Sinn-Suche: Sebastian Fritzsch verortet seine Kunst im Essener Norden
Der Film als Komposition: Die Ideen anderer stößt Regisseur Sebastian Fritzsch bloß an, um die kreativen Momente hinterher zu einem Gesamtbild zu vereinen. Gedreht wird sein aktueller Streifen „Spieler der Nacht“ in Altenessen, gezeigt wurde sein Werk 2013 mit „Endzeit“ bereits auf der Berlinale. Seinen persönlichen Sinn hat Fritzsch gefunden, die Zweckfrage stellt er trotzdem weiter.
„Kunst ist eine Suche nach sich selbst“, erinnert sich Regisseur, Drehbuchautor und Fotograf Sebastian Fritzsch an seine Ursprünge. Geboren in Köln verbrachte das Multitalent seine Kindheit in Essen, bis ihn das Studium der Kultur- und Theaterwissenschaften nach Berlin zog. Von dort ging es für ein Semester Fotografie weiter nach Leipzig, zurück in Köln widmete Fritzsch sich an der dortigen Medienhochschule wieder der Regie. Allein hier drehte er 14 Kurzfilme, die bewegten Bilder von „Spuren“ landeten im Katalog German Short Films des Deutschen Bundesverbands.
„Geschichten erzählen ist doch der Traum eines jeden Menschen“, kommentiert der 37-Jährige seinen Werdegang. Bisheriger Karriere-Höhepunkt an der Klappe war Endzeit: Die klaustrophobisch-melancholische Reise durch ein postapokalyptisches Naturreich sah das Publikum der Berlinale 2013 als Perspektive Deutsches Kino.
Konzentration und Ruhe
„Mit Filmen kann man sehr gut Momente des Nachdenkens und der Reflektion erzeugen“, findet Fritzsch. Augenblicke der Ruhe und Konzentration sind deshalb oft Teil seiner Werke. Den Rhythmus einer zu hektischen Zeit lassen diese Momente wie ein Kontrastmittel aufblitzen; die voyeuristische Bilderflut kollidiert mit einer aufmerksamen Atempause. Als Regisseur sieht sich der Kunstschaffende eher in der Rolle eines Katalysators: „Man stößt etwas an und bringt es hinterher wieder zusammen. Dann geht die Gesamtkomposition auf“, schwärmt der Filmemacher. „Es ist wunderschön, wenn aus den einzelnen Teilen mehr wird: Eine Poesie, etwas geradezu magisches.“
Kein Trübsal blasen
Gerade werkelt Fritzsch an Spieler der Nacht. Verortet und gefilmt in Altenessen, ergründet der Streifen die Möglichkeiten eines Dreier-Beziehungsgeflechts im Stile Bonny und Clydes. Der Liebesfilm dokumentiert dabei das Leben der romantischen WG: Problemen folgt soziale Armut, an Ausgrenzung reihen sich Kriminalität und Sinnsuche – eine intensive Studie über die Härten der Existenz.
Ähnlich düster kommt Fritzsch' paralleles Werk daher: Der rasant-emotionale Streifen „Pulka“ der Düsseldorfer Produktionsfirma Busse und Halberschmidt begleitet den gleichnamigen Protagonisten auf seinem Weg vom Knast zurück in die Gesellschaft. Wichtigstes Ziel des ehemaligen Drogendealers und Hooligans wird dabei zu verhindern, dass der 15-jährige Sohn in seine Fußstapfen tritt – ohne Erfolg. Schwermut ist aber nicht die einzige mögliche Stimmungslage: Auch eine Komödie hat der kreative Kopf in der Mache.
Chancen schaffen
Zwar knipst Fritzsch selbst und legt gerne einmal den Pinsel an, stille Bilder stellt er aber vornehmlich aus. Zuletzt war er als Vorstandsmitglied des Maschinenhaus Essen zusammen mit Anna Reimann auf dem Gelände der Zeche Carl Mitveranstalter der 15. Totale. Von Fritzsch im November 2012 initiiert, ist die Totale in ihrer einzigartigen Kulisse sowohl Plattform als auch Experimentierlabor. Besonders Künstler, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen, können hier ihre Werke unter professionellen Bedingungen ausstellen, diese im Dialog kritisch hinterfragen und so Netzwerke aufbauen. Zukünftig soll die Totale Künstler aus aller Herren Länder einladen und statt mehreren Ausstellung bloß drei pointierte längerfristige Projekte präsentieren.
Ein Leben für die Kunst: Seinen persönlichen Sinn hat Fritzsch gefunden – das hält ihn noch lange nicht davon ab, andere mit der Bestimmungs-Frage zu konfrontieren.
sebastianfritzsch.com, maschinenhaus-essen.de, totale-maschinenhaus.de
Autor:Alexander Müller aus Essen-Borbeck |
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