Altenessener Bergwerksunglück vom 26. Juni 1942
Eingeschränkte Erinnungsarbeit: Zeche Fritz Heinrich - 45 Bergleute starben bei Schlagwetterexplosion

Am 80. Jahrestag der fürchterlichen Bergwerkskatastrophe vom 26. Juni 1942 hatten die Grünen im essener Norden auf dem Gräberfeld ein Sonnenblumengesteck für die 45 getöteten Bergleute am Sockel der gestohlenen Trauerskultur niedergelegt. Diese vergängliche Erinnerung kann aber sicherlich kein Ersatz für eine dauerhaft dort sichtbare künstlerische Arbeit sein. | Foto: Walter Wandtke
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  • Am 80. Jahrestag der fürchterlichen Bergwerkskatastrophe vom 26. Juni 1942 hatten die Grünen im essener Norden auf dem Gräberfeld ein Sonnenblumengesteck für die 45 getöteten Bergleute am Sockel der gestohlenen Trauerskultur niedergelegt. Diese vergängliche Erinnerung kann aber sicherlich kein Ersatz für eine dauerhaft dort sichtbare künstlerische Arbeit sein.
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Am 23. Juni 1942 wurden auf der Schachtanlage Fritz-Heinrich in Altenessen nach einem Gebirgsschlag große Mengen Grubengas freigesetzt, die sich während der Erprobung einer neuen Kohlegewinnungsmaschine über eine defekte elektrische Sicherungsanlage entzündeten. Diese Katastrophe tötete 45 Menschen, die untertage in den Bergwerksschächten an der Hesslerstrasse arbeiteten.
Für ihre Gräber wurde auf dem Nordfriedhof Altenessen eine gesonderte, bis heute gepflegte Grabanlage eingerichtet, die zu Beginn der fünfziger Jahre mit einer Bergmannskulptur hervorgehoben wurde, die als Trauersymbol eine gelöschte Grubenlampe trägt.

Leider wurde diese über 2, 5 m hohe, trauernde Bergmannplastik vor etwas über einem Jahr gestohlen. Weder wurden bis jetzt die Täter gefasst, noch konnte die Bronzeskulptur wieder ausfindig gemacht werden. Wir müssen wohl befürchten, dass sie längst zum Materialwert eingeschmolzen wurde. Ein Ersatz ist bis heute nicht in Sicht.

Abgelehnte Erinnerungsarbeit der Altenessener Bergwerkskatastrophe

Vor einigen Monaten brachten deshalb die Grünen in der Bezirksvertretung 5 den Antrag ein, dass vor dem 80. Jahrestag dieser Bergwerkskatastrophe in der Altenessener Schachtanlage Fritz-Heinrich ein Wettbewerb ausgelobt werden sollte. Idee: Wie kann jetzt, 80 Jahre nach dieser Katastrophe eine künstlerische Erinnerung an die fünfundvierzig bei ihrer Untertagearbeit gestorbenen Bergleute aussehen.
Leider war dieser Antrag von einer Mehrheit aus SPD, CDU und AFD abgelehnt worden. Unser Bezirksbürgermeister Hans Wilhelm Zwiehoff war der Meinung, diese Erinnerungsarbeit sei doch Sache der RAG, die würden sich schon um einen angemessen Jahrestag kümmern, für solche Dinge sei die Bezirksvertretung gar nicht zuständig. Bemerkenswert auch die Entgegnung eines anderen Bezirksvertreters, so ein 80. Jahrestag sei doch gar kein besonders Datum, wenn überhaupt könnten wir den 85 Jahrestag des Unglück besonders würdigen. Letztlich lief die Entscheidung darauf hinaus, dass auch gar keine offizielle Erinnerungsveranstaltung durch die Repräsentanten der für Altenessen, Vogelheim und Karnap zuständigen Bezirksvertretung vorbereitet wurde.
Auch Vertreter*innen der allgemeinen Stadtpolitik aus dem Ratshaus zeigten sich von diesem 80. Jahrestag unbeeindruckt, obwohl es immerhin das schlimmste Bergwerksunglück mit den meisten Toten im letzten Jahrhundert war, das sich in einem essener Bergwerk ereignet hat.

Sonnenblumengesteck der Grünen und Gedächtniswimpel des Knappenvereins am leeren Denkmalssockel

So blieben das Sonnenblumengesteck der Grünen im Norden und ein Gedächtniswimpel des Knappenvereins der katholischen Kirchengemeinde Sankt Johann Baptist aus Altenessen dann leider die einzigen Erinnerungssaktionen, die auf dem Nordfriedhof an diesen schrecklichen 26. Juni 1942 erinnerten.
Das Bergwerksunglück vom Juni 1942 war aber sicherlich eine Katastrophe, die nicht nur die Bürger*innen des Stadtteils Altenessen betraf. Mitten im 2. Weltkrieg zeigte dieses Unglück mehr als die grundsätzliche Gefährlichkeit der Untertagearbeit. Die 45 Toten waren auch Folge einer skrupellosen Herabsetzung bisheriger Sicherheitsnormen zur schnelleren Ausbeutung der Kohlevorkommen und der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft durch den nationalsozialistischen Staat und die ihm dienende Bergbauindustrie.

NS-Staat inszenierte großen Trauerzug für die getöteten Bergleute

Knapp eine Woche nach der Schlagwetter-Explosion inszenierten die Nationalsozialisten am 30. Juni 1942 sicherlich gerade deshalb einen pathetischen Trauerakt auf der Schachtanlage Fritz-Heinrich. Bei dieser Trauerfeier waren nicht nur die örtlichen NSDAP-Größen anwesend, sondern auch der hervorstechende Antisemit und Reichsleiter der DAF - der Deutschen Arbeitsfront , Dr. Robert Ley, war als Redner von Berlin nach Altenessen gereist.
Robert Ley versuchte darzustellen, dass die Toten, deutsche und zwei italienische Fremdarbeiter, ein Opfer für die Volksgemeinschaft erbracht hätten, vergleichbar den Soldaten, die für Deutschland an der Kriegsfront kämpften.
Wohl um die in diesen Kriegsjahren ja auch bereits vom Bombenkrieg betroffene Bevölkerung im essener Norden etwas zu beruhigen, erhielten die Hinterbliebenen später neben der Unterstützung durch die Zechengesellschaft selbst, auch ein sogenanntes Preisgeld in Höhe von 200 Reichsmark. Als Begründung wurde angegeben, dass die 45 Bergarbeiter bei der Erprobung einer neuen Kohlegewinnungsmaschine zu Tode gekommen waren.
Letztlich kann die heutige Erinnerung an diesen Altenessener Unglückstag vor 80 Jahren nicht nur eine persönlich-familiäre Trauerarbeit sein, sondern muss auch zeigen, welche tödlichen Opfer die Methoden der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft hinterlassen hat. 
Die Erinnerungsarbeit zum 80. Jahrestag dieser Katastrophe vom 26. Juni 1942 hätte im Jahr 2022 deshalb ebenso aufzeigen können, mit welchen Propagandamethoden der NS-Staat diese Opfer kaschieren wollte. Bleibt zu hoffen, dass zumindest dann 2027 der 85. Jahrestag dieser Schlagwetterexplosion angemessen begangen wird.
( historische Fakten nach „Christoph Willmer – Seit mehr als 1000 Jahren: Altenessen macht Geschichte“; Druck: stattwerk e.G, Essen 1993)

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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