Kapp-Lüttwitz-Putsch, Generalstreik und Rote Ruhrarmee
13. März 1920 - Der Militärputsch ist da - Kanzler Wolfgang Kapp proklamiert neue Regierung - Alte Regierung aus Berlin geflohen
An diesem 13. März 2020 jährt sich zum 100. Mal der Versuch, die damalige demokratisch gewählte von SPD, Zentrum und DDP - Deutscher Demokratischer Partei getragene Regierung unter Reichskanzler Gustav Bauer (SPD) abzusetzen und die Weimarer Republik zur Militärdiktatur umzuwandeln. Dieser sogenannte Kapp-Lüttwitz-Putsch durch rechte Freikorpslegionäre konnte nach drei Tagen nur durch einen ganz Deutschland erfassenden Generalstreik zur Aufgabe gezwungen werden.
Die bewaffneten Kämpfe und die militärische Besetzung des Ruhrgebiets in den Wochen danach kosteten schließlich mehr als 1500 Menschen das Leben. Die fatalen politischen Folgen des Kapp-Lüttwitz-Putsches in Richtung einer weiteren tiefgreifenden Spaltung der Arbeiterbewegung in Deutschland wirkten allerdings auch bis zum Untergang und Übergang der Weimarer Republik in eine nationalsozialistische Diktatur im Januar 1933 nach.
Einladung zum Auftakt der Veranstaltungsreihe:
Putsch & Generalstreik im Fokus, Essen Stoppenberg
13 März - 18:00 bis 20:30
Am historischen Ort und zum historischen Datum des Kapp-Lüttwitz-Putsch, dem 13. März 1920, wollen wir auf einem Mix aus Lesung, Ausstellung, Vortrag & Diskussion im Rathaussaal des Stoppenberger Rathauses an dieses oft verdrängte Ereignis erinnern.
Nach einem Grußwort des Bezirksbürgermeisters Michael Zühlke folgen Beiträge von Dr. Jürgen Nolte für den Geschichtskreis der ehemaligen Bürgermeisterei Stoppenberg, ein Lesevortrag aus dem Ruhrkampfroman von Hans Marchwitza "Sturm auf Essen." und ein Vortrag aus dem Roman von Prof. Jürgen Link "Bangemachen gilt nicht bei der Suche nach der Roten Ruhrarmee"
Lokalhistorische Fakten geliefert vom Geschichtskreis der Bürgermeisterei Stoppenberg.
Auswirkungen des damaligen Militärputsches allgemein und speziell Nachforschung, in welcher Form die Kämpfe nach dem Kapp-Putsch in Stoppenberg noch heute in der Stadtteilerinnerung präsent sind, bzw. gepflegt werden.
Romane mit vielen Jahrzehnten Ruhrkampfgeschichte :
Zwei Romanwerke sollen die bis heute nachwirkenden Ereignisse von Kapp-Putsch und Roter Ruhrarmee im März und April 1920 illustrieren und auf tiefergehende Informationen neugierig machen.
Die zeitgenössische Verarbeitung des Themas in den Buchpassagen aus Hans Marchwitzas bereits 1930 erschienenen Roman „Sturm auf Essen“, der als in Stoppenberg lebender Bergmann aus dem eigenen Erleben heraus die entsprechenden Kämpfe und lokalen Entwicklungen schildern konnte.
„Bangemachen gilt nicht bei der Suche nach der Roten Ruhrarmee – eine Vorerinnerung“ ist eine völlig andere auch literarisch modernere Verarbeitung sozialer Kämpfe in unserer Region.
Der mittlerweile emeritierte Bochumer Linguistik und Literatur Prof. Jürgen Link hat sich 2008 in einem 900 Seiten Romanwerk mit dem Ereignis Kapp-Putsch und Rote Ruhrarmee in gänzlich andere Weise befasst. In literarisch ungewöhnlicher Form geht es dort hauptsächlich um die Nachwirkungen der Kampfe vom März/April 1920 auf die 68ziger Generation der neuen Studenten im Ruhrgebiet, um die Hoffnungen und Illusionen, die für politisch engagierte Student*innen oft damit verbunden waren.
