Ganz schön abgedreht, der Norden
Als erstes bitte ich um Entschuldigung: Ich möchte niemandem schmerzhaft auf die Füße treten, nur mal ein bisschen frotzeln.
Es ist nämlich noch gar nicht lange her, dass in Essen Kunst per se aus der südlichen Stadthälfte kam. Bildendes (Museum Folkwang, Ruhrlandmuseum), Tanz (nochmal Folkwang, Aalto), Musik (nochmal Aalto, Philharmonie). Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Dort und nicht nur dort gab es Programm für alle, aber auch einiges an Abgedrehtheiten: Veranstaltungen, bei deren Ankündigungen man sich fragte, wer zu sowas geht. Wohlgemerkt: Ich will niemanden daran hindern, wer will, der soll; nur kenne ich keinen.
Dann aber passierte etwas. Es war nicht das Kulturhauptstadtjahr, es war früher. Vielleicht die Ruhrtriennale, die das Welterbe als Aufführungsort entdeckte? Auslöser sind im Nachhinein nicht leicht feststellbar, Ergebnisse um so eher, und die kann man sehen und hören. Zum Beispiel in Form von Tanz. PACT Zollverein an der Bullmannaue bietet Performance aus Neuseeland mit spielerischen Versuchsanordnungen, physikalischen Gesetzen, Luftballons, Büchern und Seilen. Die Sprache Englisch ist dort schon lange kein Hindernis mehr.
Oder dies: In der Mischanlage der Kokerei Zollverein ist vom 20. April bis 26. Juni ein Film zu sehen. Fünf Jahre lang interviewten die Macher Benediktinerinnen aus Wachtendonk am Niederrhein zu existenziellen Fragen - ihren wie unseren. Der Film dauert vier Stunden, und wer danach nicht genug hat, bleibt einfach sitzen. Der Eintritt ist nämlich frei und der Film wird in einer Endlosschleife gezeigt.
Verstehe ich das? Ich bin nicht sicher. Und auch bei so mancher Bilderausstellung frage ich mich beim Bearbeiten der Pressemitteilung, ob ich das, was ich dem Leser/User sage, eigentlich so ganz durchschaue.
Wie gesagt: Essens Norden ist inzwischen künstlerisch ganz schön abgedreht. Geradezu beruhigend, dass es nach wie vor Ausstellungen über Krupp bzw. Aufführungen wie die Ruhrpott-Revue gibt. Beides verstehe ich.
Glaube ich.
Autor:Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig |
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