"Das wird ein Krupp-Sommer"
Ein Mythos enthält nicht nur Wahrheit, auch Dichtung. Somit ist der Titel für die Ausstellung im Ruhr Museum gut gewählt: „200 Jahre Krupp. Ein Mythos wird besichtigt“. Der Besuch auf Zollverein bietet von heute bis November Gelegenheit, sein Wissen über Firma und Familie zu vervollständigen. Oder zu korrigieren.
1.500 Stücke zeigen, worauf sich der Mythos begründet. Museumsleiter Theo Grütter nennt drei Pfeiler: Produkte („Stahl war das Material des Industriezeitalters“), Familie („Fünf Männer und zwei starke Frauen“ begründeten die „Saga einer der großen Familien Deutschlands“) und Werksgemeinschaft (Kruppianer, „ausgestattet mit Sozialleistungen und Privilegien“).
Aber da geht es schon los mit Dichtung. Die Ausstellung verdeutlicht, dass es sich bei den berühmten Kruppianern nur um einige hundert Stammarbeiter handelte, deren Qualifikation die Firma sich auf jeden Fall sicherte. Für sie wurde von der Wiege bis zur Bahre gesorgt, für die vielen tausend anderen nicht.
Zum Mythos trug die hochherrschaftliche Ausstattung des Familienlebens bei, wozu die Berichte von kalter Distanz passen, welche die Eltern Krupp zu ihren Kindern hielten. Leicht widerlegbar, sagt Grütter und stützt sich auf privates Filmmaterial, das in die Schau einfloss.
Quantität und Qualität jedenfalls seien in der Krupp-Kombination einzigartig. Das gelte auch für die Überlebensdauer. „Warum gibt es Krupp immer noch?“, fragt der Museumschef und gibt die Antwort: Vor allem wegen der Innovationen (Nirosta, Widia...), die zukunftsweisend waren und Krisen überdauerten. Doch auch die Mitarbeiterbindung und die Alleinherrschaft der Firmenleiter unterscheide das Unternehmen von vielen anderen.
Dass die Ausstellung in diesem Jahr stattfindet, obwohl der Firmengeburtstag im letzten war, ist gewissermaßen Krupp-Tradition. Das Hundertjährige beging man 1912, zum 100. Geburtstag von Alfred Krupp, dem Sohn des Gründers, der der Firma zur Weltbedeutung verhalf. Ein Jahr, in dem es Krupp finanziell blendend ging, weshalb zahlreiche Projekte gesponsert wurden. So viele Millionen wurden ausgegeben, dass man, sagt Grütter, die Rockefellers getrost vergessen könne.
Im Vergleich dazu sind die 700.000 Euro, die die Ausstellung gekostet hat, wenig. Das Museum zahlt sie allein, hat auch nicht bei Krupp um Sponsoring angefragt, schließlich sollte es keine Werbeveranstaltung werden. Theo Grütter: „Und an Dritte haben wir uns erst gar nicht gewandt, die hätten nur gefragt: Warum zahlt Krupp nicht?“
Dafür zahlt Krupp, genauer gesagt die Stiftung, nach wie vor eine Menge in Essen. Das jüngste Großbeispiel ist der Neubau des Museum Folkwang. Eine stets hoch gehaltete Verbindung zur Heimatstadt, die viel zum Mythos beitrug, Bereich Wahrheit.
Öffnungszeiten:
31. März sowie 1. Oktober bis 4. November, täglich 10 bis 18 Uhr; 1. April bis 30. September, 10 bis 20 Uhr
Rahmenprogramm:
Spezieller Ausstellungsführer für Kinder; Themenführungen und Workshops für Schulklassen; Podiumsdiskussion am 15. Mai; diverse Vorträge; Zeitzeugengespräch mit Kruppianern; Filmreihe; Exkursionen...
www.ruhrmuseum.de
Autor:Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig |
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