Anton im Multi-Kulti-Land bringt Zeche Carl zum Schunkeln

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Sapperlot! Dem Ruhrpott-Erwin seine Mutter, Paula (75), möchte auf ihre alten Tage noch einmal heiraten – ausgerechnet einen Türken. Dass Hassan lange in Deutschland gelebt hat und seine weltoffene Tochter das Büdchen am Bahnhof führt, tut nichts zur Sache. Plötzlich befindet sich das „Multi-Kulti-Land“ Altenessen in hellem Aufruhr.

So viel zur Ausgangslage der neuen Ruhrpott-Revue. Mit „Kumpel Anton im Multi-Kulti-Land“ feiert das Ruhri-Ensemble einen würdigen Abschluss der „Kumpel Anton“-Trilogie. Sie haben es im Vorfeld angekündigt. „Wir sind die Ruhrpott-Revue – besser als jetzt war'n wir nie“, singen die Laiendarsteller zur tollen Musik von Karlheinz Freudenberg, Dirk Joletzke und Ernst Broszik. Ein Selbstbewusstsein, das den Bühnen-Amateuren gut steht. Die Spielfreude ist mehr als greifbar.

Für Theater-Puristen ist das Stück sicher nichts. Ein Hauch von Trash umweht die Produktion. Mal fällt ein Mikro aus, nicht jeder Dialog zündet. Die Souffleuse hat allerhand zu tun. Doch was das Ruhri-Theater auf die Bretter bringt, ist ursprünglich und ehrlich. Da sieht man gerne über Stockfehler und Technik-Knartzer hinweg.

Das Publikum lacht nicht über, sondern mit der Ruhrpott-Revue: Zuschauer und Ensemble sind ohnehin Komplizen. Was sie gemeinsam haben, ist ihre Verbundenheit zu einem viel gescholtenen Quartier. Die Gruppe um Bodo Roßner lässt ihre Geschichte am Bahnhof Altenessen oder im Kaiser-Park spielen und skizziert dabei ein Stadtteilleben, das zwar nicht frei von Problemen, aber liebenswert ist. Die Stücke der Ruhrpott-Revue passen zu Altenessen „wie Arsch auf Eimer“: Beide sind unperfekt, aber charmant.

Wie im richtigen Leben, gerät zwischendurch das Ziel aus den Augen. Sketche wechseln sich mit nachdenklichen Szenen ab, ein flammendes Plädoyer gegen Stammtischparolen wird von neuen politischen Unkorrektheiten weggewischt. Und auch Kritik an der Integrationspolitik wird laut. „Immer mehr Einrichtungen werden geschlossen“, mahnt Bezirksbürgermeister Zehnthof im Beisein einer Verwaltungsbeamtin, die sich nach vier Jahren mal wieder in Altenessen blicken lässt. „Das ist Volksverarsche!“ Dezente Grüße an die Immobilienwirtschaft, die das Kulturhaus an der Heßlerstraße zur Vermarktung freigibt.

Zum großen Finale mit Udo Lindenberg (!) ist der rote Faden wieder aufgenommen. Die 255 Zuschauer in der Zeche Carl haken sich ein, selbst Mama Roßner, stolze 90 Jahre, und der anwesende NRW-Justizminister Thomas Kutschaty schunkeln zum Ruhri-Walzer mit. Wieso auch nicht? Um den inzwischen geläuterten Ruhrpott-Erwin zu zitieren: „Geh'n tut dat immer!“

Wer sich die Party mit der Ruhrpott-Revue nicht entgehen lassen will: Weitere Aufführungen finden am 10. März (Weststadthalle), am 13. April (Kolpinghaus Altenessen) sowie am 21. April (Zeche Carl) statt. Das große Abschluss-Festival steigt am 5. Mai, ebenfalls in der Zeche Carl. Karten sind unter www.ruhrpott-revue.de erhältlich.

Fotos von Michael Gohl

Zukunftsmusik:
Das neue Programm ist gerade erst angelaufen, die Ruhrpott-Revue bastelt aber bereits an der Zukunft. So kündigt Revue-Mitbegründer Bodo Roßner für die Zeit nach der Anton-Trilogie die Kauensause an. Dort gibt es ein Wiedersehen mit Ruhrpott-Erwin, Kumpel Anton oder dem Ruhri-Hippie, die in loser Folge ihren Senf zum Besten geben. Auch die Suche nach einem festen Probe- und Aufführungsort (nach der Aufgabe der Kirche am Palmbuschweg) schreitet voran. Neu im Rennen ist das Kolpinghaus Altenessen. „Wir befinden uns in guten Verhandlungen“, so Roßner.

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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