RUHRPOTT ABGEKACKT - „WEISSE WATTE BIS? LÜGEN TUHSE. DAT BISSE!“

Tach auch! Komm´se rein, könn´se raus gucken...
2Bilder
  • Tach auch! Komm´se rein, könn´se raus gucken...
  • hochgeladen von Susanne Demmer

Manch sanftes Gemüt erschaudert, manch Feingeist krampft und die Synapsen im Hirnareal für verbal-ästhetische Verletzungen melden: Alarmstufe rot!
Zugegeben: Über die Schönheit des Titelsatzes lässt sich streiten. Ich persönlich stehe darauf. Oder anders gesagt: Ich mach et gut leiden, dat Ruhrpott-Deutsch. Odder auch Dialekt. Mir egal, wie se unser Gesülze nennen.

Nun rief mich gestern mein Kumpel Reinhold an und erzählte mir entsetzt, dass bei einer repräsentativen Emnid-Umfrage aus dem Jahr 2009 heraus gekommen sei, dass Ruhrpott-Deutsch eher unbeliebt ist. Von 12 abgefragten Dialekten steht die Pottsprache auf Platz 8. Für mich war das ein Schlag in die Magengrube und ich brauchte schleunigst einen Gabiko (ganz billigen Korn).

Platz 1 für „auffi und Weisswuascht“

Gehts noch? Die Heiopeis aus Bayern gewinnen? Ich bin überzeugt, dass es sich um ein fehlerhaftes Ergebnis handelt, schließlich hat man nur 1003 Menschen befragt. Unsere Sprache ist viel beliebter, als hinlänglich behauptet.
Außerdem: Zahlreiche Ruhrgebietler sprechen gar kein Ruhrpott-Deutsch, die Sprache ist vom Aussterben bedroht. Das Fernsehen vermittelt darüber hinaus oft ein völlig falsches Bild unseres Pott-Dialektes. Und es gibt viel zu viele Missverständnisse rund um unseren wunderbaren Dialekt.

Ne Lektion Ruhrpott gefällig?

An den Theken meines Vertrauens treffe ich oft auf zahlreiche Messebesucher aus aller Welt und meist ist die Begeisterung groß, wenn sie eine Lektion „Ruhrpott“ verpasst bekommen.

Bei der kürzlich stattgefundenen Briefmarken-Messe traf ich den Philatelisten Günter. Nach Lektion 1 nahm er sein Handy in die Hand und informierte seine Freunde aus Zwickau: „Knastpralinchen = Frikadellen, Frikadellen-Puff = Imbissstube, Hühnerfutter-Trinker = Mensch, der Pils & Korn trinkt.“
Diese Worte sind natürlich nur im Gesamtzusammenhang wirklich ruhrpöttisch. Beispiel: „Hömma, wat is? Bissken Hühnerfutter oder musse noch innen Frikadellen-Puff, für ne Unterlage?“

Hömma, Du Arsch...

Apropos Gesamtzusammenhang: Oftmals werden Ruhrgebietsoriginale falsch verstanden.
Ein 2 Meter großer Russe, der während der Fitness-Messe an Mannis Theke weilte, kam mit mir und dem dürren Schlangen-Siggi ins Gespräch. Siggi fand den Riesen-Russen dermaßen sympathisch, dass er ihm einen ausgeben wollte. „Hömma, du Arsch, trinkse einen mit?“, fragte Siggi lachend, was das bis dato freundliche Gesicht des Russen in ein Antlitz des Bösen verwandelte. Seine blitzartig aufgerissenen Augen schienen plötzlich schwarz zu sein, seine Lippen waren leicht zusammen gepresst. Hinter den Lippen pulsierte der Atem, so dass sich die gesamte Mundpartie immer wieder aufblähte und dann wieder zusammenfiel. Kein schöner Anblick. Ich musste eingreifen, bevor eine rechte Gerade die zarte deutsch-russische Freundschaft zerstörte.
Ich erklärte dem Russen, dass das Wort „Arsch“ für den Siggi lediglich ein anerkennendes, freundliches Synonym für eine wertschätzende Bewunderung ist. Der Russe hatte vorher erwähnt, dass er in seinem Heimatdorf eigenständig den falsch parkenden Kleinwagen eines widerlichen Nachbarns 10x in einem Monat weg getragen habe. Das hat Siggi imponiert.

Der Russe hat es schnell begriffen und schickte Siggi 2 Tage nach seiner Abreise eine SMS mit folgendem Text: „Lieber Schlange-Mann, danke fir schöhne Zeit und Korn. Kommst du mich besuchen bitte und brings auch andere Arsch gerne mit. Dein Freind Stas.“

Rettet dat Dat, dat dat nich ausstirbt!

Es gibt noch viel zu tun im Auftrag der Erhaltung des Ruhrpott-Dialekts. Erkläre Du mal einem Holländer, der beim beim Skatspielen siegt, dass Horst es sehr nett meint, wenn er sagt: „Du Doofen sein Sohn, has wohl im Moment viel Pech inne Liebe, wa? Glückwunsch, du Gouda-Prinz.“ Oder dass der Begriff „Köttel“ sowohl etwas mit Kindern als auch mit Fäkalien zu tun hat. Das ist nicht so einfach zu begreifen. Und als Lehrer krisse da schomma einen am Appel, weil du kriss dat nich in jede Birne rein.

Näää, Platz 8 is echt wat fürn Arsch. Obwohl? Dat wir inne Scheiß Emnid-Umfrage abgekackt sind, geht uns doch eigentlich am Arsch vorbei, odder? Ährlich, son pillepalle Schisselameng umme Worte, nee, da machen wir nich son Bohei drum.

Tach auch! Komm´se rein, könn´se raus gucken...
Hart aber herzlich - der Ruhrpott!
Autor:

Susanne Demmer aus Essen-Nord

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

12 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.