Essen: Kordfelder oder Paß - wer "kann" Oberbürgermeister?

Dr. Angelika Kordfelder Foto: Janz

Wer tritt für die SPD zur Oberbürgermeisterwahl an? Diese Frage beschäftigt derzeit die Essener Genossen. Amtsinhaber Reinhard Paß hat zumindest bei seinem eigenen Parteivorstand nach nur einer Amtszeit keine guten Karten mehr. Denn der hat ihm eine Gegenkandidatin präsentiert: Dr. Angelika Kordfelder. Sie stellt sich dem Lokalkompass-Interview.

Da Noch-OB Reinhard Paß sich nicht schon im vergangenen Kommunalwahljahr zur OB-Wahl gestellt hat, dürfen die Essener jetzt am 13. September erneut an die Urnen. Dieser zusätzliche Wahlgang wird die „Pleitestadt“ mindestens 400.000 Euro kosten. Bis zum 26. Januar müssen die 4.200 SPD Essen-Mitglieder per Brief entscheiden, wen ihre Partei ins OB-Wahl-Rennen schicken soll. Angelika Kordfelder sieht dieses Verfahren sehr positiv: „So können alle SPD-Mitglieder entscheiden. Das nenne ich demokratische Mitbestimmung.“ Die beiden Kandidaten präsentierten sich bis dahin den „Genossen“ bei Diskussionen während parteiinterner Regionalkonferenzen.
Zum Interview: Bei einigen Fragen haben wir Dr. Kordfelder die Antwortmöglichkeiten a), b) und c) angeboten, die sie aber nicht nutzen musste. Unter d) konnte sie natürlich auch eine eigene Antwort formulieren.

Wenn man mit Beschluss des Parteivorstands zur Kandidatur gegen Reinhard Paß aufgefordert wird, nachdem NRW-Justizminister Kutschaty und Kulturhauptstadt-Macher Scheytt dankend abgewunken haben, ist man…
a) die Rettung.
b) die Notlösung.
c) die Quotenfrau.
d) …

Kordfelder: ... ist man mutig genug, um die erste hauptamtliche Oberbürgermeisterin der Stadt Essen zu werden.

Wie sind die Regionalkonferenzen, auf denen Sie und Reinhard Paß sich den SPD-Mitgliedern als Kandidaten präsentiert haben, aus Ihrer Sicht gelaufen?
Es ist auch für mich eine neue Herausforderung, nach dem ich konservative Wählerschaften erfolgreich für mich überzeugt habe, nun die eigene Partei von meiner Person in einem solchen Auswahlverfahren überzeugen zu müssen. Die positiven Rückmeldungen zeigen mir aber, dass sowohl Verfahren als auch meine Kandidatur gut ankommen.

Eine Stadt mit locker drei Mrd. Euro Schulden, sinkender Einwohnerzahl und den reviertypischen Problemfeldern wie z.B. Arbeitslosigkeit, Flüchtlingsansturm, Süd-Nord-Gefälle und dazu noch eine große Koalition mit der CDU im Rat: Was reizt Sie daran, Essener Oberbürgermeisterin zu werden?
Gegenfrage: Ich bin leidenschaftliche Sozialdemokratin und möchte die Lebensverhältnisse der Menschen verbessern. Wie könnte es dann kein Anreiz für mich sein, die zunehmende soziale Spaltung meiner Heimatstadt lösen zu wollen und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern ein familienfreundliches und weltoffenes Klima in unserer Stadt zu entwickeln? Die Haushaltssituation der Stadt Essen sehe ich dabei als Herausforderung, der sich derzeit ja viele bundesdeutsche Kommunen stellen müssen.