Es ist keine ausführliche Lesung vorgesehen, sondern es sollen einige Passagen vorgetragen werden, die diese Phase politischer Aktivitäten vor einem halben Jahrhundert und später vergegenwärtigen können. Rechtsradikale Söldnertruppen wie die "Freikorps" nach dem 1. Weltkrieg in der Weimarer republik und heutige Bürgerwehrgruppen, in Essen gern auch als Steeler, Huttroper oder Altenessener Jungs" durch die Strassen ziehend, bilden nicht unbedingt gleiches Bedrohungspotential, dürfen abe rkeinesfalls untershcätzt werden.
Im Anschluss an diese Lesungsteile bleibt natürlich Raum für Diskussionen.
Kapp-Lüttwitz-Putsch -einige Basisfakten
Während die nach Regierungsanweisung eigentlich aufzulösende Marinebrigade Ehrhardt stattdessen in Berlin einmarschierte Die offizelle Reichswehr unter dem Heereschef von Seeckt schützte die Regierung nicht, sondern verharrte nach dem berüchtigten Leitsatz: "Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr!" in bewusster Passivität. So konnte im März 1920 nur ein Generalstreik und der folgende bewaffnete Widerstand vieler Arbeiter im Ruhrgebiet eine dauerhafte Alleinherrschaft der Militärs verhindern..
Nach der Flucht der Putschisten hatte die wieder eingesetzte Reichsregierung allerdings schnell die vorderste Sorge, dass die bewaffneten Arbeiter im Ruhrgebiet jetzt radikale Verbesserungen ihrer sozialen Lage erzwingen wollten. Also schickte die Reichsregierung jetzt selbst Militärbrigaden von Reichswehr und Freikorps ins Ruhrgebiet, die mit einer Militärbesetzung wieder für Ruhe sorgen sollten.
Schließlich hatten die Kämpfe gegen den Putsch und die Besetzung des Ruhrgebiets vom 13. März bis zur ersten Aprilwoche 1920 in den Ruhrgebietsstädten mehr als 1500 Menschen das Leben gekostet.
Über Wochen hatten sich bewaffnete Arbeiter unter dem Namen „Rote Ruhrarmee“ dagegen gewehrt, dass rechte Militäreinheiten das Ruhrgebiet besetzen konnten. Die Brücke über Emscher und Rhein-Herne-Kanal zwischen Altenessen und Karnap war schließlich einer der letzten Widerstandspunkte gegen die Besetzung. Ein bis heuitge existierendes, wie vor 100 Jahren frei stehendes mehrstöckiges Wohn- und Geschäftshaus von 1902 überragte zur Zeit der Kampfhandlungen die niedrigen Arbeiterhäuser vor dem Rhein-Herne-Kanal, die teilweise zerstört und nicht aufgebaut mehr wurden.
Durch den Artilleriebeschuss der Freikorpsbrigade Loewenfeld von Karnaper Seite trug das Haus Altenessener Str. 595 damals erhebliche Schäden davon, obwohl es bereits viele hundert Meter vom Kanal entfernt liegt. Das Haus ist mit Reparaturen und neuen Anstrichen noch weitestgehend im Originalzustand erhalten.
Eine Mahntafel an diesem Gebäude sollte eigentlich der Erinnerung daran dienen, dass im Kampf um die Freiheit der Weimarer Republik selbst nach Ende des ursprünglichen Militärputsches noch am 5. und 6. April 1920 in Altenessen 21 Menschen, darunter viele Zivilisten., durch die einmarschierenden Truppen getötet wurden. Vielleicht kann eine solche Gedenktafel vor diesem nach Haus ja nach den verschiedenen Erinnerungsveranstaltungen doch noch zustande kommen.
Update vom Sonntag 15. März: Bis Ende märz werden wohl alle vorgesehenen Veranstaltueg ausfallen müssen. Nach den verschiedenen Gesundheitssicherheitsmaßnahmen wegen der Corona Epidemie kann die am Mittwoch 18. 3 geplante Tagung im Ruhrmuseum nicht stattfinden. Wir (HU) bemühen uns, diese und andere Veranstaltungen an späteren Terminen Mitte oder Ende April nachholen zu können. Dafür verhandeln wir mit den Referent*innen und über mögliche Räume Welche neuen konkreten Termine und freien Örtlichkeiten jetzt gefunden werden können, werden wir so aktuell wie möglich auf der Webseite zum Projekt: www.ruhrkampf1920 veröffentlichen. Um tiefergehende Informationen zum Ruhrkampf 1920 zu finden, lohnt sich der Blick in die stetig aktualisierte Webseite sowie immer wieder.
Autor:Walter Wandtke aus Essen-Nord |
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