Mitten im Winter: Blühendes Vitamin C und balzende Tauben

Eigentlich ist es für den ersten Grüner Daumen-Beitrag des Jahres noch viel zu früh. Gartenzeitschriften veröffentlichen jetzt Fotos mit dekorativem Rauhreif auf geschnittenem Buchsbaum und so. Aber für blühendes Zimbelkraut (Cymbalaria muralis) ist es ja auch noch zu früh, selbst wenn es sich um einen der ersten Vitamin C-Lieferanten des Jahres handelt.

Jedenfalls war ich am Wochenende im Garten - ohne dicke Jacke und Mütze, was für einen eingefleischten Frierpitter schon was heißt. Die ersten Krokusse blühen, besagtes Zimbelkraut ebenso, ein wilder Majoran treibt kräftigt Knospen, die Amseln baden wie blöd, eine Wildbiene fliegt umher, und wenn das, was die Tauben tun, nicht Balzen genannt wird, haben die seit dem letzten Jahr die Technik geändert.

All' das löst beim Gartenbesitzer einen unwiderstehlichen Impuls aus: Fang an! Also kratzte ich das furchtbar stechende, braune Ilex-Laub beiseite. Und sah in die Gesichter erstaunter Marienkäfer. OK, Laub wieder zurück. Wohl noch zu früh.
Ich steuerte also stattdessen mit der Schere auf die ollen Stengel der Strauchmalve zu. Um gerade noch rechtzeitig an die dringende Warnung des Züchters zu denken: "Erst schneiden, wenn der grüne Austrieb mehrere Zentimeter lang ist." Wohl noch zu früh.

Frustriert räumte ich Baumschnitt auf den Altholzhaufen und ging wieder rein. Habe dann auf dem Balkon zwei Töpfe höher gestellt, damit sie noch mehr Sonnenlicht abkriegen und mich an der herrlich blühenden Helleborus erfreut. Eine Christrose, die gerade zur Lenzrose wird.

Im Geiste sah ich schon die Mauersegler aus Afrika zurückkehren. Aber das ist nun wirklich Quatsch. Wenn jemand sich an den Kalender hält, dann die, und vor Ende April ist nicht mit ihnen zu rechen. Und - nur um das an dieser Stelle mal zu betonen - bis dahin dauert es noch mehr als ein Vierteljahr. Wir sind nämlich gerade mitten im Winter.