Das Zollverein-Werksschwimmbad ist nur für Schwimmer!
Während die Kinder im Werksschwimmbad der Kokerei auf Zollverein an der Arendahls Wiese fröhlich im Wasser plantschen, wacht Tag für Tag ein Schwimmmeister am Beckenrand. Der NORD ANZEIGER hat zwei der Rettungsschwimmer bei ihrer Arbeit begleitet
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Das Kokerei-Werksschwimmbad auf Zollverein wurde 2001 eröffnet. Die Frankfurter Künstler Dirk Paschke und Daniel Milohnic entwarfen es im Rahmen des Kunstprojekts „Zeitgenössische Kunst und Kritik“. Sie schweißten zwei Überseecontainer zu einem 12 x 5 Meter großen Pool zusammen, um den Strukturwandel des Ruhrgebiets zu symbolisieren.
Das Bad steht jungen und alten „Wasserratten“ jährlich von Mitte Juli bis Anfang September, von 12 bis 20 Uhr, zum Toben und Bahnen ziehen zur Verfügung - und das absolut kostenlos!
„Insgesammt wechseln sich sechs Schwimmmeister in zwei Schichten täglich ab“, erklärt Jannik Krämer (18), der in diesem Jahr zum ersten Mal als Schwimmmeister auf Zollverein arbeitet. „Ich bin Mitglied eines Schwimmvereins und habe dort meinen Rettungsschwimmer absolviert“, erklärt Krämer.
Keine Schwimmhilfen
„Weiterhin habe ich einen Kursus in Erster Hilfe abgelegt, um mich dann als Schwimmmeister bei der Stiftung Zollverein zu bewerben. Aus vielen Anwärtern bin ich dann ausgewählt und auf 450 Euro-Basis angestellt worden. Das ist der tollste Ferienjob, den ich mir als Student der Wirtschaftsinformatik vorstellen kann. Man arbeitet an der frischen Luft, ist unter Menschen und kann im Bedarfsfall als Lebensretter einspringen.“
Obwohl der „nur“ 12 x 5 Meter große Pool mit seiner zirka drei Meter breiten Holzpaneelenumrandung, die als Liegefläche dient, nicht mit den Dimensionen eines Grugabades vergleichbar ist, so hat er dennoch seine Tücken: Das Wasser ist 2,40 Meter tief und nicht beheizt!
„Ein Kollege hat schon mal zwei Kinder vor dem Ertrinken gerettet“, berichtet Jannik Krämer. „Eine Gruppe Jugendlicher hatte sich vor dem Beckenrad aufgebaut und nachdem einer von ihnen lauthals den Befehl ins Wasser zu hüpfen gegeben hatte, waren zwei Kinder einfach hinterhergesprungen, obwohl sie gar nicht schwimmen konnten. Bei einer Wassertiefe von 2,40 Meter kann so eine Situation schnell brenzlig werden. Deshalb ist auch ausschließlich Schwimmern erlaubt, hier zu baden. Nichtschwimmer dürfen seit einigen Jahren nicht einmal mehr mit Schwimmhilfen wie Schwimmringen oder Schwimmflügeln ins Becken!“
Wenn der Sommer mal wieder wochenlang nicht mitspielt und es bei bewölktem Himmel viel geregnet hat, dann kühlt sich das Wasser im Pool auch schon mal auf Werte um 15 Grad herunter.
Schwimmspaß im Regen
„Da die unentwegten Wasserratten selbst bei regnerischem Wetter zum Plantschen vorbeischauen, müssen wir besonders bei Kindern darauf achten, dass sie in dem kalten Wasser nicht unterkühlen“, erklärt Katharina Detische (22), die ebenfalls zur Zollverein-Schwimmeister-Crew gehört. „Wenn die kleinen Schwimmer bereits blaue Lippen bekommen, dann müssen sie schleunigst das Wasser verlassen. Ihr Körper ist in diesem Stadium bereits derartig ausgekühlt, dass er versucht, durch eine schwächere Durchblutung der oberflächlichen und vorstehenden Körperpartien Wärme zu sparen. So beugt er einer Unterkühlung vor. Wird die Durchblutung heruntergefahren, geht gleichzeitig der Sauerstoffgehalt des Gewebes zurück, wodurch dem Blut viel mehr Sauerstoff entnommen wird und nur Blut mit viel Sauerstoff ist rot. Sinkt der Gehalt, verfärbt es sich bläulich. Auch Kinder, die im Wasser zittern, holen wir schnell an Land. Denn das Zittern ist ebenfalls ein akutes Warnsignal für eine gefährliche Unterkühlung.“
„Vor dem Ertrinken mussten wir in diesem Jahr noch niemanden retten“, so Jannik Krämer. „Unsere Hauptaufgabe bestand eher darin, bei kleinen Verletzungen ein Pflaster auf die Wunde zu kleben, Wespenstiche zu kühlen oder auch für ,Ordnung‘ im Becken zu sorgen. Das heißt, dass wir die Badegäste, die gerne ihre Bahnen ziehen wollen, von den Kindern, die lieber vom Beckenrad in die Fluten springen, trennen. Jeder hat hier seinen Bereich und das funktioniert gut. Weiterhin sind wir für die Wasserqualität zuständig. Wir fischen mit dem Kescher Laub und Unrat aus dem Pool und überprüfen dreimal täglich den Chlorgehalt, damit sich keine Krankheitserreger breit machen können.“
An heißen Sommertagen suchen sehr viele Pool-Fans im Werksschwimmbad die Abkühlung, doch bei 60 Personen ist die Besucher-Obergrenze erreicht. Dann schiebt der Schwimmeister den Riegel vor - und dies auch, wenn das Wetter ganz besonders schlecht ist oder ein Gewitter naht.
Autor:Dirk Bütefür aus Mülheim an der Ruhr |
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