Bertelsmann-Studie zu Kliniken
Eine Kampagne zur Zerstörung einer wohnortnahen Gesundheitsversorgung
Am 15. Juli veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung eine von ihr beauftragte Studie, in der die Schließung von über 800 von heute 1400 Kliniken gefordert wird. Angeblich sei das unausweichlich, um sowohl die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu sichern als auch den Pflegenotstand zu beheben.
Die ganze Argumentation der Studie ist überaus zynisch:
- Zum einen wird eine perfide Angstmache betrieben, indem so getan wird, als ob Komplikationen und Todesfälle nur in kleinen Kliniken vorkommen und sie deshalb keine sichere Behandlung gewährleisten könnten. Aber auch in den großen Kliniken gibt es wegen Personalmangel und Überausbeutung des Personals genügend Probleme, die einer sicheren Behandlung entgegen stehen. Ganz zu schweigen davon, dass mit dem drastischen Abbau einer wohnortnahen Versorgung mit Sicherheit viele unnötige Todesfälle provoziert werden.
- Zum anderen wird dieser Kahlschlag in einer zentralen Frage der Daseinsvorsorge damit begründet, dass man so den Pflegenotstand beheben könnte. Also indem man den Klinikkonzernen einen Überschuss an Arbeitskräften verschafft, der weiterer Lohndrückerei Tür und Tor öffnet.
Mehr Profite für Klinikkonzerne
Tatsächlich geht es darum, den fünf großen Krankenhauskonzernen (Helios, Asklepios, Sana, Rhön, Schön) auf Kosten der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung neue Profitmöglichkeiten zu erschließen. Laut der Studie sollen nur noch Krankenhäuser mit mindestens 600 Betten sowie etwa 50 Großkliniken mit mindestens 1500 Betten übrig bleiben. Der Durchschnitt heute liegt bei unter 300 Betten.
Auch der Essener Nordwesten betroffen
Das deckt sich auffällig mit den Plänen der Contilia-Gruppe, im Essener Nordwesten 2 von 3 Kliniken platt zu machen. Auch hier geht es im Kern nicht um eine bessere und sicherere Gesundheitsversorgung, sondern um mehr Konkurrenzfähigkeit und Rendite. Die ganzen „Gesundheitsreformen“ der letzten Jahre standen immer unter der Maxime der „Wettbewerbsfähigkeit“ und mit der Einführung der Fallpauschalen wurde im Krankenhausbereich tatsächlich ein Instrument installiert, um einen Konzentrationsprozess zugunsten großer Krankenhauskonzerne zu fördern.
Die Kahlschlagpläne würden insbesondere viele kleinere Kliniken treffen, die häufig noch in kommunaler Trägerschaft sind. In vielen Städten, wie z.B. in Solingen gibt es Widerstand gegen entsprechende Pläne. Auch bezüglich der Contilia-Pläne ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eine wohnortnahe öffentliche Gesundheitsversorgung ist ein unverzichtbarer Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Deshalb müssen diese Pläne, bei denen es nicht um die Menschen, sondern nur um Profite geht, entschieden bekämpft werden.
Die Bertelsmann-Stiftung: Führend bei der Manipulation der öffentlichen Meinungim Konzerninteresse
Pikant an der Studie ist auch Folgendes: „Dass nämlich Dr. Brigitte Mohn nicht nur im Vorstand der Bertelsmann Stiftung sitzt, sondern zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der Rhön-Privatkliniken AG ist, eine Aktiengesellschaft also, die ein direktes finanzielles Interesse an der Schließung öffentlicher Krankenhäuser haben könnte.“ (Telepolis, 16.07.19)
Die Art und Weise, wie die Bertelsmann-Studie noch am selben Tag in den Medien aufgegriffen und überwiegend als „alternativlos“ dargestellt wurde, ist typisch für konzertierte Kampagnen von Konzernen, Politik und Medien zur massiven Manipulation der öffentlichen Meinung, wie wir sie z.B. im Zusammenhang mit der Rentendiskussion erlebt haben. Auch an dieser Kampagne zur Entwertung und massiven Schwächung der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Versicherungskonzerne war die Bertelsmann-Stiftung maßgeblich beteiligt.
Und es ist sicher kein Zufall, dass die ARD schon vor Wochen für den 15.7. zur besten Sendezeit in der Reihe „Was Deutschland bewegt“ einen Beitrag im Programm ankündigte, den meine Programmzeitung so beschrieb: „Krankenhäuser schließen – Leben retten?: Seit Jahren kritisieren Gesundheitsexperten, dass es hierzulande zu viele Kliniken gibt. Anhand von einzelnen Patientenschicksalen will die Doku diese These belegen.“
Autor:Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord |
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