Essen stellte sich quer gegen rechtsradikale Reisedemonstranten von Pro NRW - An Rahmstrasse und Graitengraben behielten Demokraten die Mehrheit

Gemeinsam gegen die rechtsradikale Pro-NRW Demo: SPD-Ratsfrau Karla Brennecke-Roos mit anderen Kollegen ihrer Partei am Graitengraben
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Eine humane Flüchtlingspolitik in Essen, mit menschenwürdiger Unterbringung für einzelne Personen wie auch Flüchtlingsfamilien muss weiterhin Aufgabe der Essener Stadtpolitik sein. So könnte man mit einem knappen Satz die Hauptaussage einer Kundgebung zusammenfassen, zu der das überparteiliche Bündnis "Essen stellt sich quer“ am Nachmittag des 1. Mai aufgerufen hatte.


Pro NRW - die Minikreuzzügler gegen eingebildete Islamisierung


Unerfreulicher Anlaß war wieder einmal eine Aktion der rechtsradikalen pro-NRW Splitterpartei. Die möchte mit braunlastigen Parolen für ein christliches Abendland gegen die angebliche Islamisierung Deutschlands im aktuellen Kommunal- und Europawahlkampf Stimmung machen.
Mit den Passagieren zweier kleiner Reisebusse hatte pro-NRW dabei auch auf der Rahmstrasse halt gemacht, unweit des geplanten Standorts für ein möglicherweise dort zu bauendes Flüchtlingsheim. Bei der deutlich verspäteten Ankunft waren deren Parteigänger mit vielen schwarz-rot-goldenen Fahnen und einem großen Prozessionskreuz gewabnet. Pro-NRW war zudem mit einer guten Überzahl von Gegendemonstranten konfrontiert. Der überschaubar kleinen islamophoben und flüchtlingsfeindlichen Schar standen gut dreihundert Menschen aus Essen gegenüber. Mit Redebeiträgen, Musik und Sprechchören auf der Altenessenerseite der Rahmstrasse waren die schon lange die ankommenden rechten Polittouristen vorbereitet.


Demokraten gegen pro-NRW - es stand 10: 1


Obwohl eigentlich bei bestem Sonnenschein das traditionsreiche internationale Fest auf der Zeche Carl lockte, war am nachmittag des 1. Mai 2014 seit 14.00 Uhr auch and er Rahmstrasse eine breite Front gegen Rechts auf die Straße gegangen.
Hier eine kurze, nicht vollständige Liste, zumindest der Beteiligten, die dort Redebeiträge hielten: Max Adelmann. als verantwortlicher Anmelder der Kundgebung von "Essen stellt sich quer"; Walter Wandtke, Altenessener Ratsherr der GRÜNEN; Michael Zühlke, Bezirksbürgermeister für das zum Stadtbezirk Zollverein gehörende Stoppenberg; Axel Rademacher, evangelischer Pfarrer der Gemeinde Altenessen/Karnap; Jürgen Beese für das "Bündnis Altenessen nazifrei"; Oliver Kann für die Essener Jungsozialisten; Wolfgang Freye, Ratsherr der Linken; Susanne Keil für den Frauenverband Courage; Gabrielle Giudi für das Anti-Rassismus-Telefon; Dietrich Keil als Ratsherr des Wählergemeinschaft AUF, später u.a. der Rechtsanwalt Roland Meister und Alice Czyborra von der VVN-BdA ( Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten).
Da es sonst den Rahmen eines Artikels sprengen würde, wird hier nur einer der Beiträge dokumentiert:

Wut im Bauch gegen die Pro-NRW Krawallmacher

Liebe Freunde, Kollegen und sonstige Mitstreiter!
Ich freue mich, dass ich als Altenessener Ratsherr der Grünen hier bei unserer Kundgebung einen kleinen Beitrag leisten kann dafür, dass Essen – hoffentlich - zukünftig ein bisschen freundlicher mit seinen Flüchtlingen umgeht als in der Vergangenheit.
Im Gegensatz zu den Verlautbarungen von pro-NRW, die sich besonders die Grünen zum Feindbild erkoren haben, stehen wir zum Glück ja nicht allein mit der Ehre, gegen die Islamhasser und Flüchtlingsfeinde von pro-NRW auf die Strasse zu gehen. – dass evangelische Kirchengemeinde, Pro Asyl und Antirassimus Telefon und Antifa-Gruppen auf dieser Strassenseite, versteht sich ja fast von selbst.
Besonders freut mich aber, hier insbesondere Kollegen von SPD, der Linken, der Wählergemeinschaft Auf und der DKP zu sehen, die an anderer Stelle in harter Konkurrenz um Wählerstimmen kämpfen.


