Zollverein: Glücksfall 2010
„Es gibt viel Gutes zu berichten“, verkündet Hermann Marth, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zollverein. Das Kulturhauptstadtjahr sei ein Glücksfall, Zollverein nehme von nun an eine Leuchtturmfunktion für das gesamte Ruhrgebiet ein.
Als Beleg dieser These dienen die Besucherzahlen, die 2010 Rekordhöhen erreicht haben. Allein das neueröffnete Ruhr Museum zählte bis Oktober 450.000 Besucher, geplant hatten die Verantwortlichen mit 150.000 Interessierten - für das gesamte Jahr, wohlgemerkt.
Den Auftrieb, den Zollverein in den letzten Monaten verspürt hat, möchte Marth für die Entwicklung des Geländes nutzen: Lang angekündete Projekte nehmen so langsam Gestalt an.
So zum Beispiel die Erweiterung der Kokerei an der Ahrendahlswiese. Die Änderung des Bebauungsplans hat die politischen Gremien schon längst passiert. „Nun ist auch die Erschließung des Geländes gesichert“, berichtet Hermann Marth. Es galt, die Eigentumsverhältnisse zu klären.
Ein Teil der Kokerei war bislang im Besitz der Stiftung Industriedenkmalpflege, am 1. Oktober hat die Stiftung Zollverein den Betrieb übernommen. Der andere Teil gehört der RAG, die ab Dezember mit der Stiftung in Sachen Vermarktung kooperiert.
Vorgesehen ist zum einen die Sanierung von bisher ungenutzten Immobilien, allein im Kammgebäude sollen über 2000 Quadratmeter nutzbar gemacht werden. Prestigeprojekt ist jedoch der geplante Gewerbepark am Rande der Kokerei. Die Stiftung Zollverein rechnet an dieser Stelle mit Investitionen von 200 Millionen Euro. Die ersten 50 Millionen liegen bereits parat: In diesen Tagen erfolgt die Grundsteinlegung für den neuen Firmensitz der RAG Montan Immobilien GmbH, schon in einem Jahr sollen hier 250 Mitarbeiter tätig sein.
Ein Investitionsvolumen von gar 350 Millionen hatten die Zollvereinentwickler auf der Gewerbeimmobilien-Messe Expo Real in München angekündigt. Lange wurde der investitionswillige Ölscheich Hani Yamani für ein Phantom gehalten. „Die Verhandlungen haben sich über 5 Jahre hinweg gezogen. Viele hatten schon damit abgeschlossen“, räumt der Stiftungsvorstandsvorsitzende ein. Doch die Designstadt sei keine Utopie. Bis 2015 sollen hier Bürokomplexe für die so genannte Kreativwirtschaft und ein Hotel entstehen, ein Jahr früher soll die neue Folkwang Universität eröffnen. „Dann werden 600 Studenten Zollverein bevölkern. Und glauben Sie mir - da wir zusätzliche Infrastrukturen benötigen, wird sich das positiv auf die umliegenden Stadtteile auswirken.“
Dieser Prognose sehen Anwohner und Geschäftsleute skeptisch entgegen. Schließlich sei mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen. Thomas Franke vom Planungsamt gibt zu bedenken: „Ich sehe ein Problem: Zollverein ist von gewachsenen Wohngebieten umgeben.“
Autor:Patrick Torma aus Essen-Nord |
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