Evangelische Kirche in Essen feiert Reformationsjubiläum mit über hundert Veranstaltungen
Die Evangelische Kirche in Essen, ihre Gemeinden, Dienste und Einrichtungen laden dazu ein, das kommende Jubiläumsjahr gemeinsam zu begehen und über die an Facetten reiche Geschichte der Reformation, über ihre positiven wie negativen Folgen und auch über ihre aktuelle Bedeutung miteinander ins Gespräch zu kommen: Schon heute stehen fast hundert Veranstaltungshinweise im Online-Terminkalender des Kirchenkreises – Vorträge und Studientage, Projektwochen und Kinderbibeltage, besondere Gottesdienste, Ausstellungen und Konzerte, Theater und Film. Eröffnet wird das Jubiläumsjahr in Essen mit einem Festgottesdienst am Freitag, 9. Dezember, um 17 Uhr in der Kreuzeskirche am Weberplatz; die Predigt hält Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Kindermusiktheater, Festkonzert und besondere Gottesdienste
Einrichtungen wie u. a. die Alte Synagoge Essen/Haus jüdischer Kultur, die Universität, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), die Evangelische Akademikerschaft und das Unperfekthaus haben sich als Veranstalter oder Kooperationspartner gewinnen lassen. Zu den Höhepunkten im Jubiläumsjahr zählen in Essen ein ökumenischer Studientag über die Zukunft der Kirche, die Uraufführung des Kindermusiktheaters „Tinte, Tod und Teufel“ am 17. und 18. Juni in Halle XII des UNESCO-Welterbes Zollverein, das Marktkirchenfest „Diakonie. Gott sei Dank.“ am 8. Juli sowie vier besondere Gottesdienste im Unperfekthaus, auf Zollverein, im Stadtgarten und im Gruga-Park. Von überregionaler Bedeutung ist die Veranstaltungsreihe „Der geteilte Himmel“ mit über 184 Terminen – Herzstück dieses vom Ruhr Museum, dem Forum Kreuzeskirche und dem Martin Luther Forum Ruhr (Gladbeck) getragenen Projektes ist die gleichnamige Ausstellung vom 3. April bis 31. Oktober (Internet: www.der-geteilte-himmel.de). Mit mehreren Reformationsgottesdiensten und der zentralen Festveranstaltung „Luthers Kraft in Musik“ in der Philharmonie Essen klingt das Jubiläumsjahr am 31. Oktober 2017 aus.
Vom Thesenanschlag bis in die heutige Zeit
Im Jahr 1517 veröffentlichte Martin Luther seine 95 Thesen zum Ablasswesen. Er und viele andere hofften ursprünglich, die Kirche neu orientieren zu können. Stattdessen wurden Luthers Thesen zum Auslöser und Symbol eines breit gefächerten Prozesses, im Laufe dessen die Evangelischen Kirchen entstanden. Der weltweit verzweigte Protestantismus trägt diesen Prozess bis heute weiter und steht dabei im geschwisterlichen Dialog mit der Vielfalt der Konfessionen. Einerseits wurde die Reformation ein Teil der Freiheitsgeschichte der Neuzeit; Kernaussagen, wie die Berufung auf das persönliche Gewissen und das Priestertum aller Glaubenden und Getauften, wurden zu Quellen von Menschenrechten und Demokratie, von Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit.
Schattenseiten und negative Auswirkungen der Reformation dürfen nicht übersehen werden
Gleichwohl gingen von der Reformation aber auch unversöhnlicher Konfessionalismus, Antijudaismus, religiöser Fanatismus, Gewaltherrschaft und eine sich anbahnende Überhöhung des Individuums aus; auch diese Folgen reichen bis in unsere Tage. Im Ersten Weltkrieg wurde Martin Luther zum Nationalhelden stilisiert; sein Choral „Ein feste Burg“ wurde zur Durchhalteparole für die Soldaten. Im Nationalsozialismus wurde er als Protagonist für die politische Propaganda vereinnahmt. Im geteilten Deutschland hielten sich Aneignung und Ablehnung in einer spannungsreichen Balance. Und wie sehen wir den Reformator, sein Wirken und seine Bedeutung heute, 500 Jahre nach dem Thesenanschlag?
Superintendentin: „Wir feiern eine Lerngeschichte“
„Wir feiern, dass wir eine Lerngeschichte mit der Reformation haben und nicht bei 1517 stehengeblieben sind. Reformation heißt doch, die Welt und den Glauben immer wieder neugierig zu hinterfragen: Hab Mut zur Veränderung! So höre ich Martin Luther heute“, erklärt die Essener Superintendentin Marion Greve. „Gewissensfreiheit, Interpretationsfreiheit und die Gleichheit vor Gott – das waren die Erkenntnisse, die Luther in die Debatten seiner Zeit einbrachte. Wo müssen wir heute den Grenzübertritt wagen, um die Botschaft von der freien Gnade Gottes an alles Volk auszurichten? Welche neue Sprache und Spiritualität müssen wir lernen, damit der Geist Gottes wirken kann? Diese Fragen bewegen mich heute“, erläutert die Theologin ihre Haltung. „Gehen wir also auf das Jubiläumsjahr zu – fröhlich und voller Lust auf theologische Diskussionen rund um die Themen Reformation und Freiheit.“
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