind die Pläne zwar kurz davor, in der Schublade zu verschwinden - aber eben nur kurz davor. Weshalb das Projekt bei der Kassenärztlichen Vereinigung offiziell noch auf dem Schreibtisch liegt.
Ob der Weg für eine Lösung in vier Wochen frei ist? Dann könnte, deutet Hamacher entgegen aller Vorsicht an, der Zulassungsausschuss zu einem Ergebnis gekommen sein.
Kommentar:
Mittlerweile fällt es uns schwer, Ihnen, liebe Lokalkompass-User, zu verklickern, warum es in der Kinderarztsuche hakt. Immer wieder tun sich bürokratische Fallstricke auf, die im letzten Moment sicher geglaubte Lösungen ins Stolpern bringen. Letztlich ist es der Mutter mit den kleinen Kindern aber egal, an welchen Paragrafen und Prozessen die Suche scheitert. Sie sieht nur den überfüllten Warteraum. Den Schaden haben in diesem Fall die Protagonisten in dieser Suche, weil sie zunehmend unglaubwürdig erscheinen - ob ungerechtfertig oder nicht. Sollte sich aber der Verdacht eines Ratsherren bewahrheiten: Das wäre tatsächlich ein Skandal.
Autor:Patrick Torma aus Essen-Nord |
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