Nach dem Kapp-Putsch - 1500 Tote im Ruhrgebiet
Radiosendung - Erinnerung an den Ruhrkampf 1920

Aktuel leider coronabedingt nicht möglich - direkte Gedenk- und Anschauungsgsarbeit über die Kämpfe nach dem Kapp-Lüttwitz Militärputsch. Hier im hinteren Parkbereich des Wasserturms an der Steeler Strasse erläutert gerade Dr. Joachim Thommes Hintergründe der damaligen Kämpfe zwischen "Roter Ruhrarmee" und der eher Kapp treuen Einwohnerwehr . Aus der "Schlacht am Wasserturm" im März 1920 hatten später  die Nationalsozialisten und leider auch viele andere ein Propagandamärchen entwickelt, dass in bewusster Verfälschung die Brutalität der bewaffneten Arbeiter zeigen sollte.   | Foto: Walter Wandtke
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  • Aktuel leider coronabedingt nicht möglich - direkte Gedenk- und Anschauungsgsarbeit über die Kämpfe nach dem Kapp-Lüttwitz Militärputsch. Hier im hinteren Parkbereich des Wasserturms an der Steeler Strasse erläutert gerade Dr. Joachim Thommes Hintergründe der damaligen Kämpfe zwischen "Roter Ruhrarmee" und der eher Kapp treuen Einwohnerwehr . Aus der "Schlacht am Wasserturm" im März 1920 hatten später die Nationalsozialisten und leider auch viele andere ein Propagandamärchen entwickelt, dass in bewusster Verfälschung die Brutalität der bewaffneten Arbeiter zeigen sollte.
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Mit einer Radiosendung im Bürgerfunk von Radio Essen soll am Montag, dem 15. März (Sendezeit 21.04 – 21.59 Uhr) an die blutigen Auseinandersetzungen erinnert werden, die sich insbesondere im Ruhrgebiet nach dem Kapp-Lüttwitz-Militärputsch vom 13. März 1920 entwickelten.
Viele zum 100. Jahrestag des Kapp-Putsches und des folgenden Ruhrkampfs 1920 im Vorjahr geplante Gedenk- und Diskussionsveranstaltungen sind der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen.
Auch der Versuch, in diesem Frühjahr 2021 einige Inhalte an diese schwerwiegenden und trotzdem weitgehend vergessenen Schicksalswochen unserer Region nachholend aufzugreifen, scheiterte an den andauernden Pandemiebeschränkungen. Das Medium Radio ist uns zum Glück als Informationsbasis erhalten geblieben.

Generalstreik stoppt Militärputsch

Nach einem erfolgreichen Generalstreik im ganzen deutschen Reich mussten die Putschisten im Berliner Regierungsviertel zum Glück schon nach 4 Tagen wieder die Flucht aus den Ministerien und Kanzleien antreten. Nicht republiktreue Reichswehrtruppen unter General von Watter und Berufssoldaten sogenannter Freikorps waren da bereits in Militärzügen zur Besetzung des Ruhrgebiets geschickt worden und sollten die aufgebrachte Arbeiterschaft in Schach halten. Am 3. Tag unter dem selbsternannten Putschisten-Reichskanzler Wolfgang Kapp entstanden so in der kleinen Ruhrstadt Wetter erste Kämpfe zwischen bewaffneten Arbeitern und republikfeindlichen Militärtruppen die vom Bahnhof aus die Stadt erobern wollten. Diese Kämpfe, der sich später „Rote Ruhrarmee“ nennenden bewaffneten Arbeiterschaft gegen die der Weimarer Republik feindlich gesinnten Militärs verliefen in den  Märzwochen 1920 überraschend erfolgreich.

Zentraler Vollzugrat in Essen
– Ruhrgebiet unter Arbeiterkontrolle

Bis zum 22. März1920 konnte mit zeitweilig 50000 bewaffneten, häufig noch Front erfahrenden Arbeitern das gesamte Ruhrgebiet unter Kontrolle eines „zentralen Vollzugsrats“ aus Arbeiterräten gebracht werden.
Dieser Vollzugrat mit Sitz in Essen formulierte weitergehende sozial-politische Forderungen als nur eine Bestrafung der Putschisten und der Besetzung der Reichswehrführung mit demokratisch gesinnten Offizieren. In einem „Bielefelder Abkommen“ wurden nach zähen Verhandlungen zwischen Abgesandten des zentralen Vollzugsrats und Vertretern der Reichsregierung wie Carl Severing oder Otto Braun (beide SPD) sowohl eine demokratisch-personelle Erneuerung der Reichswehr, wie auch tarifliche Verbesserungen und Sozialisierungen versprochen. Die tatsächlich begonnene Umsetzung des Bielefelder Abkommens war für die Ruhrarbeiterschaft aber so minimal, dass sie Kampf und Generalstreik wieder aufnahm.

Uneingelöstes Bielefelder Abkommen

Die wieder ins Amt gesetzte legale Reichsregierung aus SPD, katholischer Zentrumspartei und der damals eher linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei - DDP hatte in Berlin gegenüber den Militärs aber weiterhin nur eine schwache Machtposition. So bleib das Bielefelder Abkommen ein paiertiger und das Ruhrgebiet wurde trotzdem in kurzer zeit gänzlich von Reichswehr und ihren Freikorpstruppen besetzt.
Kurz vor Ostern 1920, in Essen etwa der 7/8. April 1920, waren der Widerstand der Arbeitertruppen fast restlos geschlagen. Während der Kämpfe im März / April 1920 und im monatelangen Ausnahmezustand der Militärbesetzung des Ruhrgebiets kamen in unserer Region mehr als 1500 Menschen ums Leben. Im gesamten Deutschen Reich dürften die Kämpfe und Nachwirkungen des Kapp-Putsches wohl mehr als 2500 Tote gekostet haben.

Informationen zum Ruhrkampf 1920

In der ersten Radiosendung am 15. März werden Lydia Württemberger und Walter Wandtke mit Hilfe des Wetteraner Archivleiters Dr. Dietrich Thier darstellen, wie dieser Ruhrkampf 1920 begann. Dabei wird nicht vergessen, wie sich die oft problematische Erinnerungskultur an die Opfer des Kapp-Putsches am Beispiel der kleinen Ruhrgebietsstadt Wetter verändert hat. Die Musik von Frank Baier und den Grenzgängern, die sich über Jahrzehnte mit dem Ruhrkampf 1920 beschäftigt haben, wird zusätzlich helfen, einiges über die Atmosphäre dieser Monate vor hundert und einem Jahr zu zu erfahren.
In den Folgewochen werden zwei weitere Sendungen, die aus den Veranstaltungsvorbereitungen von Medienzentrum Ruhr und dem Bildungswerk der Humanistischen Union NRW hervorgegangen sind, das Augenmerk auf unsere Stadt Essen aber auch den Bereich Duisburg/Dinslaken und Hünxe richten.
Gern sei hier auf die Internetseite  www.ruhrkampf1920.de  verwiesen, auf der nicht nur weitere Artikel zu lesen, sondern auch noch Interviews zu hören sind.

Immer geht es dann auch um die fatalen Folgen, die das bewusste Verdrängen dieser Ereignisse nach dem Kapp-Putsch im März, April und Mai 1920 für den späteren Misserfolg im Kampf um den Erhalt demokratischer Freiheiten der Weimarer Republik hatte.
Wer verstehen will, wieso 1933 die nationalsozialistische Machtergreifung, die Selbstaufgabe der Demokratie in Deutschland gelingen konnte, muss sich auch mit dem Kapp-Putsch und Ruhrkampf 1920 beschäftigen.

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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