Medienprojekt "Migration Reloaded" macht Radio
6 Jahrzehnte nach dem Anwerbeabkommen mit der Türkei
Produktionen des Medienprojekts „migration reloaded“ konnten bisher bereits in Videochlips auf verschiedenen Webseiten wie "www.mz-ruhr.de" oder dem Essener "Townload tv" gesehen werden. Jetzt sind die Ergebnisse auch im Bürgerfunk von Radio Essen (Frequenz 102,2 UKW oder über Webradio www.radioessen.de ) zu hören.
4 Schülerinnen und Schüler der Borbecker Geschwister Scholl Realschule und 2 junge Erwachsene aus Essen hatten sich im letzten Herbst vorgenommen, der Arbeitsmigration ins Ruhrgebiet nachzuspüren. 60 Jahre nach dem 1. Anwerbeabkommen mit der Türkei war es spätestens Zeit für einen intensiveren Rückblick.
Am 10. und am 17. Januar sind in der Zeit 21.00 bis 22.00 Uhr in zwei Radiosendungen Teile der Rechercheergebnisse und biographischen Eindrücke zu hören.
Einwanderer ermöglichen bundesdeutsche Bildungsoffensive
Eigentlich ist Migration gerade für das Ruhrgebiet ja seit mehr als 150 Jahren ein permanentes Thema. Im Projekt "migration reloaded" liegt der Schwerpunkt aber auf den Zuwanderungsbewegungen seit 1960. So oder so können sich Menschen im Ruhrgebiet aus guten Gründen die Frage stellen: Was hat Migration eigentlich mit mir zu tun?
Das Ende des zweiten Weltkriegs 1945 und die anschließende Neuordnung Europas lösten große Wanderungsbewegungen aus. Viele Flüchtlinge aus den Ostgebieten des früheren deutschen Reichs, insbesondere aus Schlesien oder Ostpreußen siedelten sich dann als Vertriebene auch im Ruhrgebiet an. Im zunehmenden Ostwest-Konflikt seit Mitte der 1950er Jahre gab es kräftige Zuwanderungen von Arbeitskräften und Flüchtlingen aus der DDR.
Bildungsnotstand contra Arbeitskräftemangel
Insbesondere seit dem Bau der Berliner Mauer 1961 brach allerdings der Zustrom gut ausgebildeter ostdeutscher Arbeitskräfte in die BRD ein. Verschärft wurde der damalige Arbeitskräftemangel noch die Einführung der Wehrpflicht und durch überfällige Bildungsoffensiven in Westdeutschland, die für erheblich mehr Jugendliche als bisher höher qualifizierte Schulabschlüsse und Hochschulschulzeit brachten.
Diese Jahrgänge fehlten dann natürlich als Einsteiger auf dem Arbeitsmarkt. Heute kaum mehr vorstellbar lag die Arbeitslosenquote für Jahre unter einem Prozent. Westdeutschland brauchte also dringend neue Zuwanderungsformen, wie die verschiedenen Anwerbeabkommen für Arbeitskräfte aus unterschiedlichen Ländern, vorwiegend des Mittelmeerraums sie dann auch lieferten.
Diese Anwerbung ausländischer Arbeiter, der damals sogenannten „Gastarbeiter:innen“, deckte jetzt den gestiegenen Bedarf an Arbeitskräften.
Mehmet Ayas - Rückblick auf ein engagiertes Einwandererleben
Die Projektgruppe MIGRATION RELOADED befasst sich deshalb in der Radiosendung am 10. 1 und am 17.1. mit Migrationserfahrungen von Menschen in unseren Ruhrgebietsstädten und deren unterschiedlichen Perspektiven. Zuerst geht um den Lebensweg von Mehmet Ayas.
Mehmet Ayas, Anfang der siebziger Jahre aus der Türkei nach Deutschland eingewandert, ist für diese Entwicklung ein spannender Zeitzeuge. Schon seit vielen Jahren ist er in Gelsenkirchen Schalke heimisch. Nach verschiedenen Stationen und Regionen seines Arbeitslebens und einem erfolgreichen Ingenieurstudium war er die letzten Jahre vor seiner Pensionierung der Integrationsbeauftragte der Stadt Gelsenkirchen. Mehmet Ayas kennt also viele Fronten eines Lebens in einem erstmal fremden Land.
In der 2.Sendung am 17. Januar geht es dann um mehrere sehr verschiedene Lebensgeschichten ehemaliger Migrantinnen und Migranten, die von der Projektgruppe „Migration reloaded“ aufgefächert wurden. Die Auswertung eines Ausstellungsbesuchs im Ruhrmuseum in Essen Katernberg vervollständigte diese Arbeit. Die dort noch bis Ende Oktober diesen Jahres offene Ausstellung:
„Mustafas Traum - Fotografien von Henning Christoph zum türkischen Leben in Deutschland 1977 – 1989 „ bietet hier eindringliche Blickwinkel auf Menschen in einem ihnen oft noch fremden Deutschland.
Bereits 1965 hatte der Schweizer Schriftsteller Max Frisch geschrieben: “Wir wollten Arbeitskräfte, aber es kamen Menschen.“ Das damit geschaffene Gerechtigkeitsproblem gilt es bis heute, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland zu lösen.
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.