Nur Bürgermut stoppt Rechtsradikalenflut


Die von sonst woher angekarrten pro-NRW Anhänger auf der anderen Straßenseite sollten wir nicht zu wichtig nehmen. Sie sind der Mühe nicht wert und veranstalten ihren rechten Zauber schnell wieder in einer anderen Stadt. Wenn diese Pro-Partei sich von der NPD schon den Wahlspruch klaut und gleichlautend „soziale Heimatpartei“ nennt und in NPD-Manier mit Parolen „Wut im Bauch - laß es Raus“ oder „Bürgermut stoppt Asylantenflut“ auf Stimmenfang geht, hat sie es allerdings verdient, auch wie die NPD behandelt zu werden.
„Lichterketten gegen vermeintlichen Asylmissbrauch und Überfremdung“ will Pro NRW anzünden – da kann vielleicht erfrischender Mairegen gegen diese überhitzte, verschwitzte angebräunte Gedankenwelt helfen.
Frau Öllig, die Essener Vorsitzende dieses Pro-Vereins behauptet trotzdem, es gebe derzeit eine „stigmatisierende Hetzkampagne gegen ihre Partei“, sie sei in einer „betont Grundgesetz konformen Partei.!“ Zum Glück aber liegt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht in einer Form parat, die passend für rechts-extreme Parteien wie pro-NRW oder die NPD wäre. Das muss auch so bleiben.


Die Islamhasser mit der getrübten Realitätswahrnehmung


Viele aus dieser angeranzten pro-NRW-Schar wissen wahrscheinlich nicht einmal, dass sie hier einige hundert Meter vor einer völlig leeren Fläche aufmarschieren, auf der es keinen einzigen Asylbewerber und keinen Flüchtling gibt. Es gibt sicherlich auch unter uns niemanden, der jetzt wissen könnte, aus welchen Motiven oder Ländern Menschen in einem Jahr dort eine vielleicht dann gebaute Flüchtlingsunterkunft bewohnen könnten.
Nur die von Stadt zu Stadt umherziehenden Demonstranten von pro-NRW scheinen die Gründe bestens zu kennen. Gerade deshalb wollen wir mit unserer Kundgebung, die sich nicht bloß als Gegenkundgebung versteht, beweisen, dass die meisten Essener sich eben nicht weismachen lassen, die zunehmenden Flüchtlingszahlen bestünden hauptsächlich aus sogenannten „Sozialschmarotzern“, die nicht arbeiten wollen, sondern nur billig in unser „Sozialsystem“ einwandern würden.

Das Leben als Flüchtling in Essen ist nicht schön.

Sicherlich ist es wohl besser, in heilen Klassenzimmern alter Ruhrgebietsschulen regelmäßige Mahlzeiten zu erhalten, als in ungeheizten Baracken mazedonischer Armutsghettos zu hausen und erst recht als in bombengefährdeten Großstädten Syriens notdürftig zu überleben oder eben doch zu sterben. Darf es aber wirklich einen Unterschied für uns machen, ob jemand z.B. durch das erzwungene Leben auf einer Müllkippe und die entsprechenden Krankheiten stirbt, oder durch einen regelrechten Bürgerkrieg? Mindestens in Europa ist Deutschlands vordergründig erfolgreiche Wirtschaftspolitik auch mitschuldig am Elend in bestimmten Staaten – wir tun nicht zuviel gegen das Elend sondern zuwenig.


Fehlentscheidungen von Großunternehmen machen die Stadt arm - nicht die Flüchtlinge


Ein ganz klein wenig dieses Elends trifft jetzt auch in unserer Stadt ein und kostet Geld und Investitionen, die wir künftig für humanere Flüchtlingsunterbringung aufbringen müssen. Angesichts kurzfristiger Entscheidungen von Großunternehmen wie RWE oder EON, die Essen mit einem Federstrich mehrstellige Millionensummen kosten oder einbringen können, bleiben die Kosten für Flüchtlingsunterkünfte und Betreuung trotz Millionen höhe aber tatsächlich Peanuts.
Das Milliarden-Euro tiefe Haushaltsloch in Essen verringert sich kein bisschen, wenn wir Flüchtlinge, die zu uns kommen schlecht behandeln und statt der ihnen zustehenden Gelder zur Selbstversorgung nur noch Essenspakete anbieten.
Bisher werden die meisten Flüchtlinge in dieser Stadt recht wahllos in den Klassenzimmern der nächstbesten leergezogenen Schule unterbracht – im kommenden Winter entgegen bisheriger Versprechen und Ratsbeschlüssen vielleicht sogar wieder in Turnhallen.

