Das Revier steht zusammen
Beeindruckende Bergarbeiterdemonstration durch Katernberg

- Auftaktkundgebung vor Schacht XII
- hochgeladen von Bodo Urbat (Essen steht AUF)
Ein 250 Menschen starker und Aufsehen erregender Demonstrationszug zog am Samstag, den 16. März von Zollverein Schacht XII durch Katernberg auf den Marktplatz. Von vielen Anwohnern an der Strecke wurden die Demonstranten aus den Fenstern freudig gegrüßt. Organisiert war diese Demonstration von der kämpferischen Bergarbeiterbewegung „Kumpel für AUF“. Eine ganze Reihe ehemaliger und noch aktiver Bergleute prägte die Demonstration.
Vom Auftakt vor Schacht XII bis zur Abschlusskundgebung moderierten der Bergmann Günther Belka ("Kumpel für AUF" und selbst 33 Jahre unter Tage) und Monika Gärtner-Engel (langjährige Stadtverordnete des Kommunalwahlbündnisses AUF Gelsenkirchen) nach typischer Bergmannsart: gerade heraus, immer ein offenes Wort und immer solidarisch. Ihre Aufgabe war nicht leicht. Mehr als 30 Redebeiträge und jede Menge Grußadressen mussten sie unterbringen. Darunter Beiträge, die zu Herzen gingen, wie der von Margret Rabe aus Katernberg, 80 Jahre alt, mehrfache Mutter, Oma und Uroma, selbst Bergarbeiterfrau, die ein Gedicht zur harten Arbeit der Bergleute vortrug. Ich selbst hatte die Ehre, die Demonstranten im Namen von „Essen steht AUF" zu begrüßen.
Auf vielen selbst gemalten Schildern, in Parolen, Liedern und wehenden Fahnen kamen die Anliegen zum Ausdruck: Gleichwertige Ersatzarbeitsplätze für die Nicht-Anpassungsberechtigten und Jugendlichen, die in der Leiharbeitsfirma „START“ geparkt sind. Erhalt der erkämpften Bergmannsrente - kein Deputatklau, Anerkennung von Berufskrankheiten. Gegen Giftmüll und PCB unter Tage.
Unterstützt wurden die Kumpel und ihre Familien von Stahlarbeitern, Opel-Kollegen, Stadträten kommunaler überparteilicher Personenwahlbündnisse, Gewerkschaftern, zahlreichen Bürgerinitiativen, dem NRW-Landesverband der MLPD, dem Jugendverband Rebell und vielen mehr. Sie erhielten Grüße aus aller Welt, sowie von dem Sänger Frank Baier, dem Künstlerduo Sago aus Essen und von Kali+Salz-Kumpeln aus Thüringen.
Christian Link, Sprecher von Kumpel für AUF und Betriebsratsvorsitzender eines Bergbauunternehmens fasste zusammen: „Diese Demonstration war nicht irgendeine Demo, sondern sie setzte ein klares Zeichen gegen die Spaltung und für die Einheit von Kampf um Arbeits- und Ausbildungsplätze und den Umweltschutz! Sie setzte ein Zeichen, dass noch lange nicht Schluss ist mit dem Kampf der Bergleute für ihre berechtigten Interessen. Sie zeigte die große Geschlossenheit der Bevölkerung im Revier, dass die RAG sich nicht einfach davon schleichen kann! Jeder der hier war, hat sich verpflichtet die Fackel weiter zu tragen – das ist einfach klasse!“
In Kürze erscheint auf der Homepage von Kumpel für AUF www.minersconference.org ein Kurzfilm über die Demonstration.
Autor:Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord |
2 Kommentare
Hier als Ergänzung für alle, die es interessiert mein Beitrag zur Begrüßung der Teilnehmer der Demonstration:
Ein herzliches Glück Auf! im Namen des kommunalen Wahlbündnisses „Essen steht AUF“ und der Essener Stadtgruppe von „Kumpel für AUF“ hier vor unserem Weltkulturerbe Zollverein.
Zollverein steht für 140 Jahre harte Arbeit und leidenschaftliche Kämpfe gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Hier arbeiteten von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Schließung insgesamt über 600.000 Bergleute aus aller Herren Länder.
