Altenessen: Ein schlechter Ort für rechte Propaganda. Am Samstagmittag steht die NPD isoliert im Regen
Der 18. Juni ist durchaus kein Tag, den die NPD in eine Erfolgsbilanz eintragen kann. Der NPD-Auftritt am Forumsplatz vor dem Alleecenter in Altenessen war unter dem pathetischen Titel: „Deutschland muss leben. Volksherrschaft errichten!“ angemeldet worden. Sicherlich nicht zufällig ein Anklang an die Gedichtzeile des rechten Schriftstellers Heinrich Lersch aus dem Ersten Weltkrieg: „ Deutschland muss leben, auch wenn wir sterben müssen!“. Zwischen 1933 und 1945 hatten die Nationalsozialisten auf ihren Kriegerdenkmälern diese Zeilen gern genutzt, um die Jugend zur Nacheiferung im Heldentod zu ermuntern.
Im Unterschied zu Aktionen der NPD in anderen Städten, verlief dieser Aufzug der braunen Jungs und wenigen Mädels zum Glück gewaltfrei. Die 20 bis 30 überwiegend schwarz gekleideten und kurzgeschorenen bis glatzköpfigen NPD-Anhänger konnten mit diesem Auftritt wohl kaum die Sympathie der Altenessener Passanten gewinnen. Auch stand diesen „völkischen“ Jugendlichen, und Jungmännern trotz der kurzen Organisationszeit eine deutlich größere Zahl von Gegendemonstranten gegenüber.
Meist standen sie im festen Block wie Orgelpfeifen beieinander. Von der Bevölkerung wurden sie ignoriert und mit Kopfschütteln bedacht. Ihre Redeversuche wurden von den Gegendemonstranten auf der gegenüberliegenden Straßenseite übertönt. Obwohl die Pamphlete von der JN, den Jungen Nationaldemokraten, bunt wie Werbeprospekte daher kamen, sogar mit einem Schmetterling und einem freundlichen, blumengeschmückten, blonden Mädchen geschmückt waren, fanden sie kaum Absatz.
Kinderarmut als Lockmittel
Mit einem Flugblatt über Kinderarmut in Deutschland wollten sich die Nationalisten wohl auf billige Art die Sympathie der Altenessener erschleichen. Zu den wahrscheinlich korrekt von der UNICEF zitierten Zahlen über schlechtere Schulbildungschancen armer Kinder wurden keinerlei Lösungswege vorgestellt. Stattdessen bemängelt der Text, dass Werte von Familie, Volk und Vaterland in Vergessenheit geraten seien. Wie und warum mehr davon zu besserer Schulbildung und später guten Arbeitsplätzen führen kann, erfahren wir aber nicht.
Eine Zeitlang wurden diese Blätter von den GegendemonstrantInnen in blauen Müllsäcken eingesammelt und direkt dem Altpapier zugeführt. Leider unterband die Polizei die Recyclingmaßmahme mit Platzverweisen, weil die Sammler sich auf der Straßenseite bewegten, auf der die NPD ihre Aktion angemeldet hatte.
Die Gegendemonstration bestand aus CDU, SPD und Jusos, Grünen und jungen Grünen, der Linken, Aktiven des Antirassismustelefons, der DKP und verschiedenen kommunistischen Gruppen. Die NPD hatte sich nicht auf die zahlreichen Schauer eingestellt und wurde entsprechend nass gemacht. Die GegendemonstratInnen hatten Regenschirme und einen grünen Pavillon, der Schutz vor Niederschlägen bot.
Der Versuch der NPD, mit ihren deutschtümelnden Aufzügen und vordergründiger Sozialkritik gerade im Essener Norden zwischen Borbeck, Altenessen und Katernberg Unruhe zwischen den verschiedenen Einwohnergruppen zu schüren, blieb erneut erfolglos.
Walter Wandtke
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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