Neubaukonzept der Stadtverwaltung ist human und langfristig preisgünstig

Dagegen hatte eine Arbeitsgruppe der Stadtverwaltung ein Neubaukonzept entwickelt, das sich längerfristig sogar billiger rechnet, als Anmietung oder Kauf schnell verwohnter Container oder die Aufrechterhaltung schlechter alter Schulgebäude, die besser anderweitig vermarktet werden könnten.
Das dahintersteckende Konzept war großartig nachhaltig:
Essen legt ein Bauprogramm zur Flüchtlingsunterbringung auf, das mit modernen Baustandarts etliche Energiekosten einspart. – Und sollte, was wir uns alle wünschen – aber leider nicht sehr wahrscheinlich ist – der Bedarf für Flüchtlingsunterkünfte wieder zurückgehen, können wir solche Wohnungen für andere bedürftige Gruppen in der Stadt nutzen. Leider kam dieses Flüchtlingskonzept doch zu nah vor dem Kommunalwahltermin in die Ratstagesordnung. – Da mussten sich allzuviele Ratskollegen damit profilieren, dass soviel Geld natürlich nicht für Flüchtlinge ausgegeben werden dürfte.

Pro-NRW Demo - ein sozialer Brennpunkt des Unsinns

Der kleine Rückblick sollte illustrieren, warum die pro-NRW-Truppen hier am Graitengraben mehrfach ärgerlichen Unsinn treiben. O-Ton Frau Öllig: „An Brennpunkten des Asylmißbrauchs sollten 2 Standkundgebungen“ stattfinden. Die Pro-Truppe wünscht sich wahrscheinlich sehnlich zumindest einen Menschen herbei, den sie des Asylmißbrauchs überführen könnte. Tatsächlich betreibt sie selbst Mißbrauch mit einen leeren Platz, den sie für ihren Stimmenfang ausbeuten will.


Der Bau eines Flüchtlingsheims und der Abstieg eines Stadtteils sind verschiedene Paar Schuhe


Leider hat diese Truppe in einem Punkt ihrer weitgehend falschen Pressemitteilungen recht. Es gibt eine gewisse Unterstützung von Anwohnern für das Ziel, am Graitengraben kein Flüchtlingsheim zu dulden.
Mehr als tausend Unterschriften sind für diesem Zweck gesammelt worden, unter anderem mit der Begründung, das Viertel sei ja schon als Standort einer Förderschule erheblich belastet, wenn jetzt ein Flüchtlingsheim dazu komme sinke der Wert nahegelegener Immobilien. Zur Ehrenrettung muss allerdings auch gesagt werden – Altenessen und Stoppenberg sind kein Dorf und tausend Unterschriften bilden noch lange keine Mehrheit im Stadtteil.


Bürgerlich-konservatives Wahlbündnis auf gefährlichen Abwegen


Besonders peinlich bleibt allerdings, dass ein wesentlicher Förderer dieser unerquicklichen Unterschriftenaktion gar kein klassischer Rechtsausleger ist, sondern ein Herr Andreas Walter. Seines Zeichens örtlicher Ratskandidat des klein- bis großbürgerlich-konservativen Essener Bürgerbündnisses EBB und Schulpflegschaftsvorsitzender des Altenessener Leibniz-Gymnasiums,
Wenn es um scheinbar ergiebigen Wählerfang auf Kosten von Flüchtlingen geht, kennen manche wohlsituierten Kreise augenscheinlich keine Grenzen mehr.
Ich danke euch für das Interesse und hoffe für die Flüchtlinge, die vielleicht in absehbarer hier doch ein zeitweiliges Zuhause finden, dass die Stimmung im Stadtteil dann nicht von Parteigängern von pro-NRW oder anderen rechten Gruppen bestimmt wird– daran werden wir mit langem Atem mitwirken müssen.

Walter Wandtke, Altenessen, 1. Mai 2014

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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