Essen war einst die größte Bergbaustadt Europas und ist bis heute vom Bergbau geprägt, auch wenn Zollverein als letzte Essener Zeche schon 1986 geschlossen wurde. Das vor rund 60 Jahren einsetzende Zechensterben hatte für Essen wie für alle anderen betroffenen Städte im Revier verheerende Folgen. Essen verlor von 1960 bis 1986 allein im Bergbau über 50.000 Arbeitsplätze. Die Arbeitslosigkeit schnellte von 1,5 Prozent auf dauerhaft zweistellige Zahlen hoch.
Zu keiner Zeit haben die Kumpel das kampflos hingenommen. Es gab zahllose Demonstrationen und Streiks, von denen der Bedeutendste nach dem II. Weltkrieg der große Bergarbeiterstreik von 1997 war. Ohne diesen Streik wäre der Steinkohlenbergbau in Deutschland schon vor 20 Jahren platt gemacht worden!
All diese vernichteten Arbeitsplätze waren unwiederbringlich für künftige Generationen verloren. Und alle Versprechungen, dass das durch Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor ausgeglichen wird, erwiesen sich als leeres Gerede. Was uns immer als „erfolgreicher Strukturwandel“ verkauft wurde, war in Wirklichkeit eine verheerende Strukturkrise, die die sozialen Probleme besonders in den nördlichen Stadtteilen enorm verschärfte.
Heute wird von bürgerlichen Politikern das tiefe soziale Gefälle zwischen nördlichen und südlichen Stadtteilen scheinheilig beklagt. Um von ihrer eigenen Verantwortung für diese sozialen Probleme abzulenken, werden von einigen dieser Politiker Zuwanderer als Sündenböcke präsentiert. Erst vor ein paar Tagen brachte Karl-Heinz Endruschat, der stellvertretende Vorsitzende und Rechtsaußen der Essener SPD erneut den menschenverachtenden Vorschlag einer Zuzugssperre für Zuwanderer in die nördlichen Stadtteile ins Gespräch. Das ist genau dieselbe spalterische Hetze, wie sie von dem Essener Stadtrat Guido Reil betrieben wird, der vor knapp drei Jahren von der SPD zur AfD konvertierte. Reil hängt gern den Kumpel raus, weil er auf Prosper gearbeitet hat. In Wirklichkeit ist er nichts weiter als ein reaktionärer Pöstchenjäger, der seine letzten Wahlkämpfe mit illegalen Spenden aus der Schweiz finanzierte.
Unsere heutige Demonstration ist auch ein Signal gegen solche Spalter. Zur kämpferischen Tradition der Bergleute gehörte immer die unverbrüchliche Solidarität unabhängig von Herkunft oder Glaube. Diese Tradition lebt weiter, wie unsere heutige Demonstration zeigt.
Nur gemeinsam sind wir stark! Nur so können wir RAG daran hindern, mit ihrer Devise „Nach uns die Sintflut“ durchzukommen.
In diesem Sinne wünsche ich unserer Demonstration einen vollen Erfolg.
Ich und etliche weitere Mitglieder von "Essen steht AUF" haben an der Aktion teil genommen. Wir waren auch durch Fahnen und Mützen erkennbar. Ich bin vor allem durch die Ankündigung der Erhöhung des Levels der Abpumpung des Grubenwassers erschreckt, weil ich befürchte, dass das von der RAG in den Schächten zurück gelassene PCB und auch der von der RAG für großen Profit eingelagerte Giftmüll (1,6 Millionen Tonnen) sich dann mit dem Grundwasser vermischt und unser Grundwasser und damit letztlich unser Trinkwasser kontaminiert und damit für die Bevölkerung der gesamten Ruhrgebietsregion das Trinkwasser vergiftet.
Außerdem befürchte ich, dass mit der Schließung und dem "Absaufen" der Zechen dem Fracking der Boden bereitet werden soll. Das würde noch einer intensiveren Verseuchung unserer Umwelt den Weg bereiten. Als Alternative bin ich der Ansicht, dass der hoch entwickelte, aber relativ teure Bergbau des Ruhrgebiets nicht geschlossen werden müsste. Die Importkohle wird durch die RAG aus äußerst umweltzerstörerischem Abbau importiert und verbrannt. Kohle ist aber ein wichtiger Grundstoff, der nicht verbrannt gehört, sondern in der chemischen Industrie verarbeitet werden kann. Dafür können die hiesigen hoch entwickelten und auch relativ sicheren Bergwerke genutzt werden. Sie zu schließen, ist eine Maßnahme, die nur dem Profit gehorcht und weder die Ökologie noch die Zukunft der Arbeitsplätze besonders für unsere Jugend im Auge hat.