Sie sind hauptamtliche Bürgermeisterin von Rheine. Wie nahe dran sind Sie an den Themen der Stadt, die die Essener Bürger bewegen?
Strukturell sind die Themen vergleichbar, hier ist natürlich die Dimension größer. Aber 50 Jahre habe ich in Essen gelebt und gearbeitet und das Münsterland liegt nicht am anderen Ende der Welt. Natürlich habe ich auch in den letzten zehn Jahren die Entwicklung meiner Heimatstadt weiter verfolgt. Und eben weil ich dies intensiv verfolgt habe, will ich nun Oberbürgermeisterin werden, um in diese Entwicklung einzugreifen und Essens Zukunft im positiven Sinne zu gestalten.

Was ist – auch unter der Regie von OB Paß – in Essen bisher falsch gelaufen? Was würden Sie sofort ändern?
Essen hat ungeheure Potentiale, Potentiale, die bislang nicht ausgeschöpft wurden. Hier geht es im Wesentlichen um die 3 K’s: Kommunikation, Kooperation und Koordination. Und das ist eine „Chefsache“, die es zu optimieren gilt. Sofort lassen sich die zahlreichen Probleme nicht ändern, dafür braucht man teilweise einen längeren Atem. Aber was ich von heute auf morgen einführen werde, sind wöchentliche Bürgersprechstunden. Denn nur wenn ich weiß, wo den Essenerinnen und Essenern der Schuh drückt, kann ich unsere Heimatstadt in ihrem Sinne gestalten. Und ich werde den monatlichen „Sonntagsspaziergang im Quartier“ einführen, bei dem mich die Menschen begleiten und mit mir sprechen können.

Bitte beginnen Sie diesen Satz: … und deswegen wäre ich die bessere OB für Essen.
Im Gegensatz zu meinem parteiinternen Mitbewerber und dem konservativen Herausforderer stehe ich tatsächlich für einen politischen Neuanfang im Rathaus. Essen braucht zudem sozialdemokratische Leidenschaft gepaart mit mehr weiblicher Intelligenz und Empathie und deshalb wäre ich die bessere Oberbürgermeisterin für Essen.

Wenn Reinhard Paß das Rennen macht, …
a) bleibe ich eben Bürgermeisterin in Rheine.
b) bewerbe ich mich sofort auf die dann frei werdende Position als Essener SPD-Vorsitzende.
c) kann sich CDU-Kandidat Thomas Kufen schon einmal freuen.
d) …

Kordfelder: Wenn Reinhard Paß das Rennen macht, gratuliere ich ihm und erwarte von meiner Partei die volle Unterstützung im Wahlkampf.

Wenn sich nicht genügend Essener Genossen am Mitgliederentscheid zur OB-Kandidatur beteiligen, …
a) ist das bereits ein Hinweis auf die Wahlbeteilung am 13. September.
b) sieht man, wie nahe der Parteivorstand der Basis wirklich ist.
c) macht Britta Altenkamp den Job selbst.
d) …

Kordfelder: Wenn sich nicht genügend Essener Genossen am Mitgliederentscheid zur OB-Kandidatur beteiligen, treffen die Vertreter der Ortsvereine die Entscheidung. Allerdings glaube ich fest daran, dass das Quorum bei weitem erfüllt wird.

Zur Person:

Dr. Angelika Kordfelder hat gerade den 60. Geburtstag gefeiert und ist verwitwete Mutter einer erwachsenen Tochter (32). Die zweifach diplomierte Sozialarbeiterin und Erziehungswissenschaftlerin, deren Mutter in Essen wohnt, ist seit 1989 SPD-Mitglied. Seit 2004 regiert sie als hauptamtliche Bürgermeisterin in Rheine und steht hier u.a. der Verwaltung und den städtischen Beteiligungsgesellschaften vor - sie macht also bereits einen OB-Job. Die gebürtige Essenerin gehörte von 1994 bis 2004 dem Rat der Stadt Essen an, zuletzt als stellv. Vorsitzende der SPD-Fraktion mit den Schwerpunkten Kultur und Finanzen.

Autor:

Detlef Leweux aus Essen-Steele

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

43 folgen diesem Profil

2 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.